Reisebuch:Offene Beziehung

In jedem Weinliebhaber steckt zugleich ein Feinschmecker: Mehrere Bücher feiern ein Lob der ausgefeilten jüdischen Küche, die weltweit Erfolg hat. Dabei geht es ihr immer auch um die Gemeinschaft und Geselligkeit bei Tisch.

Von Stefan Fischer

Ein guter Wein ist sich natürlich selbst genug, er muss nicht zwingend begleitet werden von Speisen. Aber sie führen bei aller Offenheit eben doch eine sehr innige Beziehung: der Wein und das Essen. Die israelische Sommelière Naama Szterenlicht sagt sogar, man könne ihren Beruf nur ausüben, wenn man zugleich Feinschmecker sei und eben nicht nur Weine, sondern auch das Essen liebe. Umgekehrt ist ein Buch über die Küche einer Region, in der Wein produziert wird, nicht denkbar, sofern der Wein darin keine Rolle spielt.

Reisebuch: In Meersalz eingelegte Zitronen sind nahezu unbegrenzt haltbar.

In Meersalz eingelegte Zitronen sind nahezu unbegrenzt haltbar.

(Foto: Nuriel Molcho)

Szterenlicht hat einen anregenden Auftritt in dem Band "Tel Aviv. Food. People. Stories", den Haya Molcho gemeinsam mit ihren Söhnen herausgegeben hat. Das Quintett betreibt von Wien aus das Gastronomieunternehmen Neni mit mehreren Restaurants dieses Namens. Für das Buch hat die Familie einen kulinarischen Streifzug durch die lebenswerteste unter den israelischen Städte unternommen. Der Band ist nicht zuletzt auch ein Kochbuch mit appetitmachenden Rezepten. Aber wie das derzeit der Standard ist, vor allem auch ein ästhetisches Gesamtkunstwerk mit lebensfrohen Fotografien und Geschichten über die Geselligkeit bei Tisch. Dasselbe gilt für einen zweiten Band: "Masel tov!" von Liv Fleischhacker und Lukas Grossmann. Darin geht es um die jüdische Küche nicht nur in Israel, sondern auch in Europa und Nordamerika - erzählt von Gewährsleuten, denen der Geschmackssinn unter all ihren Sinnen der wichtigste zu sein scheint.

Reisebuch: Das Restaurant Halutzim3 auf dem Lewinsky Market ist Treffpunkt für Wein-Aficionados.

Das Restaurant Halutzim3 auf dem Lewinsky Market ist Treffpunkt für Wein-Aficionados.

(Foto: Nuriel Molcho)

Anders als die Weine aus den Ursprungsländern des Weinbaus, die kein Exportschlager sind, ist die jüdische Küche eine Weltküche. Das hat mit der Geschichte des Judentums zu tun: Viele Juden haben aus der Diaspora ihre Traditionen mitgebracht nach Israel, sie dort abgewandelt, auch miteinander vermischt. Und so zieht diese Küche inzwischen wieder hinaus in jene Welt, die sie schon immer beeinflusst hat. Ob dem Wein aus Nahost ein ähnlicher Weg bestimmt ist, bleibt abzuwarten. Die Qualität jedenfalls der besten Kellereien steht derjenigen der besten Restaurants im Land nicht nach, glaubt man Haya Molcho und Liv Fleischhacker.

Reisebuch: In der Buchara Bäckerei wird Brot nach usbekischer Tradition gebacken.

In der Buchara Bäckerei wird Brot nach usbekischer Tradition gebacken.

(Foto: Nuriel Molcho)

Egal, ob es sich bei den in beiden Büchern Porträtierten um Köche, Bäcker, Verkoster oder Lebensmittel-Händler handelt: Immer geht es ums Handwerk, um Qualität und Kreativität bei dem, was auf die Teller und in die Gläser kommt. Um die Lust am Genießen also - zum Teil von ganz einfachen Dingen übrigens. Ein schönes Lob hat Liv Fleischhacker parat: Im Nachwort dankt sie dem Winzer Claus Preisinger. Ohne seinen Wein, gut gekühlt neben der Tastatur, hätte sie "Masel tov!" nicht schreiben können.

Reisebuch: Die Chicken Dumplings werden mit einer Tunke aus Sojasoße und Sesamöl serviert.

Die Chicken Dumplings werden mit einer Tunke aus Sojasoße und Sesamöl serviert.

(Foto: Maria Grossmann/Monika Schuerle)

Liv Fleischhacker, Lukas Grossmann: Masel tov! Die moderne jüdische Küche in aller Welt. Christian Verlag, München 2018. 224 Seiten, 29,99 Euro. Haya Molcho und Söhne: Tel Aviv. Food. People. Stories. Brandstätter Verlag, Wien 2018. 280 Seiten, 35 Euro.

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