Neulich in Nicaragua:Schwarze Piste

Vulkanboarden Nicaragua 2

Bis auf 90 km/h beschleunigen die einfachen Holzbretter.

(Foto: Lisa Hagen)

Vulkan-Surfen: Vom Cerro Negro, einem der aktivsten Vulkane in Amerika, kommt man schnell runter.

Von Lisa Hagen

Bedrohlich ragt der Berg vor uns auf. "Der Cerro Negro ist einer der aktivsten Vulkane in Amerika und seit zehn Jahren überfallig", sagt die Touristenführerin, "also drückt die Daumen, dass er nicht gerade heute ausbricht." Sie grinst, schnappt ihren grünen Holzbrett-Schlitten und stapft durch schwarzen Vulkansand nach oben. Ich nehme mein Brett und eile hinterher.

Wer in Nicaragua unterwegs ist und sich für besonders mutig hält, lässt sich nicht mit Schnorcheln in der Karibik oder Wandern auf Ometepe abspeisen. Der geht zum "Vulkan-Boarding" in León. Erfunden hat den verrückten Sport der Australier Darryn Webb, der auch in León nicht aufs Surfen verzichten wollte. Es heißt, er soll es auf einer Matratze, seiner Haustür und sogar in einem Mini-Kühlschrank versucht haben. Am Ende entschied er sich für ein einfaches Holzbrett mit Fangschnur, das sich immer noch bewährt. Mittlerweile gibt es in León an jeder Ecke Agenturen, die das Schlitten-Abenteuer als Tagestour für 35 Dollar anbieten. Der Geschwindigkeitsrekord liegt bei knapp 90 Kilometern pro Stunde. Bremsen gibt es keine.

Nach einer Stunde Aufstieg ist man auf dem schwarzen Hügel, wie der Vulkan auf Deutsch heißt. Am Krater glüht die Erde, die Luft stinkt nach Schwefel. Die Touristenführerin erklärt noch einmal die Fahrtricks: nach hinten lehnen beschleunigt, nach vorne beugen bremst. Der Erste fährt los. Weit kommt er nicht. Sein Brett verkantet sich, und er schleift mit der Wange über das Geröll. Bevor ich darüber nachdenken kann, bin ich dran. Ich wickle die Fangschnur noch einmal mehr ums Handgelenk, ziehe mein T-Shirt hoch über die Nase gegen den Staub, stoße mich ab und - nichts. Ich schiebe noch einmal an, die Brettspitze ruckelt in Zeitlupe ein paar Meter übers Geröll und versinkt im Sandmeer. Na toll, dafür die Aufregung?

Ich stehe auf, schüttle den Geröllhaufen von meinem Brett. Nächster Versuch. Diesmal gleite ich los. Vorsichtig lehne ich mich zurück, das Brett zieht an und rutscht der Falllinie nach den Hang hinab. Steinchen schlagen gegen meine Schutzbrille, mein Brett fliegt, ich schwebe. Unten stoppt das Brett. Mein Körper ist voller Sand, meine Knie zittern. Ich muss noch mal rauf, unbedingt.

Hinweis der Redaktion: Die Recherchereisen für diese Ausgabe wurden zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien und/oder Tourismus-Agenturen.

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