Prämiertes Fotoprojekt "Garden of Delight":Eine Stadt, die wie erfunden wirkt

Fotograf Nick Hannes zeigt mit seinen prämierten Bildern aus Dubai eine Spaß- und Konsumgesellschaft, die völlig überdreht.

10 Bilder

Chillout Ice Lounge, Dubai; Garden of Delight

Quelle: Nick Hannes, Belgien, ZEISS Photography Award 2018

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Es sind harte Worte, die Nick Hannes für sein Fotoobjekt Dubai findet: "Stadt, die keine Geschichte kennt", "künstlich", "ohne Seele und Charakter" sind nur einige seiner Beschreibungen. Und doch hat er über zwei Jahre hinweg großen Aufwand betrieben, um immer wieder in die reiche Metropole am Persischen Golf zu reisen - und Aufnahmen wie diese zu machen, die ihm nun den Zeiss Photography Award 2018 eingebracht haben.

Heiße Schokolade gefällig, aber das bitte in schön kühlem Ambiente? Kein Problem in der "Chillout Ice Lounge" der "Oasis"-Einkaufsmall. Dort herrschen Minustemperaturen, damit die Besucher etwas Abwechslung von der Wüstenluft draußen genießen können - und die Eisskulpturen nicht wegschmelzen.

Oasis Mall, Dubai; Garden of Delight

Quelle: Nick Hannes, Belgien, ZEISS Photography Award 2018

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Insgesamt anderthalb Monate lang hat der belgische Fotograf in Dubai für sein Projekt "Garden of Delight" Orte der Vergnügungsgesellschaft beobachtet: Strände, Einkaufszentren, Nachtklubs und Hotels, Bars und sündteure Yachten, und wo sonst noch konsumiert und gefeiert wird.

Es ist offenbar nie zu früh für den ersten Ferrari. Ein reicher Einkäufer, nicht im Bild, lässt seinen Chauffeur ein Luxusspielzeugauto auf den Parkplatz der "Oasis Mall" karren.

Ibn Battuta shopping mall, Dubai; Garden of Delight

Quelle: Nick Hannes, Belgien, ZEISS Photography Award 2018

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In Dubais Mall "Ibn Battuta" sind die sechs Hauptbereiche jeweils im Stil eines der Länder gestaltet, die der Namenspatron einst im Mittelalter bereiste. Hier also befindet sich eine Starbucks-Filiale in der Replik einer persischen Moschee.

Das Spektakuläre und Lebendige an Dubai vor der Kulisse extravaganter Architektur, aber ohne "echte Wurzeln", das habe ihn fasziniert, sagt der 43-jährige Fotograf.

Desert road, Dubai; Garden of Delight

Quelle: Nick Hannes, Belgien, ZEISS Photography Award 2018

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Schließlich gibt es Dubai zwar schon seit dem 19. Jahrhundert. Doch fast alles, was wir heute davon sehen können, ist erst in den vergangenen 50 Jahren entstanden. "Natürlich entwickelt sich jede Stadt weiter", sagt der Fotograf, aber "nirgendwo ist diese Dynamik so sichtbar, so extrem wie in Dubai".

Auch die Wüste außerhalb der heutigen Metropole wird derzeit intensiv bebaut. Hier wartet eine Sackgasse darauf, in Zukunft vielleicht einmal weniger absurd zu wirken. In der Gegend südöstlich von Dubai sollen weitere Themenparks, Golfplätze und Wohnanlagen entstehen.

Global Village theme park, Dubai; Garden of Delight

Quelle: Nick Hannes, Belgien, ZEISS Photography Award 2018

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Die Menschen in Dubai sieht Hannes in einem ständigen Spannungsfeld "zwischen traditionellen islamischen Werten und einem importierten, westlichen Lebensstil". Seine Bilder zeigen diese Facetten.

Der Themenpark "Global Village" etwa wird jedes Jahr zerstört und mit neuen Attraktionen wieder aufgebaut, damit es auch wiederkehrenden Besuchern niemals langweilig wird. Die Attraktionen sind: Nachahmungen berühmter Sehenswürdigkeiten aus Dutzenden Ländern der Welt, natürlich mit EInkaufsmöglichkeit.

Saturday brunch, Dubai; Garden of Delight

Quelle: Nick Hannes, Belgien, ZEISS Photography Award 2018

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Die Kontraste ergeben, so sagt der Fotograf selbst, ein Spiel "an der Grenze zwischen Illusion und Wirklichkeit". Und genau auf solche Fragen will er die Betrachter stoßen. "Echt oder nicht?" Und: "Was ist das für eine Welt, in der solche Szenen entstehen?"

Szenen wie diese: Ausländische Gäste und Expats in Dubai mögen besonders gerne All-You-Can-Eat (and Drink)-Brunches. Im Strandclub "Blue Marlin" wird an einem Samstagvormittag mit Champagnerbechern in der Hand im Bikini getanzt.

Dubai. Bread and Circuses; Garden of Delight

Quelle: Nick Hannes, Belgien, ZEISS Photography Award 2018

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Ein Butler begrüßt Besucher vor der Küste Dubais auf dem Prototyp einer Unterwasser-Ferienvilla, unter der sich im "Keller" ein verglastes Schlafzimmer verbirgt. Das "Schwimmende Seepferdchen" liegt am künstlichen Archipel "Heart of Europe". Wenn das Projekt vollendet ist, soll es 90 solcher Luxusdomizile auf dem Wasser geben - für 5000 Euro Miete pro Tag oder für 2,5 Millionen Euro zum Kauf.

Hub Zero entertainment center, Dubai; Garden of Delight

Quelle: Nick Hannes, Belgien, ZEISS Photography Award 2018

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Traditionell gekleidete Männer spielen Pool im durchgestylten Vergnügungszentrum "Hub Zero".

Die persönlichen Geschichten und Schicksale der Menschen in seinen Bildern lassen den Fotografen kalt, sagt er. An den Orten, die ihn faszinieren, warte er auf den Zufall, der oft verrücktere Motive biete, als man sich ausdenken könne. Aber: "Mir geht es niemals um den Einzelnen und seine Geschichte, sondern immer um die Menschheit an sich."

Gardener, Dubai; Garden of Delight

Quelle: Nick Hannes, Belgien, ZEISS Photography Award 2018

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Mit dieser Philosophie will Hannes "das große Ganze" in den Blick rücken. Im Fall von Dubai bedeutet das für ihn "die atemberaubende Dynamik einer rein profitorientierten Urbanisierung" - oder mit anderen Worten eine "Fallstudie zur Hochgeschwindigkeitsstadtentwickung".

Ein Gärtner wässert Palmen auf dem Parkplatz der "Miracle Gardens", einer Grünanlage.

Yoga session, Dubai; Garden of Delight

Quelle: Nick Hannes, Belgien, ZEISS Photography Award 2018

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Touristen und Expats treffen sich zum Vollmond-Yoga beim Hotel Fairmont auf der künstlichen Insel The Palm. Der Fotograf lässt solche Bilder für sich sprechen: "Ich glaube, es ist besser, Fragen zu stellen, als Antworten zu geben." Und manchmal ist das vielleicht auch leichter.

Der Belgier Nick Hannes hat an der Königlichen Akademie der Schönen Künste in Gent studiert. Nach fast einem Jahrzehnt als Fotojournalist begann er, sich auf größere eigene Projekte zu konzentrieren. Seine Dokumentarfotografie zeigt er in Ausstellungen und Büchern, außerdem unterrichtet er das Fach als Dozent an der Kunsthochschule von Gent. "Garden of Delight" hat ihm den Zeiss Photography Award 2018 eingebracht. Seine Fotoserie wird mit den Arbeiten der Kollegen, die es auf die Shortlist geschafft haben, vom 20. April bis 6. Mai 2018 im Somerset House in London gezeigt - im Rahmen der Sony World Photography Awards Ausstellung.

© SZ.de/ihe/kaeb/rus
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