Nationalpark Hainich:Wo Deutschland wieder Urwald sein darf

Thüringens Laubwälder lassen erahnen, wie Mitteleuropa jahrtausendelang aussah. Der Fotograf Thomas Stephan hat ihren Zauber eingefangen.

Von Eva Dignös

11 Bilder

Nationalpark Hainich; Nationalpark Hainich

Quelle: Thomas Stephan

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Fichten? Tannen? Dieser Wald in Thüringen hat wenig zu tun mit den Nadelwäldern, die heute Deutschland dominieren. Der Hainich im Westen des Landes ist seit fast 20 Jahren als Nationalpark geschützt. Im größten zusammenhängenden Laubwald der Bundesrepublik wachsen vor allem Buchen, genauer: Rotbuchen. Manche sind bis zu 200 Jahre alt.

Sie sind robust und durchsetzungsstark: Nach der letzten Eiszeit waren Buchen 4000 Jahre lang die dominierende Art in Mitteleuropa, heute stehen sie nur noch auf rund 15 Prozent der Waldfläche. Für den Fotografen Thomas Stephan ist der Erhalt dieses Naturerbes zum Lebensthema geworden: Seit Jahrzehnten dokumentiert er Buchenwälder, seine Bilder entstanden vor allem im Nationalpark Hainich.

Nationalpark Hainich; Nationalpark Hainich

Quelle: Thomas Stephan

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Wo heute ein Baumwipfelpfad durch Laubwaldkronen führt und man den Wald aus neuer Perspektive erleben kann, war von den 1930er Jahren bis zur Wiedervereinigung militärisches Sperrgebiet - genutzt zunächst von der Wehrmacht, nach Weltkriegsende und deutscher Teilung von Nationaler Volksarmee und Sowjetarmee. Weite Teile des ausgedehnten Waldes wurden sich selbst überlassen; so entstand eine ökologische Nische, in der sich die Tier- und Pflanzenwelt ungestört entfalten konnte.

Nationalpark Hainich; Nationalpark Hainich

Quelle: Thomas Stephan

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Die militärische Nutzung schlug auch Wunden. Große Flächen wurden gerodet, damit Panzer dort fahren konnten. Die Spuren sind noch sichtbar in der Landschaft, aber die Natur holt sich die Flächen allmählich zurück. Zunächst fassen dornige Sträucher Fuß, in deren Schutz allmählich auch wieder Bäume heranwachsen.

Nationalpark Hainich; Nationalpark Hainich

Quelle: Thomas Stephan

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Einem Wald zu gestatten, wieder Urwald zu sein, scheinbar ungepflegt und ohne kommerzielle Holznutzung, erforderte Überzeugungsarbeit, unter anderem bei der damaligen Umweltministerin Angela Merkel, die 1996 den Hainich besuchte. Am 31. Dezember 1997 erhielten 7500 Hektar des insgesamt 16 000 Hektar großen Waldgebiets schließlich den Nationalparkstatus. Als einzigartiges Naturerbe steht der Hainich seit 2011 zusammen mit vier weiteren Buchenwäldern auch auf der Welterbe-Liste der Unesco.

Nationalpark Hainich; Nationalpark Hainich

Quelle: Thomas Stephan

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Jede Jahreszeit gibt dem Laubwald einen anderen Charakter. Im Frühling verwandelt sich der Waldboden in einen bunten Teppich aus Frühblühern. Die Bäume sind noch kahl, Hohler Lerchensporn (im Bild), Bärlauch, Buschwindröschen oder Märzenbecher entfalten sich in der Sonne.

Nationalpark Hainich; Nationalpark Hainich

Quelle: Thomas Stephan

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Im Sommer schließt sich das Laub der Baumkronen zu einem dichten, schattigen Dach. Dann wird es dunkler im Buchenwald, im Schatten der Bäume gedeihen nur wenige andere Arten. Doch die jungen Bäume bahnen sich allmählich ihren Weg zum Licht, um abgestorbene alte Exemplare zu ersetzen.

Nationalpark Hainich; Nationalpark Hainich

Quelle: Thomas Stephan

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Der Herbst öffnet das dichte Laubdach noch einmal für ein faszinierendes Spiel aus Farben, Licht und Schatten, bevor der Wald im schwarz-weißen Winterschlaf versinkt.

Nationalpark Hainich; Nationalpark Hainich

Quelle: Thomas Stephan

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Im Schutz der Bäume ist Platz für viel Leben: Fotograf Thomas Stephan hat auch die vielfältige Tierwelt des Nationalparks dokumentiert. Fast 200 Vogelarten leben dort, unter anderem der Schwarzspecht. Die Vögel können so groß wie Krähen werden und sind damit die größte europäische Spechtart. Ihren Nachwuchs ziehen sie in Baumhöhlen groß.

Nationalpark Hainich; Nationalpark Hainich

Quelle: Thomas Stephan

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Im Boden haben Füchse und Dachse ihre Bauten. Und noch ein weiteres scheues Säugetier ist im Hainich heimisch: Rund 80 Exemplare der selten gewordenen Wildkatzen nutzen den Wald als Jagdrevier. Einige Tiere können in einem Schaugehege bei Huetscheroda beobachtet werden.

Nationalpark Hainich; Nationalpark Hainich

Quelle: Thomas Stephan

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200 bis 300 Jahre alt können Buchen werden. Selbst ein toter Baum bleibt ein wichtiger Lebensraum. Pilze wie hier der Gallertfleischige Fältling - ein Name wie aus einem Märchen der Gebrüder Grimm - zersetzen den Stamm, Insekten leben im und vom zerfallenden Holz.

Nationalpark Hainich; Nationalpark Hainich

Quelle: Thomas Stephan

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Früher, als dichte Buchenwälder weite Teile des Landes bedeckten, war der Aufenthalt im Wald nur bedingt romantisch und oft sogar gefährlich: Ein 600 Jahre altes Steinkreuz im Hainich - das Ihlefelder Kreuz - zeugt von der Bärenjagd. Heute dienen geschützte Wälder vor allem dazu, einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt Raum zu geben. Aber längst nicht nur das: Sie sind auch Erholungs- und Sehnsuchtsort - wild, verwunschen, geheimnisvoll.

Reise-Informationen

Der Nationalpark Hainich liegt in Thüringen im Städtedreieck Eisenach, Bad Langensalza und Mühlhausen, von allen drei Städten aus ist er auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Das Nationalparkzentrum und der Baumwipfelpfad am Forsthaus Thiemsburg sind vom 1. November bis 31. März täglich von 10 bis 16 Uhr, vom 1. April bis 31. Oktober von 10 bis 19 Uhr geöffnet.

Bilder von Thomas Stephan sind unter anderem in zwei Büchern veröffentlicht:

Siegfried Klaus, Manfred Großmann, Thomas Stephan: Nationalpark Hainich. Weltnaturerbe in Thüringen, Verlag Natur + Text 2014

Thomas Stephan, Uta Henschel: Grünes Wunder: Wälder in Deutschland, Grubbe Media Gmbh 2012

© SZ.de/ihe/leja/cat
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