Party-Hostel in Barcelona:Fiesta or Siesta

Hotel Generator Barcelona Spanien

Diese Unterkunft heißt Generator, und sie brummt tatsächlich. 500 zumeist junge Gäste gehen hier täglich ein und aus. Es gibt Party- und Ruheräume, preisgünstige Mehrbettzimmer und komfortable Suiten.

(Foto: Nikolas Koenig)

Anbieter wie Airbnb sind eine große Konkurrenz für Jugendherbergen. Mit besonderen Mottos versuchen sie, dagegen anzuhalten - wie ein Party-Hostel in Barcelona. Aber funktioniert das, schlafen und feiern in einem Haus? Ein Besuch.

Von Philipp Crone

Die Befindlichkeiten könnten nicht unterschiedlicher sein am Sonntagmorgen um 5.57 Uhr im Foyer des Generator-Hostels von Barcelona. Zwischen der Rezeption auf der einen Seite und der Lounge an der Treppe stehen und liegen 15 Gäste.

Drei junge Frauen haben es sich auf einem Lattenrost gemütlich gemacht und planen die Tour durch Barcelona, die bereits um sechs Uhr losgehen soll, indem sie abwechselnd auf Punkte des iPad-Displays vor ihnen deuten. Es wird ein langer Tag. Zwei weitere Frauen betreten das Hostel, wobei die eine Schwierigkeiten hat, die offene Tür entlang der Glasfassade zu finden. Sie muss sich drinnen erst einmal an eine Wand lehnen.

Zwei Jungs folgen, die vier verschwinden im Aufzug. Es war eine lange Nacht. Ein Mann mit Gitarrenkoffer läuft aus einem andere Aufzug und gibt seine Zimmerkarte ab, während ein anderer sichtlich angeschlagen versucht, den Zeitpunkt zum Auschecken an diesem Tag nach hinten zu verschieben.

Einchecken, abchecken, auschecken - das selbsternannte Party-Hostel Generator will mehr sein als eine Herberge: Klub, Treffpunkt, Lounge.

Funktioniert das denn? Ein Übernachtungshaus, in dem die Gäste mit Sprüchen wie "Sleeping is cheating" dazu aufgefordert werden, möglichst wenig zu schlafen?

Das gesamte Gebäude gleicht einem Computerspiel-Level. An jeder Ecke gibt es etwas anderes zu tun, mit Piktogrammen wird der Gast auf die verschiedenen Angebote hingewiesen: Bar und Party im Erdgeschoss, chillen und spielen im ersten Stock, die Hostelräume mit der spartanischen Einrichtung in den unteren Stockwerken, die Hotelzimmer ganz oben, mit Terrassen und Blick über die Stadt. Von außen wirkt das Generator mit seinen waagerechten Metallstreben tatsächlich wie ein gigantischer Motor. Es brummt, täglich gehen hier 500 Gäste ein und aus, sagt Hotelmanager Angel Baztarrica.

Bässe aus der Bar?

"Wir haben im März aufgemacht und im Juli schon fast die volle Auslastung von 19.400 Übernachtungen pro Monat erreicht", sagt er. Woran liegt das? Am Preis, an der Lage, am Konzept? Wahrscheinlich an allem zusammen.

Hotel Generator Barcelona Spanien

Hostel Generator Barcelona Spanien Hostel Generator Barcelona Spanien

(Foto: Nikolas Koenig)

Zwei der Gäste sind Manuel und Marco. Manuel, 24, dunkler Teint, Physikstudent mit zusammengebundenen langen Haaren, aus Dortmund, ist mit seinem schlaksigen Kumpel Moritz als Backpacker unterwegs. Die zwei stehen am Freitagabend an der Rezeption und verhandeln über den Preis. "Am Telefon vorhin waren es 20 Euro, und jetzt 26?" Man einigt sich auf 20. Die Preise sind hier nicht ganz übersichtlich, es gibt viele verschiedene. Von 13 bis 400 Euro die Nacht reicht die Spanne. 13 Euro die Nacht im Achterzimmer, 400 für eine in der riesigen Suite. Inbegriffen ist in beiden Fällen ein ruhiger Schlaf, denn zwischen der Partygesellschaft unten in der Bar und den Schlafstockwerken liegt noch die Chillzone in Stock eins, die alle Feier-Geräusche herunterdimmt. Auf den Zimmern sind die Bässe aus der Bar nicht einmal mehr zu erahnen.

Während Manuel über den Preis verhandelt, steht der Römer Marco vor dem Hostel und verhandelt mit einer jungen Dame aus England. Marco, 24, Jurastudent, kurze schwarze Haare, dünnes V-Shirt, steht vor dem Hostel und raucht. Er möchte die Dame samt ihrer fünf Begleiterinnen überreden, zusammen in die Diskothek Opium zu gehen. "Das ist der angesagte Klub hier." Die Damen wissen nicht so recht. Marco ist mit fünf Freunden hier, in einem Achterzimmer, "da ist vorhin noch ein Pärchen eingezogen, deren Sprache ich nicht zuordnen kann", sagt er und überredet die Engländerin wenigstens dazu, zunächst einmal einen Drink an der Hostel-Bar zu nehmen. "Andiamo!"

Manuel schleppt seinen Rucksack aufs Zimmer, die beiden haben Glück, oder Pech, je nachdem, wie man es sieht: Bislang sind sie alleine in dem Raum. Acht Betten, je eine Lampe, eine Steckdose und kostenloses Wlan, dazu ein Klo und eine Dusche. So sieht es im ersten Stock aus. Im siebten sind die Hotelzimmer, mit allem, was man für eine Partynacht und nichts, was man zum Wohnen braucht. Kein Schrank, dafür ein mannshoher Spiegel, kein Schreibtisch, dafür aber ein Ankleidelicht.

Marco hat Italien und England zusammengebracht, zu zwölft stehen sie in der Bar, der DJ nimmt um 23 Uhr seine Arbeit auf. Gin-Tonic-Pokale und Biergläser werden gestemmt. Weitere Frauen kommen herein, nehmen den Gratis-Cocktail entgegen, den es bei der Hawaiian-Nacht gibt. Hotelmanager Baztarrica sagt: "200 feiern meistens bei uns, 300 gehen aus." Um Mitternacht sind von den 200 allerdings erst 50 da, das Gratisgetränk scheint nicht sehr zu locken, denn ansonsten sind die Preise ähnlich wie überall, das Heineken kostet 3,50 Euro.

Aber Marco ist zufrieden. "The girls are hot." Und er muss nicht weggehen, um jemanden kennenzulernen. So sieht das auch Christopher, 24, aus Schweden. Er deutet auf den "Sleeping is cheating"-Spruch an einer der blanken Betonwände und sagt: "Ich war auch schon bei Generator in Berlin, 50 Euro für eine Nacht im Hotelzimmer, ganz zentral mit Balkon, das passt." Ein paar Gäste kommen noch dazu. Um zwei Uhr sind es 80, Marco spricht mittlerweile akzentfrei und ununterbrochen Englisch, während sein Freund Mühe hat, den Kopf aufrecht zu halten. Abschleppen oder einschlafen, diese Möglichkeiten gibt es hier heute noch.

"Viele Couchsurfer"

Samstagvormittag. Manche, die meisten, interessieren sich nicht besonders für das Ambiente in dieser Unterkunft. Das scheint ohnehin schwer zu sein, weil fast keiner den Blick je vom Display hebt. Der 26-jährige Thiago aus Rio sagt: "Ich war bislang in zehn verschiedenen Hostels, das hier ist das beste. Es hat so viel Platz." Platz wofür? "Um Frauen kennenzulernen." Er beobachtet zwei, die kichernd im Fotokasten ein Bild von sich machen. Das wird natürlich nicht mehr ausgedruckt vor Ort, sondern an die angegebene E-Mail-Adresse geschickt.

Gegenüber des Hostels hat Guillermo Sanz vor kurzem einen Verleih für Mopeds eröffnet. Die Hostelgäste sind seine besten Kunden. "Aber wir haben auch viele Couchsurfer." Also Touristen, die über das gleichnamige Internetportal eine Übernachtungsmöglichkeit bei privaten Gastgebern suchen. "Oder bei Airbnb und Hometrip", sagt der schlanke große Mann. "Das ist eine große Konkurrenz für die Hostels." Couchsurfer übernachten gratis. "Die Hostel-Ketten müssen sich deshalb mittlerweile etwas ausdenken, um ihre Gäste weiter anzulocken", sagt Sanz.

Riesen-WG mit Backen und Jenga-Spielen

Zum Beispiel Motto-Herbergen wie das Party-Hostel. Ein paar Straßen weiter ist das Hostel "Casa Gracia". Es liegt, wie auch das Generator, im Barviertel Gracia. Hier gibt man sich als Riesen-WG. Mit Gemeinschaftsküche, in der am Samstagnachmittag Cookies gebacken werden, natürlich mit Chillräumen, Wohnzimmer und gemeinsamen Aktionen. An diesem Nachmittag spielt ein Pärchen Jenga, drei Frauen ratschen auf der Terrasse neben einem jungen Mann, der Siesta hält.

"Fiesta or Siesta?", fragt ein Schild im Party-Hostel. Manuel und Moritz aus Dortmund diskutieren am Samstagabend. "Wir hätten auch lieber Couchsurfing gemacht, da trifft man auf Einheimische, was alles noch einfacher macht. Nur waren wir zu spät dran." Neben den beiden wird wieder der In-Club Opium angepriesen, eine Touristenfalle am Hafen. Das passiert einem Couchsurfer nicht.

Zentrale Orte, zentrale Lage, das ist eines der Generator-Prinzipien. Dazu eine besondere Umgebung und selbstverständlich Nachhaltigkeit. Eine Kooperation mit einem E-Roller-Verleih wird in der Lobby angepriesen, bei der Konkurrenz des Hostels Casa Gracia steht schon auf den Visitenkarten "Forca Green".

Ins Playstation-Hostel mit seiner Level-Optik und organisierter Freude am Abend? Oder ins Wohnzimmer-Hostel mit Spieleabend? Es ist ihnen egal, sagt Moritz, "wichtig ist eigentlich nur der Preis".

Barcelona Grafik

Barcelona Grafik

(Foto: SZ Grafik)

Informationen

Anreise: Flug mit Vueling von München nach Barcelona und zurück ab 200 Euro, von/bis Berlin ab 220 Euro, www.vueling.com; Transfer vom Flughafen ins Zentrum mit dem Bus, sechs Euro kostet eine einfache Fahrt, ca. 30 Minuten zum Platz Catalunya. Von dort mit der U-Bahn bis zur Haltestelle Diagonal. Der Zug vom Flughafen Barcelona (Aeropuerto de Barcelona) kostet 4 Euro. Züge fahren alle 30 Minuten vom Terminal 2 nach Barcelona Sants/Sants Estacio. Von dort mit der Metro bis Diagonal oder Verdaguer. Beide Stationen liegen in der Nähe des Hostels.

Übernachtung: Generator, Carrer de Corsega 377, 08037 Barcelona, Tel.: 0034/932 20 03 77, www.generatorhostels.com; Übernachtung im Achtbett-Zimmer im Schnitt für 30 Euro.

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