Nordafrika:Durch Marokkos Königsstädte

Schlangenbeschwörer, Minztee in Gläsern, Prunk hinter dicken Mauern und Alltag in engen Gassen - auf einer Fahrt durch die vier Königsstädte entfaltet sich in Marokko die ganze Pracht Arabiens.

28 Bilder

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

1 / 28

Seit langem residierten die Sultane und später Könige Marokkos abwechselnd in mehreren Städten des Landes. Die älteste der vier Königsstädte ist Fès, 793 nach Christus gegründet und in den Ausläufern des Mittleren-Atlas-Gebirges im Norden des Landes gelegen.

Bis heute gilt Fès als die kulturelle und geistige Metropole Marokkos. Auf einem Spaziergang durch die engen Altstadtgassen taucht der Besucher mit jedem Schritt tiefer in das Alltagsleben der Königsstadt ein.

"Jedes Stadviertel benötigt fünf Einrichtungen", zählt unser Führer Azdin auf: "Eine Moschee, einen Hammam, eine Koranschule, einen Brunnen ...

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

2 / 28

... und eine Bäckerei." Die Altstadt von Fès bestehe aus 320 solcher Viertel, erklärt der ausweisbewehrte "official guide". "Do you understand me, please?", versichert Azdin sich und genießt das Staunen seiner Gruppe.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

3 / 28

Für einen Dirham (10 Cent) darf man bei den Brotfladen zugreifen.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

4 / 28

Jede Tour durch die Altstadt von Fès führt zu den Werkstätten der Färber. Nach jahrhundertealten Methoden werden die Häute von Ziegen und Rindern von Hand in riesigen Bottichen gegerbt und gefärbt, wegen der ätzenden Laugen eine stark gesundheitsschädliche Arbeit.

Der Geruch beißt sofort in der Nase. Von den Verkaufsräumen der Teppichhändler aus beobachten Reisegruppen die Plackerei, einige halten sich Bündel frischer Pfefferminze unter die Nase.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

5 / 28

Ein "Whiskey Marocaine" ist eigentlich kochend heißer Minztee, und so süß, dass einem das Blut in den Kopf schießt. Im Hintergrund läuft Arab-Pop auf dem el-Hedim-Platz in Meknès, Cheb Khaled schmachtet nach Sahra und Aicha. Eine Handvoll Hungriger versorgt sich am Grill-Imbiss mit Würstchen und Eier-Kartoffel-Broten - klingt deutsch, ist aber typisch marokkanisch.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

6 / 28

Das Leben in der kleinsten der vier Königsstädte verläuft beschaulich. Wie sehr sie die unaufgeregte Kulisse ein paar Tage später in Marrakesch vermissen werden, ahnen die meisten Meknès-Besucher nicht.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

7 / 28

Eine Runde auf dem königlichen Golfplatz, der sich hinter kilometerlangen Mauern in Palastnähe erstreckt, dürfte den Meisten verwehrt bleiben. Unter dem Alawidensultan Mulai Ismail (1672-1727) wurde Meknès zur Hauptstadt erhoben und stark ausgebaut. Nach seinem Tod bekam für eine Zeitlang wieder Fès den Zuschlag als Hauptstadt.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

8 / 28

Doch auch das verträumte Meknès liegt auf der Route vieler Touristen. Besonders bei Studiosus-Gruppen scheint die im Vergleich zu Fès gut überschaubare Medina hoch im Kurs zu stehen.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

9 / 28

Wo Touristen sind, dürfen die Wasserverkäufer nicht fehlen. Den Durst aus Ziegenschlauch und Zinnbecher zu stillen, ist nicht jedermanns Sache. Aber fünf bis zehn Dirham pro Foto sind den Männern in den traditionellen Kostümen allemal sicher.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

10 / 28

Im Mausoleum des allmächtigen Moulay Ismael (1672-1727) ist es eine italienische Reisegruppe, die vor dem Allerheiligsten zwar brav die Schuhe auszieht, dann aber ein Absperrgitter einfach beiseite räumt, um einen Blick auf den Sarg des Größenwahnsinnigen, der von einer Palastanlage von Meknès bis Marrakesch träumte, zu erhaschen: "Man kann es ja mal probieren."

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

11 / 28

Kein Touristenspektakel: Kurz vor Sonnenuntergang verwandelt sich der eben noch schlafende Place-el-Hedim in eine Open-Air-Bühne. Artisten, Henna-Malerinnen und Geschichtenerzähler haben ihre Anziehungskraft noch nicht verloren, obwohl sogar in den armen Außenbezirken der Städte jedes Dach von einer Satellitenschüssel gekrönt ist.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

12 / 28

Auch wenn die Suqs (Markt- und Handwerkerviertel) von Meknès in Sachen Warenangebot und optischer Reizüberflutung mit denen von Fès nicht mithalten können - die Gemüse- und Obsthändler verstehen auch hier ihr Handwerk.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

13 / 28

Rabat, die Hauptstadt: "Hier geben sogar die Marokkaner den Bettlern etwas", bemerkt ein Mitreisender. Im Ville Nouvelle, dem von den Franzosen in der Kolonialzeit angelegten Stadtteil, dominieren Boulevards, Geschäftsviertel und Ministerien. Am Bahnhof demonstrieren Studenten, sie tragen gelbe Westen mit der Aufschrift "Arbeit = Würde".

Am Eingang zur Medina tummeln sich Händler, Einkaufende und Bummler wie in jedem marokkanischem Suq - doch alles Feilschen, Drängeln und Anpreisen verläuft eine Spur entspannter als in den anderen Königsstädten.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

14 / 28

Ein verwunschener Ort und Gegenpol zum Gewühl der Suqs: Hinter dem Königspalast von Rabat liegt der ehemalige römische Außenposten Salah Colonia, auf dessen Ruinen ein Sultan im 13. Jahrhundert die Totenstadt Chellah errichtete.

Im verfallenen und überwucherten Innern nisten überwinternde Störche. Die prunkvoll uniformierten Wachbeamten vertrödeln die Zeit, die hier besonders langsam vergeht, mit den Fußballseiten der Zeitung. Lediglich ein Mann, der nach den Münzen im Fruchtbarkeitstümpel tauchen will, sorgt für kurze Aufregung.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

15 / 28

Alles an Bord des Marrakesch-Express! Im klimatisierten Erste-Klasse-Abteil beklagt eine Mitreisende mit Dolce&Gabbana-Brille und Louis-Vuitton-Tasche, die ihre Eltern in "Marrak'sch" besucht, wie teuer das Leben dort für die Einheimischen geworden ist.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Carsten Drossel

Quelle: SZ

16 / 28

Marrakesch: Blutrote Mauern, eine Million Einwohner plus stark anschwellende Touristenflut, 30 Grad schon Anfang April und die schneebedeckten Atlasgipfel stets im Blick. Der Toubkal reicht bis 4167 Meter.

Foto: Carsten Drossel

Durch Marokkos Königsstädte, Lars Plougmann

Quelle: SZ

17 / 28

Um den Djeema el-Fna, den zentralen "Platz der Geköpften" in der Medina, ranken sich antike und moderne Legenden. Und wirklich: Der Platz ist die Hölle, jeder Aufenthalt bringt psychische und physische Erschöpfung.

Von den Grillständen in der Mitte steigen Rauchschwaden auf. Dahinter wabert penetranter Uringeruch. Wer keinen großen Bogen um Schlangenbeschwörer und Affendressierer macht, bekommt ungefragt ein Reptil unter die Nase gehalten oder hinterrücks einen in Ketten gelegten Primaten auf die Schulter geworfen.

Gleichzeitig bahnen sich Hunderte von Mofafahrern ihren Weg durch den Tumult und umkreisen das Spektakel, als wollten sie das Fegefeuer anheizen.

Foto: Lars Plougmann

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

18 / 28

"Esst nicht auf dem Platz", schärft Barakat Naim allen Touristen ein, die in seinem "Earth Cafe" aufschlagen. Doch für die meisten ist es dann schon zu spät, sie haben sich bereits den Magen verdorben, denn fließendes oder gar heißes Spülwasser existiert auf dem Djeema el-Fna nicht. "Die Opfer päppeln wir hier mit Reis und Linsen wieder auf", tröstet Naim.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

19 / 28

Mit seinen Landsleuten geht Naim hart ins Gericht. Angesichts des boomenden Tourismus suche jeder das schnelle Geld, an Nachhaltigkeit verschwende die Regierung keinen Gedanken.

Sein Hauptgeschäft macht der Biobauer und Cafebesitzer mit köstlichen vegetarischen Pastillas, selbstgepresstem Arganöl und seiner Pflege-Linie "Natural Products".

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

20 / 28

Gewissheit, warum es neben klammen Hippies und Künstlern auf Inspirations- und Kif-Suche (Jack Kerouac, Jimi Hendrix und Cat Stevens, der hier den Islam entdeckte, um nur einige zu nennen) auch die stilbedachte Creme de la Crème schon seit den fünfziger Jahren nach Marrakesch zieht, verschaffen erst die Innenräume der aufwändig restaurierten Riads.

Yves Saint Laurent und Alain Delon legten sich schon vor Jahren ein solches Haus mit Innenhof in der roten Stadt zu. Michael Douglas, Jacques Chirac und Tony Blair gingen angeblich letztes Jahr zum Immobilienmakler.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

21 / 28

Die Taxifahrer betonen zwar immer wieder, dass es keine Hungernden in Marokko gebe. Doch der Kontrast zwischen der Armut in den Gassen und dem Glamour hinter hohen Mauern und auf den segeltuchbedeckten Dachterassen könnte kaum größer sein.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

22 / 28

In einem Moschee-Innenhof voller Alter und Behinderter zeigt der "faux guide", der inoffizielle Touristenführer, auf einen benachbarten Turm und erklärt mit zahnlosem Lächeln, aber nicht ohne Stolz: "Dort wohnt Monsieur Hermès, der Besitzer der französischen Modefirma."

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

23 / 28

Hammam, das klingt exotisch und passt in den westlichen Wellness-Trend. Der Eintritt kostet acht Dirham, etwa 80 Cent. In der Umkleide werden drei Männer in schwarzen Badehosen auf die Westler aufmerksam und helfen beim Kleidungverstauen, besorgen Eimer und Napf.

Die Garderobenaufsicht fordert vehement ein Extra-Bakschisch und zwingt den Besuchern raue Waschlappen für sechs Dirham auf. Nebenan wird tüchtig mit Holz geheizt.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

24 / 28

Drinnen im Gewölbe ist es ähnlich heiß wie in der Sauna, Sitzgelegenheiten fehlen jedoch. Eine der Schwarzbadehosen zerrt plötzlich ruppig am Ellbogen der Besucher und deutet auf den feuchten Steinboden. Dort soll eine Massage stattfinden.

Mit einigem Geschick wird man schließlich sich selbst überlassen und kann das Waschritual der Hammam-Erfahrenen imitieren. Das heißt, sich selbst und gegenseitig mit kaltem und heißem Wasser, Eimer, Napf und Reibeisen-Waschlappen traktieren. Von Wellness keine Spur, aber sauberer als im Hammam wird man nirgendwo.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

25 / 28

Da spätestens nach drei Tagen in Marrakesch jede Lunge verstaubt und jedes Ohr vom Lärm der Mofa-Schwärme fast taub ist, zieht es viele Besucher in den Hohen Atlas, zu den Ausläufern der Sahara oder zu den Cascades d'Ouzoud, den höchsten Wasserfällen Marokkos.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

26 / 28

Hier leben neugierige Makaken, die sich ebenfalls an den Touristenstrom gewöhnt haben.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

27 / 28

Sogar der Nachwuchs will ausbüchsen und die Besucher unter die Lupe nehmen - im Gegensatz zu den in Gefangenschaft lebenden Affen auf dem Djeema el-Fna freiwillig.

Foto: Wölbert

Durch Marokkos Königsstädte, Wölbert

Quelle: SZ

28 / 28

"Plan Azur" heißt das Vorhaben von König Mohammed VI., die Besucherzahlen landesweit auf 10 Millionen pro Jahr zu verdoppeln. In Marrakesch ist die Basis-Infrastruktur mit dem schicken Flughafen Menara schon länger vorhanden. Auch Ryanair und Easyjet landen hier. Große Hotelketten wie Sofitel und Ibis ziehen eine Bettenburg neben der anderen hoch.

Doch die Stadt wirkt schon jetzt übervoll. Mit Meknès, Fès und Rabat gibt es zum Glück (noch) drei Königsstädte, die etwas abseits des großen Ansturms liegen.

Foto: Wölbert (Text: Christian Wölbert/dd/sonn/sueddeutsche.de)

© s.de
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: