Nur wenige Menschen benötigen eine Weltkarte, um die Länder zu zeigen, die sie bereits bereist haben - bei den meisten genügen die Finger beider Hände. Bei der US-Autorin Jen Pollack Bianco reichen nicht einmal Finger und Zehen zusammengenommen.
Ihr Blog trägt daher den vielversprechenden und nicht nur metaphorisch gemeinten Namen My life is a trip. In dem multimedialen Blog finden Besucher unter der Rubrik "Reise" die Weltkarte, die neidisch macht.
Die Reiseautorin aus den USA hat sie eingefärbt: Rostrot für die Länder, in denen sie bereits lebte (Neuseeland sowie die US-Bundesstaaten New York, Indiana, Colorado und derzeit Los Angeles, Kalifornien). Grün für die Länder, die sie bereisen will (Venezuela, Tunesien, Kenia, Jordanien, Georgien sowie die "-stan"-Länder Kirgisistan, Tadschikistan, Kasachstan, Turkmenistan, Usbekistan). Ansonsten dominiert die Farbe Blau. Sie steht für die Länder, die Jen Pollack Bianco bereits besucht hat. Beneidenswert. Berichtenswert. Und sehenswert.
Denn sie schreibt nicht nur für Leser unter anderem der Los Angeles Times, sie bloggt auch für die Huffington Post - und seit Juni 2011 breitet Jen Pollack Bianco ihre Erfahrungen auf Mylifesatrip.com aus. Das ist der Grund, warum wir zwar neidisch sind beim Anblick der bunten Weltkarte, aber Jen Pollack Bianco die Reisen gönnen - schließlich dürfen wir uns fühlen, als wären wir dabei, sozusagen im Handgepäck.
In das packt sie stets ihr iPhone, mit dem sie ihre "heißgeliebte iPhone mobile photography" zelebriert und Bilder nah an der Kunst produziert (einige Fotos von ihr tauchten auch auf der Vorschlagsliste für die Mobile Photography Awards auf).
Dieser besondere Blick auf die Welt, der Sinn für den richtigen Augenblick und die passende Szenerie wurden in ihrer Kindheit geprägt: "Ich wuchs auf unter dem ständigen Einfluss von National Geographic-Magazinen, deren Bilder meine Träume und Wanderlust nährten", erklärt sie.
Kindliches Staunen
Noch immer erfülle sie Reisen mit kindlichem Staunen, und das will sie teilen, am besten mit der ganzen Welt: "My inner hippie is alive and well and likes to share." Dank der technischen Entwicklung kann sie inzwischen auf Postkarten verzichten, die sie früher säckeweise nach Hause geschickt hatte. Nun steht auf ihrem Blog eine Art Postkartensammlung - mit ihren eigenen Motiven. Diese entsprechen nicht den National Geographic-Bildern ihrer Kindheit, sie sind moderner, bunter, radikaler im Ausschnitt - einfach schneller.
Denn Pollack Bianco will gar keine Hochglanzbilder produzieren, wie sie in Magazinen gedruckt werden. Lieber kratzt sie ein bisschen an der Patina der bekannten Motive, fotografiert die Pyramiden von Gizeh aus dem Auto heraus, den Chauffeur halb angeschnitten.
"Ich will das Ikonische des Motivs einfangen und ein neues Detail oder etwas (Zwischen-) Menschliches hinzufügen, das den Ort realistischer zeigt." Der Plan geht auf, die Stimmung des Reiseortes überträgt sich - ein schönes Souvenir, das nicht im Regal verstaubt. Wir fühlen uns, als stünden wir selbst im heißen Sand im Wadi Rum und ließen uns von einem Kamel zu nahe treten, das uns unentwegt die dicke Zunge entgegenstreckt.
Handfeste Ratschläge
Nicht nur Bilder bringt die Autorin, Fotografin und Video-Regisseurin von ihren Touren nach Hause, sie gibt auch etwas mit auf den Weg, etwa nach Thailand und Laos. Eine Leserin wollte Tipps für ihre Reise-Premiere und erhielt unter anderem folgende Ratschläge: " Vorsicht vor diebischen Elefanten! Sie werden rabiat, um an den Inhalt Ihrer Tasche zu kommen - es könnte ja eine Banane darin versteckt sein." Oder: "Lernen Sie, respektvoll zu grüßen. Die Geste begleitet das Wort 'Sawadee' (สวัสดี, ausgesprochen [sàwàtdi:])." "Es lohnt sich, früh aufzustehen und die Mönche beim Almosensammeln zu beobachten. Wer selbst etwas gibt, darf dabei den Mönch nicht berühren."
In Manila auf den Philippinen wird Pollack Bianco von "Food-Guerillas" entführt, in eine geheime Küche, zum Überraschungsmahl. Geplant war der Ausflug, die wahre Überraschung war für sie, dass sie selbst mitkochen sollte, als erklärte Nicht-Köchin. Wie ihr in diesem Moment die Gesichtszüge entgleisen, zeigt natürlich das Video. Auch, wie sie langsam, gaaanz langsam einen Lauch in sehr dicke Scheiben schneidet. Sie isst eindeutig lieber, zum Beispiel "Sarsiadong Itlog". Hinter dem wohlklingenden Namen verbergen sich hauptsächlich Eier und Tomaten. Gut zu wissen.
Ihre Kommentare zu den Bildern sind meist so charmant wie die Fotos selbst - hätten mehr Menschen diese Gabe, wären Dia-Abende nie aus der Mode gekommen.
Und weil das ganze kein Foto- sondern ein Multimedia-Reisetagebuch sein soll, sehen wir Jen Pollack Bianco auch in Videos, etwa wie sie bei der Verwandlung zur Geisha erst verblasst und dann umso bunter leuchtet. Natürlich geht sie so auf die Straße, natürlich hält sie die Reaktionen der Passanten mit dem iPhone fest.
Jen Pollack Bianco hat auf Reisen ihren Spaß. Wir haben ihn auch.