Von den zur Einbalsamierung verwendeten Mitteln versprach man sich heilende Wirkung und pulverisierte so manchen Leichnam zu Arznei. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts vertrieb der Pharmakonzern Merck in Darmstadt die Produkte für 12 Goldmark pro Kilo mit dem Namenszusatz Mumia vera. Die Probe aufs Exempel lässt sich aber an dem Plastikpüppchen schlecht durchführen. Doch vielleicht ist die kleine Schatulle auch eher eine Erinnerung an bizarre Mumien-Partys des 19. Jahrhunderts. Napoleons Ägypten-Expeditionen hatten in England eine regelrechte Ägyptomanie ausgelöst.
Der englische Adel lud auf seinen Partys zum gemeinschaftlichen Mumienauswickeln. Die Gäste hofften, neben dem Grusel auch wertvolle Grabbeigaben in Form von Schmuckstücken oder Medaillons zwischen den Leinenbinden zu finden. Da ist die vom Souvenirverkäufer vorgeschlagene Verwendung der Sarkophagbox als Schmuckschatulle vielleicht doch nicht so weit hergeholt. Was allerdings jemand mit einem echten ägyptischen Sarkophag samt Mumie will, wie ihn das Auktionshaus Christie's vor vier Jahren für 1,1 Millionen Dollar versteigert hat, bleibt ein Rätsel, das wohl der anonyme Besitzer mit ins Grab nehmen wird.
Margit Kohl, SZ vom 25.11.2010
Replik in der Ausstellung "Tutanchamun - Sein Grab und seine Schätze".
Schon seltsam, was Menschen auf der Heimreise in den Koffer packen: Wer diese Mitbringsel geschenkt bekommt, sollte sich Gedanken über seine Beziehung zu dem Verreisten machen ...