Northern Territory:Vom Süden ins Herz des Roten Kontinents

1500 Kilometer sind es von Port Augusta durch Gebirge und Wüste bis zum Ayers Rock, dem Wahrzeichen Australiens.

Angelika Jung-Hüttl

1100 Kilometer sind es von Port Augusta an der Südküste bis zum berühmten Ayers Rock in der Mitte Australiens auf dem eintönigen, geteerten Stuart Highway. Mit 1500 Kilometern ein ganzes Stück länger, aber wesentlich abenteuerlicher ist der Weg durch das Urgebirge der Flinders Range, vorbei am Lake Eyre, einem der größten Salzseen der Erde, dann auf der Piste des Oodnadatta-Track durch die heiße Steinwüste Richtung Ayers Rock. Auf dieser Strecke wurde das Innere des roten Kontinents vor etwa 150 Jahren erschlossen. Die Eisenbahnlinie des legendären Ghan führt hier entlang, ebenso die alte Telegraphenleitung.

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Ziel aller Sehnsüchte: Ayers Rock

(Foto: Foto: Angelika Jung-Hüttl)

Unterwegs trifft der Reisende auf urige Pubs, verlassene Stationshäuser, leidenschaftliche Piloten, ausgebrannte Raketenstufen, Scharen von Kakadus und Kängurus, klare Quellen und schließlich Massen von Japanern, Europäern und Amerikanern, die alle Uluru - so nennen die Aborigines, die Ureinwohner Australiens, den Ayers Rock - besichtigen wollen.

Station 1: Im Urgebirge der Flinders Range

Nur mit dem Jeep ist das Arkaroola Tal zu erkunden.

Offroad durch das Arkaroola Sanctuary

Offroad durch das Arkaroola Sanctuary

(Foto: Foto: Angelika Jung-Hüttl)

Kim setzt den speckigen breitkrempigen Lederhut auf die strohblonden Haare und pfeift durch die Zähne. Los geht´s. Zehn Leute kraxeln auf die Ladefläche des Jeeps, lassen sich dort auf Holzbänken nieder und ziehen die Sicherheitsgurte fest. Obwohl Kim vorsichtig über die holprigen, steilen Pisten fährt, werden die Passagiere kräftig durchgeschüttelt. Für sie geht es auf der Ridgetop-Tour, einer 42 Kilometer langen Offroad-Strecke, durch das Arkaroola Sanctuary.

Dieses kleine, privat geführte Naturschutzgebiet liegt im Norden der Flinders Range in einer der ältesten Landschaften der Erde. Die Berge sind bis 1170 Meter hoch und wild zerklüftet. Eukalyptusbäume und unzählige Polster aus Stachelkopfgras setzen graugrüne Akzente auf dem roten Urgestein.

"Das sind die Schlafstätten der Kängurus", sagt Kim und zeigt auf ein eingedrücktes Graspolster. Ein Tourteilnehmer setzt sich auf die Kuhle, springt aber schnell wieder auf. Die Halme stechen schmerzhaft in die Haut. Die Kängurus sind offenbar weniger empfindlich. Auch der schroffe, steinige Boden ist für die Springer auf zwei Beinen kein Problem. Behende und sicher schnellen sie Satz für Satz durch die unwegsame Landschaft. Ziel der Fahrt ist der Gipfel des etwa 900 Meter hohen Mount Painter. Von dort aus hat man einen weiten Blick über die Bergketten in die flache Wüste hinaus bis zur weiß schimmernden Salzfläche des ausgetrockneten Lake Fromme.

Auf dem Weg zurück erzählt Kim die Legende der Aborigines von Arkaroo, der Riesenschlange, die an einem heißen Sommertag den Lake Fromme leergetrunken haben soll. Als sie dann in die Flinders Range kroch, um die Quellen dort zu speisen, schürfte sie mit ihrem gewaltigen Körper ein Tal aus, das Arkaroola Tal.

Station 2: Vorsicht! Kängurus auf der Landepiste

Blick vom Flugzeug auf die Salzseen

"Sie ist nicht mehr ganz jung", sagt Doug, "sie stammt aus dem Jahr 1927 - und dafür schaut sie doch noch sehr gut aus." Doug ist der Besitzer von Arkaroola und gleichzeitig leidenschaftlicher Pilot. Mit einem Augenzwinkern stellt er seinen Fluggästen das kleine, silbergraue Flugzeug vor - als wäre es eine alte Dame. Die Maschine steht da wie frisch poliert: die Stahlkanten am Holzpropeller blitzen in der Sonne. Die Seilzüge für die Trimmung der Ruder glänzen.

Känguru am Wasser

Känguru am Wasser

(Foto: Foto: ACES, Illinois)

Die Reisenden sind zunächst skeptisch. Trotzdem zwängen sie sich auf die harten Sitze in die kleine Kabine aus Plexiglas. Doug blickt noch einmal auf die Instrumente im Cockpit, prüft die Funktion der Landeklappen an den Tragflächen und testet die Beweglichkeit des Heckruders. Dann gibt er Gas. Die Maschine heult auf und los geht`s. Das kleine Flugzeug, gleitet erstaunlich sanft über die holprige Schotterpiste hinaus und steigt hinauf in den blauen Himmel des Spätnachmittags.

Die wenigen Sträucher in dieser staubig roten Landschaft des australischen Outback werden rasch kleiner. Es geht hinaus über die schroffen Gipfel der Flinders Range auf das ausgetrocknete Seebecken des Lake Fromme zu. Nur in den engsten Tälern des Gebirges sind Wasserlöcher zu sehen. Sie glänzen silbern in der Sonne. Ein paar staubige Pisten führen durch die menschenleere Gegend. "Bergleute haben die Fahrwege angelegt, als sie in dieser Wildnis nach Lagerstätten suchten", erzählt Doug.

Doug dreht steil ab und steuert auf den Lake Fromme zu. Vom Flugzeug aus gleicht das ausgetrocknete Seebecken einem riesigen, weißen Bettlaken mit schmutzig grauen Flecken. Überall dort, wo der Wind Staub auf die weiße Fläche geweht hat, ist das Salz von grauen Schlieren überzogen. Die Sandinseln inmitten des Sees leuchten in der Abendsonne wie gelbrote Edelsteine.

Eine halbe Stunde dauert der Flug zurück zur Landepiste. Doug zieht zuerst eine Schleife über der Bahn, um die Kängurus zu vertreiben, die sich dort gerne in der Dämmerung aufhalten. Ein Zusammenstoß wäre fatal. Fahrwerk und bespannter Rahmen des alten, leicht gebauten Flugzeugs würden dies nicht aushalten. Doch es droht keine Gefahr. Nur ein leichter Ruck geht beim Aufsetzen durch die Maschine. Roter Staub wirbelt unter den Rädern auf. Die Wolke steht minutenlang in der Luft. Erst nachdem Doug das kleine Flugzeug in den Hangar geschoben hat, ist es über der Piste wieder klar.

Station 3: Auf dem Oodnadatta-Track

Ruinen erinnern an den Kohleabbau und die Bahnlinie

Beim Aufbruch in Arkaroola um elf Uhr morgens misst das Thermometer bereits 27 Grad Celsius im Schatten. Und die Frühlingssonne wird die Quecksilbersäule im Lauf des Tages über 30 Grad Celsius ansteigen lassen. Glücklich, wer eine Klimaanlage im Auto hat.

Bei Lyndhurst geht es vorbei an riesigen Kohlehalden. Hier liegt einer der größten Kohletagebaue der Erde. In Marree, einem Wüstennest mit etwa 100 Einwohnern, stehen noch ein paar verrostete Waggons des alten Ghan, der Zentralaustralischen Eisenbahnlinie. Sie verkehrte zwischen 1878 und 1980 zwischen Adelaide an der Südküste und dem Ort Oodnadatta, schließlich bis Alice Springs. Ihren Namen hat sie von den afghanischen Kameltreibern, welche die Bahnstationen während des Baus der Linie mit Lebensmitteln versorgten. Auf der Weiterfahrt trifft man immer wieder auf Gleisstrecken, Holzschwellen, zerfallene Stationshäuser und Wassertanks der legendären Bahnlinie.

Alte Lady: Doug betankt seine Maschine.

Alte Lady: Doug betankt seine Maschine.

(Foto: Foto: Angelika Jung-Hüttl)

Hinter Marree beginnt der Oodnadatta-Track. Die Piste bis Marla am Stuart Highway ist genau 621 Kilometer lang. Die Luft flimmert in der Hitze. Am Horizont ist ein weißer Strich zu erkennen - die Salzdecke des Lake Eyre, eines der größten Salzseen der Erde. Der Australien-Entdecker John Macdouall Stuart versuchte Mitte des 19. Jahrhunderts entlang dieser Strecke von Süden aus den Kontinent zu durchqueren. Er unternahm zwei Versuche und erreichte beide Male nur das Zentrum Australiens. Stuart hat diese Strecke gewählt, weil er hier zuverlässig auf Quellen stieß. Den Aborigines ist der Weg schon seit Jahrtausenden bekannt. Nach einem Wort aus ihrem Sprachschatz wird er heute benannt: Oodnadatta - die Blüte des Mulgabaumes (eine Casuarinenart, die man überall in den Halbwüsten Australiens findet).

Station 4: Uraltes, frisches Wasser

Mineralhügel eines unterirdischen Speichers

Die Quellen entlang des Oodnadatta-Tracks - die Mound Springs - machten es erst möglich, eine Bahnstrecke durch die Wüste zu legen. Sie lieferten das Wasser, das nötig war, um die Dampflokomotiven betreiben zu können.

Woher kommt aber das viele Wasser mitten in der Wüste? Es stammt aus dem sogenannten Great Artesian Basin, einem gigantischen unterirdischen Wasserspeicher, der sich in den Schichten unter dem Lake Eyre und den angrenzenden Wüsten verbirgt. Er wird gespeist von den Regenfällen an den Berghängen der Great Dividing Range, einem Gebirgszug nahe der Ostküste des riesigen Kontinents.

Das Wasser braucht Jahrtausende, um die Hunderte von Kilometern bis zu den Quellen entlang des Oodnadatta-Tracks zurück zu legen. Dort, wo es zutage tritt, kühlt es sich ab und scheidet dabei Mineralien ab. Diese bilden eine festen Ring um die Quellen. Im Lauf von Jahrhunderten wuchsen diese Ringe zu Hügeln heran - und so kommt es, dass die Quellbecken heute am höchsten Punkt von Hügeln liegen.

Flug in die Dämmerung: Sandinsel im Lake Fromme.

Flug in die Dämmerung: Sandinsel im Lake Fromme.

(Foto: Foto: Angelika Jung-Hüttl)

Station 5: Eine Kneipe in der Wüste

In William Creek gibt es sieben Einwohner, Staub und Bier

William Creek - etwa 70 Kilometer von den großen Quellhügeln entfernt - nennt sich selbst "die kleinste Stadt Südaustraliens". Dieser Ort mitten im heißen, australischen Outback besteht aus ein paar mächtigen Bäumen, in denen sich von Zeit zu Zeit Schwärme von weißen, kreischenden Kakadus niederlassen, aus einer sandigen Landepiste und nur einem grünen Wellblechhaus. Es ist Tankstelle, Flughafen, Unterkunft und Restaurant zugleich und hat sieben Einwohner - den Besitzer Malcolm, seinen Sohn, dessen Frau und zwei kleine Mädchen, die Enkelinnen von Mal (wie Malcolm kurz gerufen wird).

Die Tür knarzt laut beim Öffnen. Ein kräftiger Windstoß treibt eine Menge Sand ins Haus. Doch das macht nichts. Denn die Besucher stehen zunächst in einem etwas verwahrlosten Gang. Erst die nächste Tür führt in den Gastraum, eine auf den ersten Blick völlig heruntergekommene Bar. Die Wände sind mit Aufklebern und Visitenkarten aus aller Welt gepflastert, von der Decke hängt die Mumie einer Wüstenratte gleich neben einer braunen ausgeleierten Unterhose und einem Büstenhalter, der selbst Dolly Buster noch um einige Nummern zu groß sein dürfte.

Doch der Tresen ist blank poliert - und das Bier ist frisch und kühl. "Das mögen die Leute", sagt Mal, "nicht nur das Bier, auch den verstaubten Laden". Er grinst dabei übers ganze Gesicht. Wie lebt sich´s soweit draußen in der Wüste? "Nicht schlecht", meint die Frau. "Man hat schon, was man braucht." Einen Arzt zum Beispiel. Als ihre kleine Tochter zur Welt kam, wurde sie von den "Flying doctors", den fliegenden Ärzten, hier abgeholt und 700 Kilometer weit nach Adelaide ins Krankenhaus gebracht.

In William Creek gibt es für die Touristen ein außergewöhnliches Freilichtmuseum. Es liegt gleich neben der ersten, mit Solarstrom betriebenen Telefonzelle der Welt (errichtet 1987) gegenüber dem Wellblechhaus. Alte Karren stehen dort herum, eine Dampfmaschine - und eine ausgebrannte Raketenstufe. "Die stammt noch aus den Siebziger Jahren, als die Engländer ein Stück von hier in Woomera eine Raketenbasis einrichten wollten", erzählt Mal. "Damit haben sie einen Satelliten ins All geschossen - und das kam nicht weit von hier wieder runter."

Verlassen: Ein Grab und die Stationsruine im Hintergrund erinnern an die Bahnlinie.

Verlassen: Ein Grab und die Stationsruine im Hintergrund erinnern an die Bahnlinie.

(Foto: Foto: Angelika Jung-Hüttl)

Eigentlich sollte es von William Creek aus auf der Straße nach Westen zum Stuart Highway in die bekannte Opalsucherstadt Cooberpeedy gehen. Doch ein Regenschauer irgendwo über der Halbwüste setzt die Piste unter Wasser. "Ich würde da nicht unbedingt fahren", rät Mal, "der sonst so harte Boden ist dort jetzt butterweich. Da kann auch ein Allrad stecken bleiben."

Station 6: Blitze über dem Ayers Rock

Der rote Fels ist eines der bedeutendsten Heiligtümer der Aborigines.

Zwei Tage dauert die Fahrt von William Creek zum Ayers Rock. Die Piste endet in Marla. Von dort aus geht es auf dem geteerten Stuart Highway weiter. Nun ist es vorbei mit der Einsamkeit der Wüste.

Im Ayers Rock Resort, einem Hoteldorf am Rand des Ayers Rock Nationalparks, ist kaum ein Zimmer frei. Gruppenweise tummeln sich Japaner, Europäer und Amerikaner im Besucherzentrum, um Souvenirs zu kaufen und die Sonnenaufgangs- und -untergangszeiten zu erfragen. Dann soll er am schönsten sein, der 348 Meter hohe, rote Riesenfelsen mitten in der flachen Wüste. Man kann ihn umwandern oder mit dem Auto umfahren. Man kann ihn auch besteigen. Doch das sehen die Aborigines nicht besonders gern. Der Fels, den sie Uluru nennen, ist eines ihrer wichtigsten Heiligtümer.

Weder in der Morgen- noch in der Abenddämmerung präsentiert sich Uluru so dramatisch wie tagsüber während eines Gewitters, wenn dunkle Wolken über ihn hinwegziehen, aus denen helle Blitze zucken. Die starken Regenfälle färben den Fels violettrot und lassen Sturzbäche über seinen Rücken rinnen. Der Staub wird aus der Luft gewaschen und es riecht intensiv nach feuchter Erde. Uluru wird zu einem magischen Ort.

Reiseinformationen

Wer auf eigene Faust diese Strecke durch Australien reisen will, kann bei Australien-Reiseveranstaltern in Deutschland buchen. Viel Erfahrung mit dem roten Kontinent als Reiseland hat FTI-Touristik in München (FTI-Katalogbestellung).

Touristen-Information in pink: Das Roadhouse.

Touristen-Information in pink: Das Roadhouse.

(Foto: Foto: Angelika Jung-Hüttl)

Zum Fahrzeug: Wer das Naturschutzgebiet Arkaroola selbstständig mit dem Auto erkunden will, braucht ein Allradfahrzeug, möglichst einen Jeep. Der Oodnadatta-Track ist zwar so gut ausgebaut und präpariert, dass man ihn auch mit einem normalen Pkw fahren könnte. Sicherer ist allerdings ein Allrad-Auto, falls man doch auf feuchte, schlammige Streckenabschnitte stößt oder nach einem unerwarteten starken Regenguss gar ein Flusstal, das Wasser führt, durchqueren muss.

Unterkünfte: Arkaroola ist ein privat geführtes Naturschutzgebiet im Norden der Flinders Range, mit Lodge (Zimmer unterschiedlicher Kategorien), Campingplatz und Restaurant. Man erreicht es von Port Augusta aus auf der Teerstraße über Quorn, Hawker, Leigh Creek und Coopley. In Coopley zweigt man ab auf die Piste Richtung Osten, auf der man nach etwa 125 Kilometer Arkaroola erreicht. Außer der Ridgetop Tour kann man auch selbst mit Allradfahrzeugen Touren machen - zum Beispiel zu Wasserlöchern, wo morgens und abends die Kängurus trinken. Von dort aus werden auch Rundflüge angeboten.

William Creek: In der Kneipe gibt es immer gut gekühltes Bier. Man kann dort auch essen (eher einfache Kost) und übernachten. Die Zimmer (mit notdürftig abgegrenztem Bad und WC) sind allerdings mit ziemlich abgewohnten Möbeln ausgestattet. Doch die Betten sind sauber. Es gibt auch einen Campingplatz.

Die blauen Quellen speisen sich aus einem unterirdischen Wasserspeicher.

Die blauen Quellen speisen sich aus einem unterirdischen Wasserspeicher.

(Foto: Foto: Angelika Jung-Hüttl)
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