Permakultur:Kraut und Blüten

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Auf dem Biohof Theklasien im oberösterreichischen Haibach lernen Besucher das Gärtnern. Auch die Bäuerin Thekla Raffezeder fing einst bei null an.

Von Ingrid Brunner

Thekla Raffezeder steht in ihrer Küche und zeigt einen Korb voll frisch gepflückter Blüten und Kräuter. "Das wird gleich unser Tee", sagt sie. Man erkennt zumindest Löwenzahn, Minze, Brennnessel und Sauerampfer - der Rest ist Vertrauenssache. "So ein frischer Tee schmeckt einfach ganz anders - und ist so gesund im Frühjahr", sagt sie. Pflücken, ernten, verwerten, was vor der Haustüre wächst, ist ein Aspekt der Permakultur, die aber weit mehr umfasst: Man versteht darunter ein ganzheitliches Konzept, das auf nachhaltige Landwirtschaft, sich selbst erhaltende Öko- und kulturelle Systeme setzt und auch sozial verträglich, sprich dem Menschen gemäß sein soll. Man lernt: Ein unnützes Kraut oder gar ein Unkraut gibt es nicht in Theklasien - so der Hofname. Man muss nur wissen, was man daraus machen kann - und Thekla Raffezeder weiß viel.

Selbstversorger in der Stadt? Klar! "Nachhaltigkeit beginnt am Fensterbankerl."

Ihre Lehrjahre begannen 1986. Damals hatte die Kindergärtnerin und zweifache Mutter den Hof im oberösterreichischen Haibach erworben. Von nachhaltigem Wirtschaften, gar Selbstversorgung, hatte sie keine Ahnung. Es war die Zeit, als viele junge Menschen aufs Land zogen, um im Einklang mit der Natur zu leben. Heute verkauft sie ihre Erzeugnisse auf regionalen Bauernmärkten, gibt ihr Wissen in Workshops weiter, in denen sie zeigt, wie man Beete anlegt, einen Garten pflegt, was man aus Blüten, Früchten, Wurzeln machen kann. Auf Führungen erklärt sie Schulklassen und auch Erwachsenen, was in Wäldern und auf Wiesen wächst und warum es wichtig ist, diese Biotope zu erhalten.

Im Hof liegen Birkenzweige. "Die jungen Birkenblätter enthalten wertvolle Wirkstoffe", sagt sie, man könne sie im Salat, als Gemüse oder auch als Tee verwenden. In einer alten Badewanne liegt Wolle, von den eigenen Schafen. "Die muss ich waschen, dann mache ich Märchenwolle draus." Das sind mit Pflanzenfarben gefärbte Vliese für Bastelarbeiten, zum Filzen und Spinnen. Raffezeder ist mittlerweile eine bekannte und anerkannte Person in der Gegend um Haibach. Allein schafft sie die Arbeit am Hof nicht mehr. Junge Leute bewerben sich bei ihr für Praktika. "Bei mir haben schon viele mitgearbeitet", erzählt sie. Sie ist Mitglied beim WWOOF. Das bedeutet "We're Welcome On Organic Farms", dahinter steht ein weltweiter Zusammenschluss von Biobauernhöfen, auf denen Menschen gegen Kost und Logis mitarbeiten und lernen können, wie nachhaltiger Anbau funktioniert. Ein Punkt, an dem sich das Soziale und das Ökologische treffen. Derzeit packt ein Zivildiener mit an - so heißen in Österreich die Zivildienstleistenden. Neben Obstgärten, Beeten und Wiesen wollen Schafe, Ziegen und eine Hühnerschar, deren Zahl auf nunmehr drei Gockel und drei Hennen geschrumpft ist, versorgt werden. Der Fuchs gehört halt auch zur Natur.

Und weil ihre Philosophie so allumfassend ist, schlägt Raffezeder mühelos den Bogen von der Natur zur Kunst. In ihrer Werkstatt macht sie bunte Objekte aus Glas im Fusing-Verfahren. Deshalb stehen in ihrem Hofladen zwischen Marmeladen, Kräuterkosmetik, Sämereien und Seifen auch ihre Glasobjekte. Ein kleines Dorf für sich ist dieses Theklasien. Doch auch der Stadtbewohner kann Kräuter züchten, Obst und Gemüse anbauen . "Permakultur beginnt am Fensterbankerl", sagt sie.

Theklasien kann nach Terminvereinbarung besucht werden. Informationen, auch zu Workshops und Seminaren, unter www.theklasien.at

© SZ vom 18.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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