Reiseziel Salalah in Oman:Wir kommen

Reiseziel Salalah in Oman: Die Strände von Salalah.

Die Strände von Salalah.

(Foto: Monika Maier-Albang)

In Salalah im Süden Omans leben die Menschen noch sehr traditionell. Nun wird die Stadt für Badetouristen aus Europa umgebaut - eine durchaus gewagte Öffnung.

Von Monika Maier-Albang

Bring uns ein Foto mit", hatten die Männer im Auto gefeixt, und es doch auch ernst gemeint. Klar, sie sind neugierig. Aber ein bisschen fuchst es den omanischen Fahrer und den ägyptischen Guide wohl auch, dass sie nicht sehen dürfen, was sich hinter der gelb abgeklebten Glasfront dieses bulligen Geschäftshauses abspielt. Vor Kurzem hat hier, in Salalahs Neustadt, das "Horizon"-Fitnesscenter eröffnet - mit einer Abteilung nur für Frauen. In Maskat, Omans Hauptstadt, wo sich längst Shopping-Malls als alternativloser Treffpunkt für junge Männer und Frauen etabliert haben, sind sie auch hier schon weiter. In Maskat trainieren Frauen seit ein paar Jahren. Aber Salalah, die Stadt tief im Süden, kannte beides bislang nicht. Hier geht ja auch keine Frau ohne ihre bodenlange schwarze Abaya aus dem Haus, obwohl sie das dürfte. Es gehört sich einfach nicht.

Also ein Foto? Nein, ein Foto muss nicht sein. Wer möchte sich schon ablichten lassen beim Schwitzen? Und die Bilder sähen, zumindest für europäische Betrachter, auch banal aus: Frauen im Jogging-Dress, gerne auch in Pink, die Haare kopftuchlos zum Zopf gebunden. Frauen, die am Laufband gehen, Gewichte heben, Zumba tanzen. Frauen, die nach dem Training in die Sauna gehen und danach noch kurz in einer Nische nebendran beten. Trainiert wird in einem fensterlosen Zimmer, das zur Neutralisierung der Gerüche Weihrauchschwaden durchziehen.

Mit dem Südwestmonsun kommen die Gäste aus den Emiraten. Sie lieben den Regen

Mit einem Bild ließe sich die Bedeutung dieses Ortes auch nicht fassen. Man muss erklären, warum das hier alles andere als banal ist: Weil es in Salalah wenig solcher Räume gibt, in denen Frauen sich unbeobachtet von der Familie und außerhalb der hoch ummauerten Häuser bewegen können. Einige arbeiten mittlerweile, am Flughafen, in Ministerien, zaghaft auch in der freien Wirtschaft. Aber einfach mal allein rausgehen, mit Freundinnen in den Bergen campen, kleine Freiheiten eben - das ist noch undenkbar. Sie gehe gern ins Fitness-Studio, sagt Amira, die Einzige, die Englisch spricht, die sich aber geniert, ihren Nachnamen preiszugeben: "Ich kann hier Freundschaften knüpfen." Die meisten Frauen würden von ihren Ehemännern gebracht und wieder abgeholt, erzählt die Trainerin, Marites Santos. Aber rechtfertigen muss sich zumindest keine für den Besuch. Denn der Zweck des Aufenthalts ist denkbar unanstößig: Gewicht verlieren.

Salalah also ist eine Stadt im Umbruch, in einem Land, das sich schon vor Jahren rasant zu wandeln begonnen hat. Vor einer Generation noch brachten Bauern und Beduinen ihre Waren mit Kamelen und Eseln zum Markt. Heute treiben die Jebali, die Menschen aus dem Dhofar-Gebirge, ihre Kamele in Toyota-Pick-ups vor sich her. Und überall wird gebaut: die Straßen vierspurig, mindestens, die Häuser kleine Paläste, funkelnd bei Nacht. Arm war Salalah nie, die Stadt der Händler, von der aus man Pferde und Weihrauch verschiffte. Nicht weit entfernt, in den Bergen, liegt Wadi Dawkah, eine unwirtliche Steinwüste, in der sich die struppigen Weihrauchbäume behaupten. Einst sicherte das Harz der empfindsamen Gewächse den Wohlstand. Heute verdient man besser am Tourismus.

Von Mitte Juli bis Mitte September ist in Salalah "Khareef" - die Zeit des Südwestmonsuns, Geldmehrungszeit. Während Khareef drängen Nebelschwaden an die Hänge des Dhofar, es nieselt, die Bäume werden grün und das Gras wächst kniehoch. Aus der ganzen Arabischen Halbinsel zieht es dann Urlauber hierher. Die Kinder werden im Wadi Darbat, wo Wasserfälle die Felsen hinunterstürzen, in Tretboote gesetzt. Die Familien picknicken unter dornenbewehrten Bäumen. Die meisten Gäste kommen im eigenen Auto, über Maskat oder entlang der Wüste Rub al Khali, durch die früher die Weihrauchkarawanen zogen. Ein Teil landet auch am neuen, blitzsauberen Flughafen von Salalah. Sobald die Gäste da sind, um den Regen willkommen zu heißen, stauen sich die Autos durch die Stadt. Viele Einheimische ziehen zu dieser Zeit in Zelte um und vermieten ihre Häuser, gerne mal für 400 Euro pro Tag.

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Und dann ist Oktober, und alles wird anders. Der Nieselregen geht, die Hitze kommt, das Meer beruhigt sich langsam, das Gras wird abgeweidet von gewaltigen Kamelherden, die durchs Wadi Darbat ziehen - und von Kühen, auf die die Einheimischen besonders stolz sind, weil es nirgends sonst auf der Arabischen Halbinsel so viele freilaufende Kühe gebe. Bis vor Kurzem war mit Beginn der Trockenzeit auch die touristische Saison in Salalah vorbei. Doch die Stadt soll, wie es im Fachjargon heißt, eine Ganzjahresdestination werden. Seit 2013 gibt es Charterflüge aus Deutschland, seit vorigem Jahr auch aus Italien. Die Regierung Omans will für die Zeit nach dem Öl gerüstet sein, deshalb umwirbt das Land Gäste aus Europa. Die wilde Bergwelt, die Wüsten, die Wärme, dazu politische Stabilität trotz des Bürgerkriegs im Nachbarland Jemen - all das hat die Besucherzahlen steigen lassen. Aus Deutschland kamen nach Angaben des omanischen Tourismusministeriums im vergangenen Jahr 60 000 Gäste, Kreuzfahrer nicht mitgerechnet - rund acht Prozent mehr als 2013. Nun soll eine weitere Attraktion hinzukommen: die weiten, weißen Strände von Salalah Beach.

Das soll nicht Dubai werden

Rund 30 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt entsteht gerade dieser Komplex aus sieben Hotelanlagen - ein Satellit inmitten der sandgelben Ebene. Zwei Hotels, das Rotana-Resort und das kleinere Juweira Boutique Hotel mit insgesamt rund 700 Zimmern existieren bereits. Ein drittes, Al Fanar, soll im Dezember eröffnen. Entwickelt wurde das Projekt von einem staatlichen Unternehmen, Omran, gemeinsam mit der Orascom-Gruppe des Ägypters Samih Sawiris nach dem Vorbild von El Gouna, der Touristenstadt am Roten Meer. Auch Salalah Beach ist durchzogen von künstlichen Wasserstraßen. Von der Marina aus starten Ausflugsbote zu Schnorcheltouren. Nahe der Küste gibt es große Sardinenschwärme, die Delfine anziehen. Frühestens in fünf Jahren soll Salalah Beach fertig sein, dann wird man auch hier in der Wüste Golf spielen und auf dem Meer Jetski fahren können. Noch allerdings sind die Tage wie auch die Abende beschaulich. Die Gäste gehen essen, liegen am Pool oder unter Palmen am Strand. Am Abend geht man noch ein bisschen spazieren entlang den Wasserstraßen und verschwindet dann aufs Zimmer; es gibt ZDF.

Salalah Beach wird im Land als Teil der Öffnung Omans zur westlichen Welt begriffen - allerdings will man dabei nicht Dubai kopieren. Neubauten sind in Oman auf zehn Stockwerke begrenzt. An den Strand wurden zwar Kokospalmen gepflanzt, aber man hat keine künstlichen Inseln ins Meer gesetzt. Im Rotana-Resort wird Alkohol ausgeschenkt, aber, sagt Hotelmanager Jad Boulds, nicht an hohen muslimischen Festtagen. Und auch wenn die Gäste in Shorts durchs Resort streifen, beim Ausflug zum Weihrauch-Souk bitten die Guides darum, nicht schulter- und kniefrei in die Stadt zu gehen.

Auch die Altstadt von Salalah wird derzeit umgeformt: Der Weihrauch-Souk in Strandnähe muss in die Neustadt umziehen; der Stadtverwaltung erschien die Ladenzeile aus den 1970er-Jahren zu schäbig. Direkt am Strand, bei Al-Hafa, wurden Wohnhäuser abgerissen; in die erste Reihe, mit Blick aufs Meer, sollen Hotels kommen. Die Straße am Meer, sie ist, wie die Stadt selbst, im Schwebezustand. Bislang war sie einer der wenigen Orte in Salalah, die abends belebt sind. Mit fliegenden Händlern und flanierenden Familien. Ein paar Besucher sind geblieben: Männer aus Bangladesch werfen Angelschnüre in die Brandung, Omaner sitzen neben ihren teuren Autos im Klappstuhl am Straßenrand und genießen den Sonnenuntergang. Amira, die junge Frau aus dem Fitness-Studio, hat hier gewohnt. Sie hat eine Entschädigung bekommen und eine neue Wohnung in der Neustadt, die ihr gefällt und wo, wie sie sagt, das Klima besser sei. Nicht so feucht wie am Meer. Nur die frühmorgendlichen Spaziergänge am Strand, sagt sie, "die fehlen mir". Ein Satz wie dieser ist dann aber auch schon das Höchstmaß an Kritik an einer staatlichen Maßnahme, den man zu hören bekommt.

Zwei Welten am selben Ort. Und bislang bleiben sie auch getrennt

Omans Herrscher, Sultan Qabus ibn Said, hat seinem Land eine behutsame Öffnung verordnet. Und die Menschen folgen ihm. Der Monarch steuert einen Weg, der die Traditionen wahren, aber zugleich eine Verbindung zum Westen ermöglichen soll. Im Rotana-Resort ist diese Koexistenz im Oktober, der Übergangszeit zwischen Monsun und Trockenzeit, in Form eines interessanten Gäste-Mixes zu beobachten. Zu dieser Zeit sind die letzten einheimischen Gäste im Hotel, und so stehen am Buffet Urlauberinnen mit kurzen Röcken neben jenen im langen Gewand. Man beäugt sich, hält freundliche Distanz. "Meist sind es die Deutschen, die versuchen, Kontakt aufzunehmen. Über die Kinder etwa", sagt Hotelmanager Boulds, ein gebürtiger Libanese, der lange in Kanada gelebt hat. Aber über ein Lächeln gehe der Kontakt selten hinaus. Die meisten Omaner sprechen nach wie vor schlecht Englisch. Die zwei Welten am selben Ort, noch bleiben sie getrennt.

Ob sich das ändern wird, ist schwer zu sagen. Selbst Menschen, die als Gastarbeiter seit Jahren im Land leben, sagen, dass sie kaum Kontakt, gar Freundschaften mit Einheimischen aufbauen können. Den Service in den Hotels machen ohnehin andere: Frauen aus Afrika und von den Philippinen, Männer aus Bangladesch und Indien. Die Gästeführer sind häufig Ägypter, die in Oman Arbeitsasyl gefunden haben, seit in ihrem Land der Tourismus eingebrochen ist. Vielmehr als die Gäste, die für eine oder zwei Wochen kommen und dann wieder gehen, ist es diese Parallelwelt der Expats, der dauerhaft im Land lebenden Ausländer, die auf das Leben der Omaner abfärbt. Im einzigen Club Salalahs abseits der Hotels, dem Oasis, gehen auch Omaner essen. Und in den Reitstall von Jo-Ann Mulder, einer Südafrikanerin, kommen immer mehr einheimische Frauen, die den Umgang mit Pferden lernen wollen.

An den Strand, der nur zehn Minuten entfernt liegt und über den sie mit Touristen durch die Brandung galoppiert, geht Mulder mit ihnen allerdings selten. "Die Frauen sorgen sich um ihren guten Ruf. Sie wollen nicht im Sattel gesehen werden." Demnächst will sie den Reitplatz, der inmitten der Stadt zwischen Kokosplantage und Mangobäumen liegt, blickdicht verkleiden. So ganz lassen sich Welten dann doch nicht mehr trennen.

Informationen

Anreise: Oman Air fliegt täglich von Frankfurt und München über Maskat nach Salalah, hin und zurück ab 730 Euro, www.omanair.com.

Reisearrangement: Der Reiseveranstalter FTI hat das Salalah Rotana Resort im Programm. Eine Woche im DZ inkl. Frühstück und Flug zum Beispiel ab/bis München kosten im Dezember ab 711 Euro pro Person, zwei Wochen ab 1122 Euro pro Person. In Salalah kann man Ausflüge unternehmen ins Wadi Darbat, an einer Delfinsafari oder einer Stadtrundfahrt teilnehmen. Buchbar sind die Angebote über www.fti.de, die FTI-Hotline 0 89/7 10 45 14 98 und Reisebüros.

Weitere Auskünfte: www.omantourism.de. Wer in Salalah reiten möchte: Jo-Anne Moulders Reitstall ist auf Facebook unter "HorseRiding Salalah" zu finden, Tel.: 0 09 68/92 65 79 78.

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