Reiseländer in der Krise:Kanaren statt Kairo

Die Umbuchungswelle rollt und rollt: Von der Krise in Ägypten profitieren Urlaubsziele in Spanien und der Türkei.

Hans Gasser

Das Versprechen des tunesischen Tourismusministers klingt fast wie ein Flehen: Ausländische Gäste könnten ihren Urlaub bald wieder in "totaler Sicherheit und einer Atmosphäre absoluter Freiheit" verbringen, sagt Übergangsminister Mahdi Houas. Ihm liegt daran, nach den gewaltsamen Protesten im Januar die Urlauber so schnell wie möglich wieder in die Ferienhotels auf Djerba oder in Hammamet zurückzuholen.

Und auch in Ägypten, wo der Tourismus bislang mehr als elf Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachte, hofft man darauf, dass Reisewarnungen zurückgenommen werden und die Reiseveranstalter wieder die Badeziele am Roten Meer anfliegen.

Zunächst einmal aber profitieren andere Länder davon, dass die großen deutschen Reiseveranstalter ihre Reisen nach Tunesien und Ägypten bis Ende Februar abgesagt haben und kostenlose Umbuchung bis Mitte März gewähren. Besonders Spanien, das durch die Wirtschaftskrise in den vergangenen drei Jahren deutliche Einbußen im Tourismus erlitt, darf sich freuen: Die großen deutschen Veranstalter leiten die verhinderten Ägypten- und Tunesienurlauber vorwiegend auf die Kanarischen Inseln um. "Das ist das wichtigste Winterreiseziel der Deutschen", sagt eine Sprecherin von Branchenführer Tui. Allein ihr Unternehmen habe 40.000 Flugtickets für deutsche Gäste von Ägypten auf die Kanarischen Inseln verschoben, weitere 10.000 Tickets gingen in die türkische Stadt Antalya.

Thomas Cook, der zweitgrößte deutsche Reiseveranstalter, leitet acht Flüge pro Woche auf die Kanarischen Inseln um. Dort rechnet man mit 300000 zusätzlichen Urlaubern in der Wintersaison. Der Großteil der Besucher will umbuchen und nicht stornieren. "Für viele Gäste spielt es keine Rolle, dass die Reisen dann teurer werden", sagt die Tui-Sprecherin, sie wollten einfach Sonne, Strand und Meer. Dennoch hat die Krise den Tui-Konzern bisher 35 Millionen Euro gekostet, Thomas Cook hat Einbußen von 20 Millionen.

Griechenland hofft auf Zuwachs bei Buchungen

Falls die angespannte Lage länger anhält, könnten aber auch andere Reiseziele davon profitieren. Griechenland etwa, das durch den Beinahe-Staatsbankrott und seine veraltete Hotellerie in den vergangenen Jahren starke Einbußen erlitt, wittert Morgenluft. "Seit den Zusammenstößen in Ägypten sehen wir ein Wachstum bei den Ankünften", sagt Andreas Andreadis vom griechischen Verband der Tourismusunternehmen. Auch in der Türkei, die in den vergangenen zwei Jahren einen regelrechten Boom erlebte, rechnet man mit zusätzlichen Gästen.

Und Mallorca, traditionell das umsatzstärkste Reiseziel der deutschen Veranstalter, erwartet in diesem Sommer einen Ansturm deutscher Touristen. Nicht nur die Ägyptenkrise, sondern auch die gute Wirtschaftslage in Deutschland würden dazu beitragen, heißt es vom Verband der balearischen Reisebüros.

Bei den Deutschen siegt die Urlaubslust

Tatsächlich spricht alles für einen Rekord-Urlaubssommer der Deutschen. Tui verzeichnet für die Sommersaison ein Umsatzplus von 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "So gute Zahlen zur Urlaubslust haben wir noch nie gemessen", sagt Ulf Sonntag von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen, die das Reiseverhalten der Deutschen analysiert. Weniger Deutsche sähen 2011 finanzielle Hindernisse und deutlich mehr als im vergangenen Jahr wollten zusätzliche Urlaubsreisen machen, sagt Sonntag. "Die Ziele werden dabei immer austauschbarer. Vielen ist egal, ob sie in Ägypten oder auf den Kanaren am Strand liegen."

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