Reisebildband "Der Mensch und die Weltmeere":Herrscher der Meere

Fisch in der Dose mal anders: Ein Bildband zeigt, wie wunderbar das Ökosystem Meer ist. Und wie leicht zu zerstören, sobald der Mensch seine Finger im Spiel hat.

Von Stefan Fischer

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Reise Bildband Der Mensch und die Weltmeere Knesebeck

Quelle: Brian Skerry/National Geographic/Knesebeck Verlag

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Fisch in der Dose mal anders: Ein Bildband zeigt, wie wunderbar das Ökosystem Meer ist. Und wie leicht zu zerstören, sobald der Mensch seine Finger im Spiel hat. Eine Rezension von Stefan Fischer

Einer ist immer größer als man selbst. Würde man als Taucher dem Raubfisch, der da unbedarft im Bildvordergrund schwimmt, alleine begegnen, er würde einem zwar nicht Angst, wohl aber Respekt einflößen. Mit dem weit aufgerissenen, zwei Meter breiten Maul eines Walhais im Rücken wirkt er jedoch nur: schutzlos. In wenigen Augenblicken wird der Walhai den kleineren Raubfisch verschluckt haben, ganz kampflos, einfach so, wie er auch Plankton einsaugt. Es ist eine Fotografie von großer Schönheit und ebenso großer Wahrhaftigkeit. Man kann dieses Motiv sinnbildlich verstehen und sich die Frage stellen, wem welche Rolle zukommt.

"Der Mensch und die Weltmeere" heißt der Band von Yann Arthus-Bertrand und Brian Skerry, beide herausragende Naturfotografen. Um die Beziehung Mensch und Meer geht es; darum, ob und wie der eine sich des anderen erwehren kann.

Im Bild: Begegnung eines Tauchers mit einem Südkaper, Auckland, Neuseeland

Reise Bildband Der Mensch und die Weltmeere Knesebeck

Quelle: Brian Skerry/National Geographic/Knesebeck Verlag

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Beherrscht der Mensch die Weltmeere inzwischen tatsächlich oder ist das ein fataler Irrglaube? Und können sich andererseits die Ozeane überhaupt noch ausreichend regenerieren angesichts der vielfältigen Verschmutzung, der mannigfachen Eingriffe durch den Menschen?

Im Bild: Zitronengrundel am Fenster ihres Unterschlupfs (einer verrosteten Getränkedose), Halbinsel Izu, Honshu, Japan

Reise Bildband Der Mensch und die Weltmeere Knesebeck

Quelle: Yann Arthus- Bertrand/Altitude-Paris/Knesebeck Verlag

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Arthus-Bertrand und Skerry wissen nur zu gut, dass sie ihr aufklärerisches Anliegen geschickt verpacken müssen. All die kleinen Aufsätze in dem Buch, die Interviews mit Umweltaktivisten, sie würden auf weit weniger Resonanz stoßen, wenn sie nicht im Zusammenhang mit den fast immer sehr guten, teilweise sogar überwältigenden Fotografien präsentiert würden. Zugleich sind diese Texte wesentlich mehr als ein bloßes ökologisches Feigenblatt.

Im Bild: Erodierter Eisberg im Fjord von Unartoq, Grönland

Reise Bildband Der Mensch und die Weltmeere Knesebeck

Quelle: Brian Skerry/National Geographic/Knesebeck Verlag

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Denn das ist ein Trend in diesem Segment des Buchmarkts, der kaum zu übersehen ist: Immer mehr Bände stellen die gezeigten Naturfotografien - mehr oder weniger ernsthaft - in den Dienst des Naturschutzes. "Der Mensch und die Weltmeere" tut aber nicht bloß aus Marketinggründen so, als wäre den Autoren der Umweltschutz wichtig. Er ist vielmehr der Ausgangspunkt, daran wurde die Konzeption des Fotobands ausgerichtet.

Im Bild: Ein Sandbarsch (Blue cod, Parapercis colias) zwischen orangefarbenen Seefedern im seichten Gewässer von Long Sound, Fiordland-Nationalpark, Neuseeland

Reise Bildband Der Mensch und die Weltmeere Knesebeck

Quelle: Yann Arthus- Bertrand/Altitude-Paris/Knesebeck Verlag

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Es gibt Bilder, die intakte Ökosysteme zeigen, etwa die Aufnahme eines Zitterrochens, der durch einen Algenwald vor der kalifornischen Küste schwimmt. Es gibt daneben Bilder der Zerstörung, etwa von abgeholzten Mangroven im Senegal. Und dann gibt es die vielen Aufnahmen, die die Nutzung der Ozeane durch den Menschen zeigen. Es sind überwiegend nicht besonders schmeichelhafte Motive.

Im Bild: Strand bei Ipanema, Rio de Janeiro, Brasilien

Reise Bildband Der Mensch und die Weltmeere Knesebeck

Quelle: Yann Arthus- Bertrand/Altitude-Paris/Knesebeck Verlag

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Vom Fischfang etwa; und zwar nicht in einer romantisierten Variante, in der zwei alte Männer mit einem kleinen Netz in einem Holzboot aufs Meer hinausfahren. Es sind vielmehr Aufnahmen, die zeigen, wie viel Flurschaden die Fischerei anrichtet.

Eines etwa dokumentiert den Schadstoffausstoß einer Meerwasserentsalzungsanlage in Kuwait - wobei das Perfide an dieser Fotografie ist, dass sie sehr ästhetisch ist und die Landschaft wie eine Skulptur abbildet. Ähnliches gilt für eine Aufnahme des Bosporus mit der Hagia Sophia im Vordergrund. Die Meerenge passieren beinahe 20 Schiffe gleichzeitig; ein Ballett der Stahlkolosse hat Yann Arthus-Bertrand hier inszeniert.

Im Bild: Grünalgen an den Muschelbänken der Bucht von Saint-Brieuc, Côtes-d'Armor, Frankreich

Reise Bildband Der Mensch und die Weltmeere Knesebeck

Quelle: Brian Skerry/National Geographic/Knesebeck Verlag

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Immer noch sind die Weltmeere nur in einem geringen Ausmaß erforscht. Werke wie das von Yann Arthus-Bertrand und Brian Skerry helfen dabei, sich als Laie ein Bild zu machen, zu begreifen, welche Ökosysteme sowohl in ihren Tiefen wie auch an ihren Rändern existieren und wie die Menschheit damit umgeht.

Im Bild: Kegelrobbe im Golf von Maine, USA

Reise Bildband Der Mensch und die Weltmeere Knesebeck

Quelle: Brian Skerry/National Geographic/Knesebeck Verlag

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Die beiden Fotografen legen es trotz aller Mahnungen jedoch nicht auf einen Voyeurismus des Grauens an. Vielmehr nimmt das Buch einen für die Meere ein; nicht aus Mitleid oder schlechtem Gewissen. Sondern wegen der Faszination für diesen wesentlichen Teil der Erde.

Im Bild: Beilfische in einer Unterwasserhöhle von Tortola, Britische Jungferninseln

DER MENSCH UND DIE WELTMEERE

Quelle: Knesebeck Verlag

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Yann Arthus-Bertrand, Brian Skerry: Der Mensch und die Weltmeere. Aus dem Französischen von Antoinette Gittinger und Ursula Held. Knesebeck Verlag, München 2013. 304 Seiten mit 200 Abbildungen, 39,95 Euro.

© SZ vom 11. Juli 2013/kaeb
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