Reisebuch:Gesetzlosigkeit auf hoher See

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Ian Urbina schreibt über die modernen Freibeuter der Meere. Seine Reportagen sind Zeugnisse aus einem vermeintlich rechtsfreien Raum.

Von Yvonne Simon

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(Foto: The Outlaw Ocean Project)

Wie Sklaven müssen viele Arbeiter an Bord von Fischerbooten schuften.

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(Foto: Fabio Nascimento/The Outlaw Ocean Project)

Auf Patrouille mit dem Militär vor der Küste Somalias.

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(Foto: The Outlaw Ocean Project)

Zur Abwechslung mal was Schönes: eine Kolonie Pinguine im Blick.

Das Meer ist weit - und wir wissen nur sehr wenig von dem, was dort vor sich geht. Das zeigt Ian Urbina, Investigativreporter der New York Times, in seinem Buch "Outlaw Ocean" auf. Vier Jahre lang hat er recherchiert, ist gereist, hat es sich zur Mission gemacht, darüber aufzuklären, wie unfassbar schlecht die Meere geschützt sind. In 15 Essays beschreibt der Autor, wie Gesetze gebrochen und Unklarheiten im Seerecht ausgenutzt werden.

So begleitet der Reporter unter anderem die Umweltschutzorganisation Sea Shepherd bei ihrer Jagd auf ein von Interpol gesuchtes Wildererschiff. Das Unterfangen wird sich zu einem 110 Tage dauernden Katz-und-Maus-Spiel entwickeln. Bezeichnend: Kein Land war dem Autor zufolge zuvor willens oder in der Lage gewesen, das Schiff strafrechtlich zu verfolgen. Da verwundert es nicht, dass etwa jeder fünfte Fisch auf den Tellern dieser Welt aus illegalem Fang stammt.

Ian Urbina: Outlaw Ocean. Die gesetzlose See. Ein Augenzeugenbericht. Aus dem Amerikanischen von Kerstin Fricke, Claudia Hahn und Tanja Lampa. Topicus Verlag, Luxemburg 2019. 558 Seiten, 19,99 Euro. (Foto: The Outlaw Ocean Project)

Urbina schreibt über Menschenhandel, Gefangenschaft und Misshandlungen. Arbeiter kratzen Geld zusammen für Schlepper, lassen sich über Agenturen von Fischereiunternehmen anwerben, auf deren Schiffen sie bis zur Belastungsgrenze schuften. Oft sehen sie dann jahrelang kein Land. Es geht aber auch um skurrile Arten, Gesetze zu umgehen. Etwa die Mikronation Sealand, eine Plattform zehn Kilometer vor der britischen Küste, die von ihren "Eroberern" 1967 als eigenständiger Staat ausgerufen wurde.

"Outlaw Ocean" öffnet den Lesern die Augen für eine fremde Welt, und lässt sie gleichzeitig mit einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit zurück. So gut wie alle Geschichten enden ohne Aussicht auf eine Lösung des Problems. Zwar schildert Urbina auch positive Schicksale und beschreibt Menschen und Organisationen, die für den Schutz der Meere in den Kampf ziehen. Doch das alles scheint unterzugehen zwischen den illegalen Machenschaften, für die es im Normalfall keine Zeugen gibt. Aber eines gelingt dem Buch: Es weckt Aufmerksamkeit für ein wichtiges Thema.

Ian Urbina: Outlaw Ocean. Die gesetzlose See. Ein Augenzeugenbericht. Aus dem Amerikanischen von Kerstin Fricke, Claudia Hahn und Tanja Lampa. Topicus Verlag, Luxemburg 2019. 558 Seiten, 19,99 Euro.

© SZ vom 20.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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