Süddeutsche Zeitung

Reisebuch "Green Travelling":Ökologisch unterwegs

Nachhaltig Reisen bedeutet für Julia-Maria Blesin weitaus mehr, als den Zug zu nehmen statt zu fliegen. In ihrem Buch gibt sie einfache Tipps, wie das gelingen kann.

Rezension von Laura Pickert

Den Laptop schließen, die Koffer packen und ab ins Flugzeug: für viele Menschen längst ein Teil des Alltags, wenn nicht gerade Pandemie ist. Zwar wurde bei der UN-Klimakonferenz darüber beraten, wie die Erde vor dem Kollaps bewahrt werden kann. Der Reiselaune tut das aber keinen Abbruch, die Sehnsucht nach dem Unterwegssein ist riesig. Julia-Maria Blesin setzt an diesem Punkt an. Mit "Green Travelling - Einfach nachhaltig reisen" will sie die Leser und Leserinnen zu umweltbewusstem Reisen inspirieren.

Verspielte Illustrationen, viele Symbolfotos und eine Aufnahme, auf der die Autorin einen Baum umarmt - schlägt man den Ratgeber auf, grübelt man zunächst womöglich darüber, ob man mit Naturbildern und großen Versprechen nicht bloß geködert werden soll, wie es bei Greenwashing häufig der Fall ist. Greenwashing, das bedeutet, Produkte als ökologisch nachhaltig darzustellen, obwohl sie es nicht sind. Oder in diesem Fall: ein Buch, das eine Lösung anpreist, aber nur Binsenweisheiten aufzählt. Doch Blesin gelingt es, konkrete Tipps für nachhaltiges Reisen an die Hand zu geben, ohne nur auf das Offensichtliche zu zeigen.

Nachhaltig Reisen - für die Autorin bedeutet das weitaus mehr, als den Zug zu nehmen statt zu fliegen. Neben der ökologischen Komponente, CO2-Emissionen zu minimieren und zu kompensieren, nennt sie auch die soziale Verantwortung Reisender. Die Wirtschaft und die Gesellschaft des besuchten Landes sollen vom Tourismus profitieren, nicht darunter leiden. Das bedeute nicht nur, Hotels, Läden und Restaurants von Einheimischen gegenüber denen internationaler Konzerne zu bevorzugen, sondern auch, der Kultur mit Interesse und Respekt zu begegnen.

Die Autorin macht viele Vorschläge. Wanderrouten und Radtouren können den Weg mit dem Auto ersetzen. Urlaubsziele in Europa statt Asien sind umweltschonender zu bereisen und haben kulturell genauso viel zu bieten. Sharing-Angebote für Unterkünfte fernab von Airbnb, wo sich viele gewerbliche Anbieter tummeln, die dem Wohnungsmarkt schaden.

Zwischen den praktischen Hinweisen zitiert Blesin wissenschaftliche Artikel und Umweltorganisationen, die aufzeigen, weshalb das Reisen eine Mitschuld am Klimawandel trägt. Für Blesin fängt Planung bereits beim Kauf einer nachhaltig produzierten Wanderjacke an. Es gibt eine Menge zu beachten - sogar, welche Suchmaschinen die nachhaltigere Option zu Google sind, weil sie klimaneutral agieren. Das kann einen bisweilen überfordern.

Julia-Maria Blesin maßt sich keinen Absolutismus an: Sie schreibt von "nachhaltiger reisen", nicht von einem dogmatischen "nachhaltig reisen" - jeder Schritt in die richtige Richtung sei besser, als auf der Stelle zu treten. Dieser Grundsatz wird im Inhalt deutlich: Die Autorin bemüht sich, Tipps für jede Lebenssituation bereitzustellen, sei es für Studierende oder Familien mit Kindern. Dazwischen streut sie persönliche Erfahrungen ein, die deutlich machen, dass ein nachhaltiges Leben nicht von einem Tag auf den nächsten möglich ist. Auf dem Buchcover wartet dann allerdings doch wieder der Dogmatismus: "Einfach nachhaltig reisen" - ganz so simpel ist es nicht.

Julia-Maria Blesin: Green Travelling - Einfach nachhaltig reisen. Oekom Verlag, München 2021. 192Seiten, 17 Euro.

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