Pee Pee Boy:Geheimagent in Sachen Charme

In chinesischen Teehäusern werden Touristen mit einer kleinen Tonfigur konfrontiert. Das Männchen hilft beim Überprüfen der Teewassertemperatur - und zeigt dabei sein Zipfelchen.

Jochen Temsch

Die chinesische Teekultur ist an Raffinesse nicht zu übertreffen. Bereits vor 2000 Jahren entwickelten weise Kenner aus dem simplen Vorgang, Wasser über eine Handvoll Blätter zu kippen, eine komplizierte Geheimwissenschaft.

Pee Pee Boy China, Jochen Temsch

Der Pee Pee Boy strullert, wenn das Teewasser fertig ist.

(Foto: Foto: Jochen Temsch)

Die chinesischen Kaiser persönlich hüteten das rituelle Brühwissen. Teemeister verwandelten das grüne Gebräu mit Bambusbesen in ,,geschäumte Jade''. Und heutzutage pinkeln sie ihre Gäste an!

Touristen, die gruppenweise zu Pekings Sehenswürdigkeiten gelenkt werden, haben gute Chancen, in einem Teehaus zu landen. Dort werden sie in die Mysterien des anregenden Heißgetränks eingeführt. Eine streng dreinschauende Expertin leitet die Verkostung mit Duftbechern und Trinkschalen. Erst nach umständlichen Handgriffen darf man drei Schlucke auf Gesundheit, Glück und Wohlstand nehmen.

Die Meisterin ist ernst wie beim Leichenschmaus. Und dann sagt sie plötzlich: ,,Testen Temperatur mit Pee Pee Boy!'', schüttet heißes Wasser über eine kleine Tonfigur - und spritzt in die Runde. Höfliches Lachen der Touristen, dann begossenes Schweigen, man kramt nach Taschentüchern.

Der Pee Pee Boy also. Für umgerechnet 50 Cent gibt es ihn in China in jedem gut sortierten Ramschladen. Ein zehn Zentimeter großes Männchen, das sein Zipfelchen präsentiert.

Man legt es in kaltes Wasser, damit es sich vollsaugt. Gießt man heißes Wasser drüber, strullert es einen überraschend weiten Strahl. Der angebliche Zweck des Wasserabschlagens ist der Wärmecheck. Aber da eine Vorrichtung zum Feststellen, ob das Wasser richtig kocht, in etwa so sinnvoll ist wie eine Lampe, die anzeigt, ob das Grillfeuer anständig brennt, muss der Pee Pee Boy in Wahrheit eine ganz andere Mission erfüllen.

Wahrscheinlich hat die kommunistische Führung Chinas einen geheimen Ausschuss spaßbegabter Kader einberufen, der sich um die weltweite Verbreitung des Pinkelboys kümmert. Westliche Internet-Foren und YouTube-Filmer haben sich des Sujets bereits angenommen.

Olympia-Reisende werden die Männchen vollends en masse in ihre Heimatländer einschleusen. Der Pee Pee Boy ist ein Geheimagent in Sachen Charme, ein Werber für Sympathie, ein Botschafter des Humors: Er beweist, dass Chinesen auch lachen können.

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