Wer nach Portugal reist, den zieht es ans Meer. Das Land hat mehr als 600 Kilometer Küste, mediterran im Süden, wild und rau im Norden. Dass es im Landesinneren auch noch einen Nationalpark gibt, schien für Touristen lange nebensächlich.
Zumindest die Portugiesen selbst aber haben seit einigen Jahren den Charme der Berge in den Sommermonaten entdeckt. Seither wandern viele Einheimische in ihrem einzigen offiziellen Nationalpark, sie trinken heilendes Quellwasser oder baden in den Süßwasserseen.
Von der Hafenstadt Porto aus fährt man mit dem Auto knapp zwei Stunden, bis der Nationalpark erreicht ist. Auf den letzten Kilometern führt ein einspuriges Sträßchen durch enge Kurven und über steile Abschnitte.
Zwischen den Dörfern Rio Caldo und Cova trifft die Straße schließlich auf einen Stausee, der bereits im Nationalpark liegt. Er ist umgeben von üppig bewachsenen Bergen mit Spitzen aus Granit. Auf dem Stausee, der wie alle anderen Seen des Nationalparks zur Stromerzeugung genutzt wird, tummeln sich Wassersportler in kleinen Segelbooten und Kajaks.
Weiter geht die Fahrt nach Campo do Gerês. Die meisten Gebäude des Dorfes stammen aus dem 18. Jahrhundert und sind aus schwarzen Granitquadern erbaut. Teilweise leben dort Mensch und Tier noch unter einem Dach. Unter mancher Wohnung stehen Kühe im Stall. Die Tiere heizen mit ihrer Körperwärme den Fußboden der Zimmer darüber. Üppige Weinreben neben den Gebäuden schützen im Sommer vor der Sonne. Aus den Trauben wird ein einfacher trockener Weißwein gekeltert.
Seine Familie lebe hier schon seit Generation, erzählt der Rentner Bruno. Seine Kinder seien allerdings nach der Schulzeit nach Porto gezogen. Für ihn kommt das auf keinen Fall infrage. Auf die Berge, die frische Luft und den eigenen Wein will er nicht verzichten.
Angler zieht es an den einige Kilometer entfernten Stausee Vilarinho das Furnas mit seinen einsamen Buchten zwischen den Felsen. Auf den Steinen dösen Geckos in der Sonne. Wer hier Forellen fischen will, muss sich vorher eine Angellizenz im 25 Kilometer südlich gelegenen Vieira do Minho besorgen. Sie kostet fünf Euro und gilt das ganze Jahr.
Auch Camper finden im Nationalpark ein paar schöne Plätzchen. Zwischen dem Stausee und Campo do Gerês etwa liegt eine sehr gepflegte Anlage. Zwei Personen bezahlen dort rund 18 Euro für eine Übernachtung.
Für Schwimmer gibt es nördlich des Stausees im Fluss Rio Homem einige natürliche Badebecken mit klarem Wasser. Von kleinen Wasserfällen können sich Besucher inmitten kolossaler Granitquader den Rücken massieren lassen. Wer ein Badebecken ganz für sich alleine haben möchte, wandert einfach etwas flussaufwärts.
Zu den schönsten unter den vielen Wanderwegen des Nationalparks gehört der Trilho da Preguiça, der nördlich von Geres am Rio Homem entlang zu einigen herrlichen Aussichtspunkten führt. Er führt durch Almwiesen, die in den Sommermonaten mit Blumenteppichen überzogen sind, und durch Wälder mit uralten Eichen, deren Stämme zum Teil mehr als zwei Meter dick sind.
Mit etwas Glück treffen Wanderer hier auf wilde Ponys. Die 70 Tiere zählende Herde ist eine der Attraktionen des Nationalparks. Wer beim Anblick der Ponys Lust auf Reiten bekommt, kann bei mehreren Anbietern im Nationalpark Ausritte buchen.
Auch Mountainbike-Touren werden überall angeboten. Die interessanteste Tour führt auf den Nevosa. Mit 1545 Metern ist er der höchste Berg des knapp 70 000 Hektar großen Nationalparks. Von seinem Gipfel bietet sich ein umwerfendes Panorama. Der Blick schweift über Täler, Almwiesen, Granitfelsen und dicht bewachsene Berge. Die Luft ist auch im Hochsommer angenehm frisch. Wer den Nevosa besteigen will, sollte allerdings feste Schuhe tragen.
Die Region Peneda Gerês wurde zwar schon 1971 zum Nationalpark erklärt. Doch die Wanderrouten, die erst seit einigen Jahren angelegt wurden, sind noch längst nicht überall ausgebaut. Wer aber beschwerliche Routen in Kauf nimmt, gelangt in eine nahezu unberührte Landschaft fernab jeder Zivilisation.
Am Abend noch eine Bleibe zu finden, ist kein Problem, speziell in Geres. Doppelzimmer in Pensionen kosten etwa 30 Euro, Hotelzimmer mit internationalem Standard sind für 50 bis 80 Euro zu bekommen. Ein paar Tage reichen aus, um den Park zu erkunden.
Wer dann Richtung Norden zurück zur Küste fährt, kommt durch eine surreale Welt: Auf den von Brandrodung schwarzen Feldern liegen vereinzelt gewaltige Granitfelsen, wie von Riesen hingeworfen. Auf dem weiteren Weg durch verschlafene Dörfchen ist weit und breit kein anderes Auto zu sehen.