Portale im Internet:Wie Hotels ihre Bewertungen beeinflussen

Hotel Savoy - Empfang

Herzlich willkommen: Bereits vor dem Empfang an der Rezeption haben sich viele Gäste im Internet über die Unterkunft informiert (Symbolbild)

(Foto: picture alliance / dpa)

Urlaub im schlechtesten Hotel Deutschlands? Kein Bedarf. Ein Hotel, das im Internet schlecht bewertet wird, kann heute kaum mehr überleben. Deshalb kontrollieren immer mehr Manager den Ruf ihres Hauses auf bekannten Plattformen - und machen es Kunden schwer, authentische Kommentare von Werbung zu trennen.

Von Marina Brafa

Für den Ferienpark Bischofsmais, mitten im Bayerischen Wald gelegen, sah es im Frühjahr dieses Jahres schlecht aus: Restaurant wegen Pächterwechsels geschlossen. Hallenbad dicht. Die vier Ferienhäuser ragen wie graue Betonklötze in den Himmel. Urlaub in der Kaserne? "Ich weiß, dass wir nicht die tollste Ausstattung haben", sagte die damalige Interims-Geschäftsführerin Nicole Stecher. Sie ärgerte sich über die Eigentümer der Bischofsmaiser Ferienhäuser, weil die keinen Cent in die Renovierung der Unterkünfte stecken, und über das Online-Reiseportal Holidaycheck, das den Ferienpark 2012 zum schlechtesten Hotel Deutschlands erkor. Der Grund waren negative Bewertungen, die der Ferienpark von Gästen bekommen hatte. "Alexander" zum Beispiel, hat hier einen "Horror Urlaub" erlebt. Der Ferienpark musste Anfang Mai 2013 Insolvenz anmelden, auch wegen der schlechten Kommentare, glaubte Stecher.

162 Kilometer weiter in München. Das Angelo Designhotel ist das genaue Gegenteil des Ferienparks Bischofsmais. Es wurde 2012 auf Holidaycheck unter die beliebtesten Hotels Deutschlands gewählt. Vor dem Hotel am Leuchtenbergring braust der Verkehr stadteinwärts, schließt sich die gläserne Schiebetür mit einem leisen Seufzer hinter den Gästen, ist der Lärm wie ausgeknipst. Lisa Bierbrauer ist im Hotel zuständig für den Ruf, den das Hotel in den Social Media hat und durchforstet Bewertungsportale nach neuen Kommentaren, im Monat kommt sie so auf etwa 50 Stück.

Der Hotelmanager und die Mitarbeiter besprechen bei einer Konferenz jeden einzelnen Kommentar und das jeden Tag. "Wir wollen, dass sich unsere Gäste wohlfühlen und uns dann auch bewerten", sagt Bierbrauer. Auf negative Kommentare wird sofort mit einer Entschuldigung reagiert. Alles andere können sich Hotels heutzutage auch nicht leisten, weiß Stefan Wild, Fachbereichsvorsitzender Hotellerie im bayerischen Hotelverband Dehoga: "Der Bereich der Onlinebuchungen für Hotels wächst seit Jahren im zweistelligen Bereich."

Zwei Drittel der deutschen Bevölkerung informiert sich vorab im Internet, wenn eine Entscheidung in Sachen Urlaub ansteht, ermittelte eine Studie 2011. "Wenn ein Hotel heutzutage die Portale ignoriert, ist das ein echter Wettbewerbsnachteil", sagt Barbara Riegler, Tourismuswissenschaftlerin der Universität St. Gallen. Ein Nachteil, der sich letztlich in den Buchungszahlen niederschlägt und die Existenz bedrohen kann, wie beim Ferienpark Bischofsmais.

800 Kommentare täglich

Die bekanntesten Portale Deutschlands sind Holidaycheck, Tripadivsor und Hotel.de, eine Buchungsplattform, die ihren Sitz in Nürnberg hat. Täglich laden Urlauber hier knapp 800 Kommentare hoch, 2,2 Millionen Besucher im Monat lesen die Kommentare und buchen über die virtuellen Reisebüros ihre Unterkunft. Allein 2012 haben die Portale in Deutschland einen Umsatz von 7,4 Milliarden Euro erwirtschaftet - Tendenz steigend. Online-Portale besetzten die machtvolle Position zwischen Hotelbetrieb und Kunden; den Punkt, an dem sich entscheidet: Gefällt mir das Hotel? Buche ich es?

Für diese Entscheidung, sagt Dehoga-Experte Wild, studierten die Urlauber nicht mehr die Hochglanzmagazine der Reiseveranstalter, sondern die Bewertungen anderer Gäste in Online-Portalen. Hotels gehen mit dem Feedback, das sie so von ihren Kunden erhalten, ganz unterschiedlich um. Auf der einen Seite stehen kleine Häuser und Familienbetriebe, die nur sporadisch Bewertungen zu ihren Hotels kontrollieren und die sich keinen Angestellten leisten können, der die Internetpräsenz des Hotels prüft.

Auf der anderen Seite stehen Hotelketten mit speziellen Abteilungen, in denen Content-Manager den virtuellen Ruf der Hotels prüfen. Wild kennt die Situation: "Der Fokus des Marketings hat sich ins Internet und auf die Social Media verlagert." Kleine Betriebe müssten sich, wie die großen, darauf einstellen. Immerhin 95 Prozent der deutschen Internetnutzer halten Bewertungen für glaubwürdig - ein Kapital, das die Hotels nicht ungenutzt lassen wollen.

Unbemerkt von den Urlaubern ist deshalb zwischen Hotels und Portalen eine pragmatische Zusammenarbeit in Sachen Werbung erwachsen. Für die Hotelbranche sind Online-Portale Werbeplattform, auf denen mit unauffälligen Methoden Kunden gelockt und Buchungsraten gesteigert werden sollen. Hoteliers bitten Gäste direkt darum, das Hotel zu bewerten, oder nutzen wie das Angelo Hotel in München eine spezielle Software, die automatisch E-Mails an ehemalige Gäste verschickt und diese zur Bewertung auffordert. Schließlich erscheinen Hotels bei Google und den Portalen weiter oben, je mehr Bewertungen sie haben.

Andererseits reagieren die Portale auf die Bedürfnisse der Hotels. Der größte Spieler im Portalangebot, Tripadvisor, hat für Hotelmanager das Programm "for Business" aufgelegt, das laut der Unternehmenswebseite "maßgeschneiderte Sponsoringmöglichkeiten, in Content eingebettete Anzeigen, Direktmarketing-Strategien und mehr" biete. Laut Pressesprecherin Pia Schratzenstaller findet das Angebot regen Zuspruch bei den Hotelbetreibern: "Wir bieten den Hotels damit die Chance, ihre Buchungen zu erhöhen." Die Werbung wird geschickt zwischen den Kommentaren platziert. So fällt es den Usern schwerer, authentische Kommentare von Hotelwerbung zu trennen. Für Schratzenstaller keine Irreführung der Verbraucher.

Stefan Wild von der Dehoga sieht das Angebot pragmatischer: "Natürlich führt das in die Irre, aber mit Werbung verdienen die Portale ihr Geld. Und die Hotels wollen eine möglichst gute Platzierung." Die Erkenntnis ist inzwischen auch in Bischofsmais angekommen. Eine Gesellschaft deutscher und arabischer Investoren will den Ferienpark zum Trainingsquartier für Sportler und Anlaufpunkt für Gesundheitstouristen aus dem arabischen Raum umgestalten. Selbstverständlich gehöre auch das Marketing in Online-Portalen zur neuen Strategie, erklärt Taoufik Abid, der neue Geschäftsführer.

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