Süddeutsche Zeitung

Reise-Bildband:Zauber aus der Kälte

Spielende Eisbären, schimmernde Eisberge, Pinguine im ersten Fell - Fotograf Michael Poliza fächert den Zauber der Polregionen neu auf.

Birgit Lutz-Temsch

Das Eis hat ein so seltsam intensives Blau. Man sieht ihm an, wie kalt es ist. Auch der Himmel, die Wolken, das Meer, der Schnee - alles ist blau, in so vielen Nuancen, wie sie nur die Natur hervorbringen kann, von metallisch gräulich bis türkis, von leuchtend bis stumpf, von einladend bis bedrohlich.Foto: ©2009 Michael Poliza/www.michaelpoliza.com

Das zentrale Motiv ist einfach: Ein Eisberg treibt im Wasser. Und doch hat der Fotograf Michael Poliza damit die beiden Elemente eingefangen, die das Faszinierende jenseits des 80. Breitengrads ausmachen: das Licht, die Farbe.Foto: ©2009 Michael Poliza/www.michaelpoliza.com

Arktis und Antarktis müssen schon seit geraumer Zeit herhalten, wenn es um die Zukunft der Erde geht. Für Berichte über den wärmer werdenden Planeten platzieren sich Politiker in Grönland oder Kanada vor kranken Gletschern. Dabei ist meist ein erhobener Zeigefinger mitgedacht, eine Nuance Endzeitstimmung beigemischt. Poliza wählt einen anderen Zugang.Foto: ©2009 Michael Poliza/www.michaelpoliza.com

Auf keinem seiner Bilder ist auch nur zu erahnen, dass die kalten Regionen bereits einem gefährlichen Wandel unterliegen und dass das, was er fotografiert hat, in wenigen Jahren so schon nicht mehr zu sehen sein wird.Seine Eisbären sind nicht dünn, sie stehen nicht auf einsam dahintreibenden Schollen und machen auch sonst nicht den Eindruck, als würden sie leiden.Foto: ©2009 Michael Poliza/www.michaelpoliza.com

Der Fotograf zeigt stolze, große, gesunde Tiere, wie er überhaupt nichts als die Schönheit der kühlen Ästhetik von Arktis und Antarktis auf großen Querformaten auffächert. Diese Regionen sind so voller Wunder, dass der Fotograf kaum anders kann als staunen. Und viel falsch machen kann er in dieser Umgebung auch nicht.Foto: ©2009 Michael Poliza/www.michaelpoliza.com

Seine Bilder entstanden auf Kreuzfahrten, wie sie inzwischen jedermann buchen kann. Von einigen überraschenden Nahaufnahmen abgesehen, wählt Poliza nicht einmal ungewöhnliche Perspektiven. Er fängt einfach ein, was er sieht: Robben, Wale, Bären, Vögel, wobei er Totalen immer wieder mit einem besonderen Augenmerk für die Maserung von Fellen und Gefiedern, für die graphischen Strukturen von Eis- und Felsflächen kontrastiert.Foto: ©2009 Michael Poliza/www.michaelpoliza.com

So wird sein voluminöser Band "Antarctic" eine begeisterte und begeisternde Verbeugung vor der Natur, ein Tribut an die Einzigartigkeit des polaren Lebens.Trotzdem geht es auch hier nicht ganz ohne einen von höherer Stelle aufgestellten Zeigefinger.Drei Vorworte sind den Bildern vorangestellt, darunter eines von Prinz Albert von Monaco, der selbst schon mit Hundeschlitten am Nordpol war und sich nun für klimafreundliche Technologien einsetzt.Der Erkenntnisgewinn dieser Texte hält sich allerdings in Grenzen. Es ist mittlerweile hinlänglich bekannt, dass es nicht gut steht um das Eis der Arktis, um die Gletscher Grönlands, um den Permafrostboden, die Eisbären und alles andere, was nur in der Kälte überlebt.Foto: ©2009 Michael Poliza/www.michaelpoliza.com

Viel eindringlicher appellieren die Bilder selbst an den Betrachter.Die fragilen Lebensräume jenseits des Gefrierpunktes müssen geschützt und erhalten werden - das leuchtet jedem unmittelbar ein, der "Antarctic" in den Händen hält. Michael Poliza selbst wurde bei Ausflügen in die Polregionen zum engagierten Naturfreund.Foto: ©2009 Michael Poliza/www.michaelpoliza.com

Der aus Hamburg stammende Autodidakt gab seine Karriere als IT-Firmen-Chef auf, um zu reisen und zu fotografieren. Unter anderem veröffentlichte er einen umfangreichen Band über Afrika. Drei Jahre lang war er weltweit auf Kreuzfahrt.Ganz ungetrübt ist der Genuss der davon mitgebrachten Aufnahmen allerdings nicht. Das liegt schlicht an der Bindung des Buches. Die ausnahmslos schwelgerisch über Doppelseiten ausgebreiteten Motive werden allesamt durch den mittigen Falz zerschnitten und geknickt. Gerade so, als hätte sich doch noch eine Art Störung der in diesem ansonsten grandiosen Buch präsentierten Naturschönheiten eingeschlichen.Foto: ©2009 Michael Poliza/www.michaelpoliza.com

Alle Bilder entstammen mit freundlicher Genehmigung dem Fotoband: "Antarctic. A Tribute to Life in the Polar Regions" von Michael Poliza. Verlag teNeues, Kempen 2009. 408 Seiten mit 108 farbigen Abbildungen, 98 Euro.Foto: ©2009 Michael Poliza/www.michaelpoliza.com(Birgit Lutz-Temsch, SZ vom 22.10.2009/dd)

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