Süddeutsche Zeitung

Reisebilder:Weiße Weihnacht? Bitteschön!

Das Wetter ist viel zu gut - und damit schlecht: Weiße Weihnachten fällt in Deutschland mal wieder aus. Zum Trost gibt es hier die schönsten Schneebilder, kommentiert von berühmten Poeten.

Braungrau statt strahlend Weiß ist die Trendfarbe dieses Winters, der sich bislang wie Herbst anfühlt. Und an manchen Tagen wie Frühling. Es bleibt die Sehnsucht nach Schnee. Bevor das Sehnen zu groß wird, kann man den Kopf in den Sand stecken und sich vorstellen, es sei Schnee. Oder diese Bilder betrachten, garniert mit Winterversen berühmter Dichter - und bei manchen Zeilen wieder froh werden, dass es derzeit nicht gar so kalt ist.

Alles still! Es tanzt den Reigen / Mondenstrahl in Wald und Flur, / Und darüber thront das Schweigen / Und der Winterhimmel nur. (aus: "Alles still!" von Theodor Fontane) Im Bild: Blick auf die Wendelstein-Kapelle.

Unendlich dehnt sie sich, die weiße Fläche, / bis auf den letzten Hauch von Leben leer; / die muntern Pulse stocken längst, die Bäche, / es regt sich selbst der kalte Wind nicht mehr. (aus: "Winterlandschaft" von Friedrich Hebbel) Im Bild: überraschender Schneefall in Cremona, Alberta in Kanada.

Ein großer Teich war zugefroren; / Die Fröschlein, in der Tiefe verloren, / Durften nicht ferner quaken noch springen, / Versprachen sich aber, im halben Traum: / Fänden sie nur da oben Raum, / Wie Nachtigallen wollten sie singen. (aus: "Ein großer Teich war zugefroren" von Johann Wolfgang von Goethe) Im Bild: Große Eisblöcke werden für das internationale Eis- und Schneefestival in Harbin aus dem gefrorenen Fluss Songhua im Nordosten Chinas geschnitten.

Ein trüber Wintermorgen war's, / als wollt' es gar nicht tagen, / Und eine dumpfe Glocke ward / Im Nebel angeschlagen. (aus: "Wintermorgen" von Johann Ludwig Uhland) Im Bild: Landschaft in Sargans im Osten der Schweiz.

Der Acker leuchtet weiß und kalt. / Der Himmel ist einsam und ungeheuer. / Dohlen kreisen über dem Weiher / Und Jäger steigen nieder vom Wald. (aus: "Im Winter" von Georg Trakl) Im Bild: Am Großen Feldberg flüchtet ein Reh in den Wald.

O wie ist es kalt geworden / und so traurig, öd' und leer! / Rauhe Winde wehn von Norden, / und die Sonne scheint nicht mehr. (aus: "Sehnsucht nach dem Frühling" von Heinrich Hoffmann von Fallersleben) Im Bild: das schneeverwehte Ortsschild von Schneeberg in Österreich.

Leise hallen aus der Ferne / Töne, die den Tag verkünden. - / Wird der Tag denn sich erhellen? Freudebringend dem Gefilde / Wird er strahlen, Nacht entschweben, / Herber Winter auch entfliehen. (aus: "Nacht und Winter" von Adelbert von Chamisso) Im Bild: Nebel über Tulfes im Inntal.

Flockenflaum zum ersten Mal zu prägen / mit des Schuhs geheimnisvoller Spur, / einen ersten schmalen Pfad zu schrägen / durch des Schneefelds jungfräuliche Flur (aus: "Neuschnee" von Christian Morgenstern) Im Bild: Fußgänger und Radfahrer hinterlassen Spuren in Buxton, England.

Es zieht der Frost durch Wald und Feld / Und überspinnet jedes Reis / Und alle Halme silberweiß Er hauchet über dem See und im Nu, / Noch eh' wir's denken, friert er zu. (aus: "Winternacht" von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben) Im Bild: Schneeverwehung auf dem Kirkstone Pass im Lake District, England.

Flockendichte Winternacht... / Heimkehr von der Schenke... / Stilles Einsamwandern macht, / daß ich deiner denke. (aus: "Winternacht" von Christian Morgenstern) Im Bild: Schneesturm im nördlichen Spanien nahe Pamplona.

Verschneit liegt rings die ganze Welt, / ich hab' nichts, was mich freuet, / verlassen steht der Baum im Feld, / hat längst sein Laub verstreuet. (aus: "Winternacht" von Joseph von Eichendorff) Im Bild: Schneeböen fegen über eine Farm in Teesdale in der englischen Grafschaft Durham hinweg.

Die Kälte kann wahrlich brennen / Wie Feuer. Die Menschenkinder / Im Schneegestöber rennen / Und laufen immer geschwinder. (aus: "Winter" von Heinrich Heine) Im Bild: Training im Schnee auf der Saratoga Casino and Raceway in Saratoga Springs, New York.

In einem leeren Haselstrauch, / da sitzen drei Spatzen, Bauch an Bauch. / Der Erich rechts und links der Franz / und mittendrin der freche Hans. / Sie haben die Augen zu, ganz zu, / und obendrüber, da schneit es, hu! (aus: "Die drei Spatzen" von Christian Morgenstern) Im Bild: Ein einsamer Eichelhäher im Kielder Forest Park im Nordosten Englands.

Gute Bäume, die ihr die starr entblätterten Arme / Reckt zum Himmel und fleht wieder den Frühling herab! / Ach, ihr müsst noch harren, ihr armen Söhne der Erde, / Manche stürmische Nacht, manchen erstarrenden Tag! (aus: "An die Bäume im Winter" von Johann Gottfried von Herder) Im Bild: Spaziergang am Flussufer der Moskwa in Moskau.

Da sind wir ausgezogen / Zur Eisbahn also bald, / Und haben uns am Ufer / Die Schlittschuh angeschnallt. Das war ein lustig Leben / Im hellen Sonnenglanz! / Wir drehten uns und schwebten, / Als wär's ein Reigentanz. (aus: "Der Eislauf" von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben) Im Bild: der schneebedeckte Fluss Soyang in Chuncheon, Südkorea

Es wächst viel Brot in der Winternacht, / weil unter dem Schnee frisch grünet die Saat; / erst wenn im Lenze die Sonne lacht, / spürst du, was Gutes der Winter tat. (aus: "Winternacht" von Friedrich Wilhelm Weber) Im Bild: einige Herbst-Nachzügler im Winterwald nahe St. Paul in Virginia, USA.

Winter, ade! / Scheiden tut weh. / Aber dein Scheiden macht, / Dass jetzt mein Herze lacht. Winter, ade! / Scheiden tut weh. (aus: "Winters Abschied" von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben) Im Bild: eine müde Eule im Schnee nahe Ansung, Südkorea.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2278648
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/kaeb
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.