Reisebuch:Wasserfarben

Reisen, wenn nicht immer die Sonne scheint: Die Aquarelle des Malers Hans-Jürgen Gaudeck aus Norwegen und Polen machen eine Schiffsreise nacherlebbar. Und zeigen, dass es hier auch in der Nachsaison schön sein kann.

Von Stefan Fischer

Ohne Wasser kein Aquarell. Es darf aber auch nicht zu viel davon sein. Der Reisemaler Hans-Jürgen Gaudeck ist im September 2015 mit dem Schiff Nordnorge von Bergen bis nach Kirkenes und wieder zurück gefahren - und konnte mitunter gar nicht malen, so stark hat es oftmals geregnet. Meistens hat er aber doch irgendwo einen halbwegs trockenen Platz an Deck des Schiffes gefunden mit dem gewünschten Ausblick, wo er im Freien war und sich gleichwohl unterstellen konnte. Wo seine Bilder also nicht stärker verwischt sind, als ihm das lieb war.

So sind mehr als 40 Aquarelle entstanden, die er nun in dem Band "Norwegen. Faszination Hurtigruten" präsentiert. Er hat ihnen kleine Texte beigestellt, die diese Reise nacherlebbar machen. September ist in Norwegen Nachsaison; selbst der Spätsommer ist dann bereits zu Ende, es herrscht ganz entschieden der Herbst. Für einen Aquarellisten also einer der geeignetsten Monate. Es ist dann stürmischer und häufiger bewölkt als zur vermeintlich schönsten Reisezeit, dennoch setzt sich immer wieder die Sonne durch. Diese flüchtigen Augenblicke hat Gaudeck festgehalten, und dafür eignet sich natürlich die Aquarellmalerei am besten: Weil die Bilder recht schnell entstehen können, und weil sie durchscheinend sind. Das ist die gelungenste künstlerische Entsprechung für die realen Lichtverhältnisse, wenn die Sonnenstrahlen durch die Wolkenberge brechen.

Auch ist der Aufwand gering: Hans-Jürgen Gaudeck ist lediglich mit einem kleinen, zwölffarbigen Aquarellkasten, zwei Pinseln und einem Stoß Papier unterwegs gewesen - leichtes Reisegepäck. Für den 75-jährigen Berliner war diese Reise eine Rückkehr zu seinen Anfängen als Maler: Anfang der 1960er-Jahre war er zum ersten Mal in Norwegen, die Landschaft und das Licht dort haben ihn animiert, überhaupt mit dem Aquarellieren zu beginnen.

Eine reizvolle Landschaft hat Gaudeck auch in Polen für sich entdeckt, in zweifacher Hinsicht: Masuren ist aufgrund der hellen Seen und den Spiegelungen darin einerseits, der dunklen Wälder andererseits und schließlich der Wolken, die der Wind vom Meer her rasch hier- und dorthin bläst, von den Lichtverhältnissen her ebenfalls gut für Aquarell-Porträts geeignet. Sein Basislager hat Gaudeck am Jezioro Juksty aufgeschlagen, der früher einmal Ixt-See geheißen hat.

Seine Streifzüge haben ihn nicht nur an die Ufer der Seen und in die Urwälder hinein geführt, sondern auch in die Literatur. Gaudeck hat früher bereits Texte von Theodor Fontane, Rainer Maria Rilke und Eva Strittmatter in Bilder übersetzt und so deren Reise- und Ortsbeschreibungen interpretiert. In "Masuren. Land der Stille" zitiert der Maler Arno Surminski, Ernst Wiechert, Fritz Skowronnek und Arno Holz, die meisten der einschlägigen masurischen Schriftsteller also. Deren Texte und Gaudecks Aquarelle, ergänzt um eigene schriftliche Eindrücke, spiegeln ein eindrückliches Bild von Masuren wider, in einer schönen Kombination aus manifesten und flüchtigen Eindrücken. Bemerkenswert ist - das gilt auch für das Norwegen-Buch -, wie fein die farblichen Abstufungen der Grau- und Blautöne sind: Gaudecks Blick ist nämlich keineswegs flüchtig, vielmehr sehr genau.

Hans-Jürgen Gaudeck: Norwegen. Faszination Hurtigruten. Steffen Verlag, Berlin 2016. 84 Seiten, 16,95 Euro.

Hans-Jürgen Gaudeck: Masuren. Land der Stille. Steffen Verlag, Berlin 2016. 96 Seiten, 16,95 Euro.

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