Neuschwanstein virtuell:Am Bett von König Ludwig

Virtuelle Reise ins Innere von Neuschwanstein, Linderhof - und zu Ludwigs Traumschlössern, die er nicht mehr bauen konnte.

Katja Schnitzler

Er ließ Schloss Linderhof erbauen, das Königshaus am Schachen und natürlich das weltberühmte Neuschwanstein. Doch der frühe Tod von König Ludwig II. machte einige seiner Pläne zunichte: Er wollte nicht nur sein Prunkstück Neuschwanstein noch weiter ausbauen, sondern auch in einigen Kilometern Luftlinie entfernt eine Ritterburg errichten. Der Name: Schloss Falkenstein.

Zudem sollte ein chinesischer Sommerpalast den Königswinkel zieren. Damit wären im Alpengebiet zwischen Füssen und Garmisch fünf königliche Bauten zu besichtigen gewesen.

Diese können König-Ludwig-Touristen nun dennoch betreten, zumindest virtuell. Auch Schloss Neuschwanstein wird nach 100 Jahren mit Kapelle, Ritterterrasse und zusätzlichem Turm doch noch fertig gebaut.

Möglich macht dies eine Doppel-DVD des Projektes "Virtuelles Bayern". Dieses wurde vor mehr als fünf Jahren von Professor Gerd Hirzinger, Direktor am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), ins Leben gerufen. Gemeinsam mit zwei Münchner Technologieunternehmen und 3D-Grafikspezialisten will das Projekt photorealistische Modelle von touristisch und kulturhistorisch interessanten Landschaften und Bauten in Bayern erarbeiten.

Mit einer hochauflösenden Spezialkamera des DLR, die eigentlich für die Erforschung des Mars entwickelt worden war, wurde der Königswinkel gefilmt. Daraus entwickelten die Macher eine multimediale Landschaftskarte: Auf der einen DVD sind 50 Rad- und Wandertouren auf den Spuren König Ludwigs verzeichnet, garniert mit Informationen zu Ludwigs Lieblingszielen, genauen Routen samt Einkehrmöglichkeiten und GPS-Daten, die heruntergeladen werden können.

Besonders reizvoll ist es - wenn man die einstündige Installationsphase der beiden DVD auf dem spieletauglichen Computer überstanden hat - per Maus selbst über die Bergkämme zu fliegen, sich in schmale Täler zu zoomen oder eigene Wanderrouten zu planen. Die Auflösung soll laut den Herstellern 900 Mal besser sein als bei Google Earth.

Dem König hätte es gefallen...

Am Bett von König Ludwig

Die Ansicht der Landschaft ist zwar spannend, doch noch nicht wirklich photorealistisch. Vielmehr erinnert die Optik an ein Computerspiel - was das durchdachte Konzept und vor allem die zweite DVD wettmachen, die mit viel Liebe zum Detail zu und in König Ludwigs Schlösser führt.

Ohne Wartezeiten und den Druck der Gruppenführungen kann man sich in aller Ruhe im Arbeitszimmer des Königs in Neuschwanstein sowie im Thronsaal umsehen - und dort auch die in der Realität gesperrte Galerie besichtigen. Die Schlossführung endet im Ritterbad, in Wirklichkeit ein leerer Raum. Hier ist er nach den Bauplänen vollendet, samt imposanten Gemälden, die sich im Wasser spiegeln. Mit der Maus können sich die Besucher im virtuellen Königreich nicht nur frei bewegen und sich umsehen, sondern den Raum auch von der Decke aus überblicken - und dort die Gemälde im Detail studieren. Leider kann man nur in wenige Gemächer so intensive Blicke werfen.

Diese Technik hätte König Ludwig II. wohl gefallen, schließlich war er ein moderner Bauherr, der bereits im 19. Jahrhundert in Neuschwanstein über Toilettenspülung, Zentralheizung und eine elektrische Rufanlage verfügte. Andere Adlige nutzten damals noch den Nachttopf oder klingelten nach den Dienern.

Doch des Königs Bauwut und den Hang zu modernster Technik kostete Geld, viel Geld. Trotzdem gab es bereits Pläne für das düstere Schloss Falkenstein nahe Neuschwanstein, ebenso für einen chinesischen Sommerpalast am österreichischen Plansee. Nach diesen Originalunterlagen errichtete "Virtuelles Bayern" diese Prunkgebäude doch noch - in aller von Ludwig gewünschten Detailverliebtheit. So darf man im Schlafgemach auf Falkenstein gar einen Blick in das royalblaue Bett des Königs werfen.

Nur hineinlegen kann man sich nicht.

Die Doppel-DVD "König Ludwig II. - Schlösser in 3D" ist im Handel und unter www.virtuellesbayern.de erhältlich und kostet 49,90 Euro.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: