Nepal:Rollende Hippie-Träume

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In den wilden Siebzigern schaukelten sie Hippies zum Traumziel Kathmandu. Die Flower-Power-Touristen sind weg, doch ihre alten Autos sind noch immer auf den Straßen Nepals unterwegs.

Es war in den wilden Siebzigern, als Naresh Shresthas kleiner Mercedes-Bus erstmals in Kathmandu ankam. Beladen war er mit Hippies, die die strapaziöse Reise von Europa hinter sich hatten. Heute ist das robuste Fahrzeug noch immer in den Straßen der nepalesischen Hauptstadt unterwegs - eine Erinnerung an die Zeit vor den Billigflügen, als Rucksackreisende noch Wochen und Monate brauchten, um nach Asien zu gelangen.

Nepal
:Hippie-Fahrzeuge auf den Straßen von Kathmandu

In Nepal war für zahllose Flower-Power-Touristen nach der Türkei, Iran, Afghanistan, Pakistan und Indien Endstation. Viele verkauften ihre Fahrzeuge nach der Ankunft, um das Leben am Himalaya zu finanzieren. Kathmandu übte eine magische Anziehungskraft auf die Hippies aus: Drogen waren günstig zu haben, und die Kulturen des Hinduismus und Buddhismus faszinierten die jungen Leute aus dem Westen. Erst in den späten siebziger Jahren wurde der Strom aus Europa kleiner, als Marihuana offiziell verboten wurde.

Für Shrestha ist der verbeulte Bus aus Deutschland perfekt, um Passagiere von Kathmandu ins wenige Kilometer entfernte Bhaktapur zu befördern. "Ich bin schon viele Busse gefahren, aber dieser ist noch immer wunderbar, obwohl er elf Jahre älter ist als ich", sagt der 24-Jährige, während er sich in den hektischen Verkehr einfädelt. "Ich hörte, dass er früher ausgebaut war mit Toilette. Sie haben darin geschlafen."

Mit Ersatzteilen aus Indien und Thailand gibt Shrestha seinem Bus noch einige Jahre. "Er fährt noch schön. Nach all den Jahren ist er noch immer problemlos", sagt er und klopft auf das Armaturenbrett mit Aufklebern von Bob Marley und der Statue einer Hindu-Gottheit.

Probleme mit Ersatzteilen

Nur selten werden die Fahrzeuge auf dem offenen Markt verkauft, häufig wechseln sie für ein paar hundert Dollar unter Nepalesen den Besitzer. Neuwagen aus dem Ausland sind mit Einfuhrzöllen von bis zu 200 Prozent belegt. So sind noch immer rund 200 alte Mercedes-Busse auf Kathmandus Straßen unterwegs, rund 60 VW-Käfer und ein paar dutzend VW-Busse.

Der Spediteur Ganesh Thapa besitzt acht VW-Busse, auf die nach seinen Worten auch nach Jahrzehnten noch Verlass ist. "Sogar voll beladen sind sie recht kräftig", sagt er über die Bullis. Er setzt die Busse aus den Jahren 1960 bis 1972 für Warentransporte vom Flughafen ein. Zu seinem Bedauern werden sie aber nur selten angeboten. "Die Leute kaufen sie nicht, weil es sehr schwierig ist, Ersatzteile zu bekommen", sagt er. "Wenn die Busse gar nicht mehr fahren, muss ich sie verschrotten."

Satendra Siddhi Bajrachary fährt seinen VW-Käfer nur zu besonderen Gelegenheiten. Der Lebensmittelhändler verliebte sich in den Klassiker, als er vor 30 Jahren Reisende aus dem Westen durch sein Viertel fahren sah. "Die Hippies und ihre Fahrzeuge waren sehr exotisch für mich als Kind."

Während er wochentags einen Hyundai fährt, kommt sein geliebter Käfer Baujahr 1976 an Wochenenden und im Urlaub zum Einsatz. Er kaufte ihn vor acht Jahren für 1300 Dollar (933 Euro) und steckte nach eigenen Worten noch mal das Dreifache in die Restauration.

"Wenn ich meinen Käfer wasche und einwachse, würde ich ihn am liebsten küssen", sagt er. "Seine Form macht ihn so attraktiv, sie wird nie langweilig. Wenn man moderne Fahrzeuge anschaut, Toyotas, Nissans oder Tatas, sehen sie alle gleich aus. Ein Käfer ist unverwechselbar."

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