Ein Bandscheibenvorfall ist im Zusammenhang mit der Absage einer Reise als "unerwartet schwere Erkrankung" zu beurteilen. Das gilt auch dann, wenn der betroffene Urlauber, der seine Reiserücktrittskosten-Versicherung in Anspruch nehmen will, schon vorher unter Rückenschmerzen gelitten hat. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz hervor, auf das die Deutsche Gesellschaft für Reiserecht in Wiesbaden in ihrer Zeitschrift "ReiseRecht aktuell" hinweist (Az.: 10 U 613/09).
Das OLG entschied, dass die Versicherung dem Bandscheiben-Patienten die Stornokosten der Reise abzüglich des Selbstbehalts erstatten muss.
Im verhandelten Fall hatte der Kläger eine Rundreise durch Argentinien und Chile gebucht, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits starke Rückenschmerzen hatte. Ein Orthopäde hatte aber keine Schäden an der Wirbelsäule festgestellt. Erst nach der Buchung erkannte ein Neurologe durch eine Magnetresonanztomographie (MRT) den Bandscheibenvorfall. Der Mann wurde operiert und stornierte seine Südamerika-Tour.
Doch die Versicherung lehnte ab, die Stornokosten von 7606 Euro für den Mann und seine Frau zu übernehmen, mit dem Argument, die Erkrankung sei ihm bei Buchung bekannt gewesen.
Das OLG gab jedoch dem verhinderten Urlauber Recht. Es handle sich bei einem Bandscheibenvorfall um eine "unerwartet schwere Erkrankung", bei der die Versicherung laut ihrer Bedingungen die Stornokosten übernehmen muss. Schwer sei die Erkrankung, weil nach der Bandscheiben-Operation eine Reise nicht mehr zuzumuten gewesen sei. Und unerwartet sei sie, weil ein durchschnittlicher Versicherter selbst bei wochenlangen Rückenschmerzen nicht von einem Bandscheibenvorfall ausgehen muss - zumal wenn ein Facharzt diesen bei seiner Untersuchung nicht erkannt hat.