Neue Pauschalreiserichtlinie:Wer nicht speichert, zahlt drauf

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Mehr Schatten- als Sonnenseite? Wer im Urlaub Ärger hat, muss sofort handeln.

(Foto: Chris Barbalis/Unsplash)
  • Seit 1. Juli gilt die neue Pauschalreiserichtlinie, die Urlauber in Deutschland aber nicht in jedem Fall besser stellt.
  • Von kleinen Details kann abhängen, ob eine Reise als Pauschalurlaub gewertet wird - mit Rückholgarantie im Krisenfall und nachträglicher Preisminderung bei Mängeln.
  • Ferienwohnungen und -häuser fallen nun nicht mehr unter das Pauschalreiserecht.

Von Berrit Gräber

Wer einen Pauschalurlaub bucht, ist meist gut abgesichert, sollte es Ärger geben. Wer aber individuell reist, Flug, Hotel, Leihwagen selbst organisiert, ist im Streitfall oft schlechtergestellt. Das soll sich nun durch das zum 1. Juli in Kraft getretene neue Reiserecht ändern. Doch die neuen Regelungen nach Vorgaben der Europäischen Union haben auch Schwächen, meint Kay Rodegra, Rechtsanwalt und Dozent für Reise- und Luftverkehrsrecht aus Würzburg: "Viele Formulierungen können unterschiedlich interpretiert werden, da werden Gerichte viel zu tun bekommen."

Vor allem für Online-Kunden heißt das: Sie sollten künftig jeden Buchungsschritt dokumentieren. Nur so lässt sich bei Reiseärger herausfinden, ob für sie das vorteilhaftere Pauschalreiserecht gilt oder nicht. Bei Buchungen bis zum 30. Juni gilt die alte Rechtslage - egal wann die Reise angetreten wird.

Neu ist die "verbundene Reiseleistung". Sie entsteht, wenn ein Urlauber mindestens zwei separate Leistungen hintereinander bucht, etwa Hotel plus Flug, und wenn getrennte Rechnungen vorliegen. Der Vermittler solcher verknüpften Reiseleistungen, etwa ein Online-Portal, muss das eingenommene Geld des Kunden wie ein Veranstalter gegen Insolvenz absichern. Außerdem muss er aktiv informieren, etwa per Infoblatt, was der Kunde gerade kauft. Das ist wichtig, wenn es um die Haftung bei Reisemängeln geht.

Nach neuem Recht wird die verbundene Buchung dann so behandelt, als sei eine Pauschalreise gebucht worden. Das ist zum Beispiel bei sogenannten Click-through-Buchungen im Internet der Fall, wenn man etwa einen Flug kauft (direkt bei der Airline oder auf einer Plattform wie Expedia oder Opodo), zur Hotelreservierung weitergeleitet wird und innerhalb von 24 Stunden dort bucht, ohne dass man seine persönlichen Daten noch einmal eingibt.

Die einzelnen Leistungen werden durch die gemeinsame Buchung zum Pauschalpaket, der Vermittler muss haften, was bedeutet: Dem Urlauber stehen sämtliche Pauschalreiserechte zu wie eine Rückholgarantie im Krisenfall und nachträgliche Preisminderung bei Mängeln. Aber: "Anbieter arbeiten seit Monaten schon daran, dass Vermittlungen nicht innerhalb von 24 Stunden zustandekommen", sagt Sabine Fischer-Volk, Reiserechtsexpertin der Verbraucherzentrale Brandenburg.

Zwei Jahre Zeit, um Entschädigung einzufordern

Künftig haben Urlauber deutlich mehr Zeit, um nach ihrer Heimkehr aus den Ferien Ansprüche auf Entschädigung geltend zu machen. Bislang musste man das innerhalb eines Monats nach dem Ende des Urlaubs beim Veranstalter erledigen. Jetzt bleiben zwei Jahre Zeit dafür. Zugleich gilt aber weiterhin: Wer einen verkorksten Urlaub erlebt, muss das noch vor Ort dem Reiseleiter oder Veranstalter anzeigen und dokumentieren.

Bei der Reklamation gilt es, einige Dinge zu beachten. Ganz gleich, ob im Internet oder im Reisebüro gebucht wurde: Es kommt noch stärker als bisher aufs Kleingedruckte sowie auf die einzelnen Schritte beim Buchen an. Geht bei der Reise etwas schief, ist es für den Kunden wichtig zu wissen, welche Rechte er hat und wer haftet. Die Unterscheidung zwischen verbundener Reiseleistung und Pauschalurlaub hängt meist von Details ab. "Eine Fluggesellschaft, die auf ihrer Website ermöglicht, neben dem Flug noch eine Hotelunterkunft oder einen Mietwagen hinzuzubuchen, kann allein schon durch den Ablauf des Buchungsprozesses ungewollt zum Reiseveranstalter werden", sagt Verbraucherschützerin Fischer-Volk.

Mails, Buchungsverlauf - alles speichern

Macht das Münchner Hotel, das mit einer Tischreservierung auf dem Oktoberfest lockt, schon in der Werbung den Eindruck, es handele sich um ein Pauschalarrangement, wird es ebenfalls rechtlich zum Veranstalter. Nur wenn der Wiesn-Tisch als separate Option angeboten wird, kann von Pauschalangebot keine Rede sein. Verbraucherschützer raten Online-Kunden, den Buchungsverlauf sowie die E-Mails abzuspeichern. Auch, weil sich Internet-Seiten ständig ändern. Ist der Ablauf dokumentiert, fällt die rechtliche Einordnung im Nachhinein erheblich leichter.

Die Neuregelung bringt auch klare Nachteile für die Verbraucher. Bisher galt: Hat sich der Reisepreis - etwa wegen höherer Kerosinpreise oder veränderter Wechselkurse - um mindestens fünf Prozent erhöht, konnte der Urlauber den Vertrag kündigen, ohne dass ihm Kosten entstanden. Jetzt liegt die Hürde bei acht Prozent. Außerdem darf der Veranstalter den Reisepreis bis zu 20 Tage vor Reiseantritt anheben. Nach altem Recht galt eine Frist von vier Monaten. Verbraucherschützerin Fischer-Volk sagt: "So kann der vormals erzielte Frühbucherrabatt schnell dahinschmelzen."

Nur teure Tagesreisen sind geschützt

Außerdem fallen Ferienhäuser und -wohnungen, die Reiseveranstalter anbieten, künftig nicht mehr unter das Pauschalreiserecht. "Das war immer ein Sonderfall in Deutschland, während anderswo in Europa das Mietrecht gilt", sagt Fischer-Volk. Der Kunde dürfte es bei Reklamationen künftig schwerer haben, sein Recht durchzusetzen. Vor allem, wenn die Unterkunft im Ausland ist. Wer zum Beispiel ein Ferienhaus in Frankreich gemietet hat, wird es dann womöglich mit den Gesetzen des Reiselandes zu tun kriegen, je nach Vertrag.

Tagesreisen, die zum Preis von unter 500 Euro pro Person gebucht werden, gelten nicht mehr als Pauschalreise. Das gilt auch dann, wenn Kaffeefahrten zum Beispiel ein ganzes Paket von Leistungen abdecken - wie Busfahrt, Verpflegung und Besuch einer Gartenschau. Auch Klassenfahrten für Schüler sowie Jugendfreizeiten fallen nicht unter das Pauschalreiserecht - solange sie nicht gewinnorientiert sind, nur gelegentlich, also nur einmal im Jahr, organisiert werden und solange sie nur einem begrenzten Kreis von Personen angeboten werden.

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