Rassismus-Vorwurf gegen japanische Airline:Aufstand der langen Nasen

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Blonde Haare, eine lange Nase, fertig ist der Westeuropäer oder Amerikaner. Zumindest wenn es nach der größten japanischen Fluggesellschaft ANA geht. Deren TV-Werbespot sollte lustig sein, sorgt aber für entrüstete Reaktionen.

Von Felix Reek

Zwei Piloten stehen vor dem Fenster eines Flughafens. Sagt der eine: "Willst du eine Umarmung?" Verständnisloser Blick. Der erste Pilot wieder: "Das ist so eine japanische Reaktion." "Aber ich bin doch Japaner", entgegnet sein Gegenüber. "Ich verstehe. Lass uns das Image der Japaner ändern." In der nächsten Einstellung trägt er eine blonde Perücke und eine falsche lange Nase. In breitem US-Slang sagt er: "Yeah!"

Was sich wie ein Witz liest, ist der neueste TV-Werbespot der japanischen Fluggesellschaft All Nippon Airways (ANA). Der stößt jetzt aber auf alles andere als Gelächter: Auf der Facebook-Seite der Airline häufen sich die Beschwerden über Rassismus. Gary Bailey etwa schreibt: "Ich habe gerade die ANA-Werbung gesehen und bin angeekelt von der Art und Weise, wie hellhäutige Menschen verspottet werden. Es mag als Witz gedacht sein, aber ich finde das überhaupt nicht lustig. Wären die Rollen vertauscht, gäbe es einen Aufschrei in Japan."

"Anrufe von Kunden, hauptsächlich Ausländer"

Die Reaktion der größten japanischen Fluggesellschaft machte es nicht besser. Ein Sprecher erklärte, dass man "Anrufe von Kunden, hauptsächlich Ausländern" erhalten habe, die sich über den Clip beschweren. Eigentlich habe man ausdrücken wollen, wie wichtig die am 30. März startende Expansion sei, in deren Zuge All Nippon Airways täglich zehn internationale Flüge anbietet. Die Werbung sollte Japaner dazu ermutigen, hinaus in die Welt zu fliegen und diese zu erkunden.

Blonde Haare, blaue Augen und eine größere Nase gelten in dem Land als Klischee der westlichen Physiognomie - und gleichzeitig als erstrebenswertes Schönheitsideal. Um das zu erreichen, helfen Japaner auch durch plastische Chirurgie nach. Beliebte Korrekturen sind etwa die Verlängerung der Nase oder das Vergrößern der Augen.

Zwar gibt es auf den sozialen Kanälen der All Nippon Airlines auch Befürworter der umstrittenen Werbung, doch die Fluggesellschaft kündigte an, den Clip noch einmal zu bearbeiten und durch eine neue Version zu ersetzen. Ob dies auch für die begleitenden Plakate der Kampagne gilt, blieb unkommentiert. Auf diesen bedient ANA noch eine ganze Reihe weiterer Stereotypen: ein Münchner in Tracht, ein Pariser mit Baskenmütze und ein Kanadier im Fellmantel.

Peter Durfee fotografierte auf Twitter diese Anzeige von All Nippon Airlines in der U-Bahn auf dem Weg von Shinjuku nach Mitaka in Tokyo. 24 Stunden später war sie verschwunden. (Foto: Peter Durfee/Twitter)
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