Kolumne „Hin und weg“:Bei eisigem Seewind den Hintern wärmen

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Sich wärmen bei eisigen Seewinden: Mit der überdimensionalen Wärmflasche wird die Ostseeküste vielleicht ganzjährig zur Coolcation-Destination. (Foto: Jonas Walzberg/dpa)

An der Ostsee macht eine riesige Wärmflasche den Strandurlaub auch im Winter angenehm.

Glosse von Stefan Fischer

Dieser Sommer hat einen neuen Reisetrend hervorgebracht: die Coolcation. Neu daran ist freilich nur der modische Begriff, der, das muss man zugestehen, jedoch sehr clever gewählt ist. Weil cool eben eine angenehme Kühle mit einer erstrebenswerten Lässigkeit verbindet. Dies mit der verheißungsvollen Vokabel vacation, also Urlaub, zu einem sofort auch in den deutschen Sprachgebrauch übernommenen Kofferwort verschmolzen, steigert das Urlaubsgefühl noch einmal erheblich.

Im Grunde besagt Coolcation jedoch wenig mehr, als dass niemand gezwungen ist, seine Sommerferien bei 40 Grad und mehr auf Kreta, Sizilien oder in Antalya zu verbringen. Und man sich vielleicht stattdessen überlegen sollte, sommers in – vergleichsweise – kühlere Urlaubsregionen zu reisen, also zum Beispiel nach Dänemark, Schottland oder in die Bretagne, wo das Thermometer verlässlich weniger als 30 Grad anzeigt, selbst im Juli und August. Die Tourismus-Werbung vieler Ost- und Nordsee-Anrainerregionen hat sich das Schlagwort von der Coolcation sofort angeeignet. Sie wittern Wachstum, denn die Hitze rund ums Mittelmeer wird zunehmend unverträglich. Tatsächlich wächst die Zahl deutscher Feriengäste etwa in Schweden, ohne dass deshalb allerdings gleich sämtliche Hotels auf Mallorca leer gefegt wären.

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Was Coolcation unterdessen nicht meint, ist ein Surfurlaub auf den Lofoten. Die norwegische Inselgruppe ist zwar ein großartiges Revier zum Wellenreiten, jedoch übersteigen die Wasser- und die Lufttemperatur 13 beziehungsweise 15 Grad kaum einmal. Auch Langlaufen und Hundeschlittenfahren in Lappland fällt nicht unter den Trend. Cool ist keinesfalls mit cold zu verwechseln.

Weshalb ein längerer Aufenthalt an der deutschen Ostseeküste im Sommer durchaus als Coolcation durchgeht. Im November allerdings nicht, so schnell schreitet der Klimawandel dann glücklicherweise doch nicht voran. Und so wird im Herbst in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern aus der angenehmen Kühle eine klamme Kälte, bei der man sich nicht mehr gerne an den Strand setzen oder legen möchte. Der Vorteil niedrigerer Temperaturen im Sommer verwandelt sich im Winterhalbjahr nach wie vor in einen Nachteil.

Den soll nun eine überdimensionierte Wärmflasche ausgleichen. Sie wird nicht mit heißem Wasser befüllt, sondern mit Strom beheizt. Der Verbrauch entspricht nach Angaben des Vereins Ostsee-Holstein-Tourismus, der diese Wärmflasche hat konstruieren lassen, dem eines Föhns. Mit dieser Energie wird das knallrote Ding auf knapp zehn Grad mehr als die jeweilige Außentemperatur erwärmt. Das Tolle an dieser fünf auf zwei Meter großen Wärmflasche ist, dass sie sich nicht nur eine einzige Person auf den Bauch legen kann, sondern ein bis zwei Dutzend Menschen darauf Platz finden, um sich bei eisigen Seewinden den Hintern wärmen zu lassen.

Den Winter über wird sie an verschiedenen Stränden Station machen, in Travemünde, Fehmarn, Timmendorfer Strand, Eutin, Plön, Heiligenhafen, Großenbrode, Scharbeutz und schließlich Kellenhusen. Auf diese Weise wird die Ostseeküste dann doch ganzjährig zur Coolcation-Destination, zum moderat temperierten Reiseziel also. Während sich die winterlichen Temperaturrekorde auf Mallorca oder den Kanaren mit jedem neuen Dezember unaufhaltsam der 30-Grad-Marke nähern.

Der Autor hat seinen nächsten Ostsee-Urlaub schon geplant. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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