Neulich in ... Bangkok:Schwimm gleich noch mal, Sam!

Was man sich nicht alles antut im Urlaub, für die Liebsten zu Hause - zum Beispiel ein Urlaubsvideo am Pool drehen, das höchsten Ansprüchen genügen soll.

Martin Wittmann

Anfang Dezember, 36 Grad und strahlender Himmel in Bangkok. Ein deutsches Rentnerpaar dreht am Hotelpool einen Urlaubsfilm für die Daheimgebliebenen. Beide sind so durchgebrutzelt, dass man von einem längeren Aufenthalt in Thailand ausgehen kann. Die Szene ihres Filmes steht folgendermaßen im Drehbuch:

Er kommt mit ein paar kräftigen Brustschwimmzügen auf sie zu. Sie kniet am Beckenrand und filmt. Bei ihr angekommen, dreht er dann den Kopf, und die Kamera folgt seinem Blick auf das imposante Hotel hinter dem Pool.

Der Mann - Hauptdarsteller und Regisseur in Personalunion - trägt beim Dreh ein kleines, enges Höschen, das selbst die Tänzerinnen in den vielen Rotlichtbars der Stadt als zu gewagt ablehnen würden. Dazu setzt er ein seliges Lächeln auf, das auch im Land des Lächelns seinesgleichen sucht und nebenbei wortlos die Grußbotschaft "Nach dem verflucht warmen November ist endlich Glatteis bei euch Trotteln" in die winterliche Heimat schickt.

Es geht los. Der Mann setzt zum Schwimmen an, als die Kamerafrau das Kommando gibt: "Jetzt." Er stoppt, sichtlich geschockt von so viel Unverfrorenheit.

"Nein, ich sag ,jetzt'!", mahnt er, und sein Gesicht sagt nun: "So kann ich nicht arbeiten." Also noch mal von vorne, Thai-Film für neidische Bleichgesichter, die Zweite: Lächeln an, "Jetzt"-Kommando, Schwimmfilm, Kameraschwenk, Cut.

So geht das fünf-, sechsmal. Nach jedem Versuch lässt der Mann im Wasser sich den Film zeigen, er ist freilich nie damit zufrieden. Mal ist das Licht schlecht, mal schwenkt die Kamera zu schnell. Irgendwann geht die Frau zurück zur Liege und schnappt sich eine Zeitung.

Schockstarre bei den vermeintlich Bücher lesenden Umliegenden, die sich den Dreh heimlich angesehen haben. Die große Frage: Die Diva wird doch jetzt nicht sein Œuvre torpedieren?

Fehlalarm, sie kommt zurück. Mit der Zeitung, als Unterlage für die Knie. Was man sich nicht alles antut im Urlaub, für die Liebsten zu Hause.

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