Reisebuch "Principessa Mafalda":Die Wellen schlagen hoch

Reisebuch "Principessa Mafalda": Der erste italienische Ozeanliner Anfang des 20. Jahrhunderts, der in puncto Geschwindigkeit und Komfort mit der übrigen europäischen Konkurrenz mithalten konnte: die "Principessa Mafalda".

Der erste italienische Ozeanliner Anfang des 20. Jahrhunderts, der in puncto Geschwindigkeit und Komfort mit der übrigen europäischen Konkurrenz mithalten konnte: die "Principessa Mafalda".

(Foto: Scherl/SZ Photo)

An Bord des Dampfers "Principessa Mafalda" liefen viele Fäden zusammen. Stefan Ineichen verknüpft sie klug in seinem Porträt dieses italienischen Luxusschiffes.

Rezension von Stefan Fischer

Endlich konkurrenzfähig: Der italienische Transatlantikdampfer Principessa Mafalda, der im März 1909 zu seiner Jungfernfahrt ausgelaufen ist, war schnell, er war luxuriös - er konnte es mit den Schiffen aus England und Deutschland aufnehmen. Auch wenn die Principessa Mafalda nicht wie diese auf der Nordatlantikroute unterwegs war, sondern zwischen Genua und Buenos Aires gependelt ist. Weil sie der schönste Dampfer der italienischen Marine war, wurde die Mafalda im Ersten Weltkrieg auch nicht als schnöder Truppentransporter eingesetzt, sondern diente im Hafen der apulischen Stadt Tarent als Wohnschiff für Offiziere.

Für die ruhmreichen und die prunkhaften Geschichten rund um dieses durchaus besondere Passagierschiff interessiert sich der Autor Stefan Ineichen in seiner "Biografie eines Transatlantikdampfers", so der Untertitel seines Buches "Principessa Mafalda", allerdings nur am Rande. Er delektiert sich nicht an Einrichtungsgegenständen und Speisekarten, von denen nur die Passagiere der Luxusklasse profitiert haben, sondern steigt gerne hinab bis knapp über die Wasserlinie, wo die Passagiere der dritten Klasse untergebracht waren: Italiener, die ihre Heimat verlassen haben, um in Südamerika ein neues Leben zu beginnen. Während des Kriegs brachte die Mafalda viele dieser Männer dann wieder zurück nach Italien, damit sie für ihr Vaterland kämpfen konnten. Nach 1918 setzte die Auswanderungswelle wieder ein.

Wenn Ineichen sich in die gehobeneren Passagierklassen begibt, dann, um ein Netzwerk aus Geschichten zu knüpfen, die weit über das Deck der Principessa Mafalda hinausreichen und stets mehr als eine einzelne konkrete Reise umfassen. So sind die Wiener Philharmoniker auf diesem Schiff zu Südamerika-Tourneen angereist, einmal mit Felix Weingartner als Dirigenten, das zweite Mal mit Richard Strauss. Der italienische Schriftsteller Carlo Emilio Gadda hat viele der Konzerte besucht - er selbst war mit der Mafalda nach Südamerika übersiedelt, um dort für ein paar Jahre als Ingenieur zu arbeiten. Auch Spiele einer Tournee des Fußballklubs von Genua hat Gadda verfolgt - dieses Team war ebenfalls an Bord der Principessa Mafalda.

Immer wieder schließen sich Kreise, gibt es Querverbindungen, bringt Ineichen Menschen, Motive und Machenschaften zusammen, sodass sich Milieus herausschälen. Eine Konstante ist die Nähe vieler Protagonisten zum Faschismus. Nicht zuletzt die Namenspatronin, Prinzessin Mafalda, Tochter des italienischen Königs Vittorio Emanuele III. und seiner Frau Elena von Montenegro, spielte politisch eine unrühmliche Rolle. Sie war verheiratet mit Philipp von Hessen, einem Neffen des letzten deutschen Kaisers, der sich hervorgetan hat als Verbindungsmann zwischen Hitler und Mussolini.

Letztlich wurde Mafalda, trotz aller Parteinahme, selbst ein Opfer des Faschismus. Des Verrats verdächtigt, wurde sie im KZ Buchenwald inhaftiert, wo sie bei einem Bombenangriff starb. Da lag das nach ihr benannte Schiff bereits seit 17 Jahren auf dem Meeresgrund vor Brasiliens Küste. Die Principessa Mafalda war 1927 heruntergewirtschaftet und sollte verschrottet werden. Doch ehe sie ausgemustert wurde, ging sie aus mangelnder Seetüchtigkeit unter, Hunderte Menschen ertranken, weil auch die Rettungsboote nicht seefest waren.

Der Autor schildert eine besondere Zeit und eine besondere Art des Reisens: Die meisten Passagiere hatten keine im engeren Sinn touristischen Absichten. Und aus dieser besonderen Perspektive blickt Ineichen immer bis zum Horizont, also auf die politische, wirtschaftliche und soziale Geschichte Italiens im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts.

Stefan Ineichen: Principessa Mafalda. Biografie eines Transatlantikdampfers. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2022. 256 Seiten, 34 Euro.

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