Deutschland-Reisen:Nationalparks von Watt bis Wald

Der Bayerische Wald wurde vor 50 Jahren zum ersten Nationalpark Deutschlands, inzwischen ziehen 16 Parks Besucher an - ein Überblick von Nord nach Süd.

Von Eva Dignös, Irene Helmes und Katja Schnitzler

Manche Nationalparks in Deutschland sollen schützen, was da ist - und andere der Natur Raum geben, um wieder zu dem zu werden, was sie war. Davon profitieren Pflanzen, Fische, Insekten, Säugetiere und Vögel, die in den Wäldern, an Küsten oder hoch in den Bergen eine Nische zum Leben finden. Oder einen Platz zum Ausruhen während des anstrengenden Vogelzugs. Es profitieren aber auch die Menschen, wenn sie die Natur nicht mehr ausbeuten (dürfen): Die deutschen Nationalparks sind beliebt bei Wanderern, Rad- und Kajakfahrern sowie Reitern - und denen, die am Wochenende einfach ein wenig Wildnis genießen wollen. Ein Überblick der 16 Nationalparks in Kurzporträts, vom Norden Deutschlands über die Mitte bis zur alpinen Grenze im Süden.

Im Norden: Wattenmeer, Vorpommersche Boddenlandschaft und Jasmund, Müritz und Odertal

Wattenmeer, Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein

Entlang der Nordseeküste ziehen sich drei Nationalparks - Niedersachen, Hamburg und Schleswig-Holstein schützen so ihr einzigartiges Wattenmeer. Auch Teile von Inseln wie Borkum, Wangerooge und Norderney gehören dazu. Ebbe und Flut, das Wetter und die Jahreszeiten sorgen dafür, dass alles stets im Fluss bleibt. Luftbildpanoramen auf der Webseite der Parks geben einen Eindruck der Weite und Vielfalt.

Was wächst und lebt hier? Salzwiesen liegen zwischen Meer und Land und erblühen immer wieder neu. Viele Lebewesen sind erst auf den zweiten oder dritten Blick erkennbar im Wattenmeer, etwa die zahllosen Schnecken, Muscheln und Krebse.

Aber es geht auch ein paar Nummern größer: Seehunde und inzwischen auch wieder Kegelrobben gehören zu den ständigen Wattbewohnern. Gerade wegen des damaligen Sterbens der Kegelrobben wurde der Hamburger Nationalpark 1990 überhaupt gegründet. In Friedrichskoog steht eine Seehundstation für Besucher offen. Schweinswale werden zumeist im Frühjahr gesichtet - dabei können auch Touristen der Wissenschaft helfen, indem sie ihre Beobachtungen melden. Den größten und offensichtlichsten Artenreichtum bietet aber die Vogelwelt: Eiderenten, Austernfischer, Brandgänse, Kiebitze und Seeschwalben fliegen und vor allem brüten hier. Das laut Nationalparkverwaltung vogelreichste Gebiet Europas spielt zudem besonders für Zugvögel eine wichtige Rolle.

Wer sollte hinfahren? Glücklich werden also Birdwatcher, besonders wenn im Frühling und Herbst Millionen Zugvögel am Wattenmeer Station machen. Damit die Bewunderer den Tieren nicht zur Last fallen, sind spezielle Wege und Aussichtspunkte angelegt, von denen aus fotografiert und beobachtet werden kann.

Im Hamburgischen Teil etwa sind 90 Prozent der Nationalparkfläche unbetretbare Wildnis. Doch es bleibt trotzdem genug zu entdecken: Wattspaziergänge und sogar Kutschfahrten gehören zu den beliebtesten Aktivitäten an der Küste. Wanderwege sind grün markiert, Strecken für Reiter rot.

Vorpommersche Boddenlandschaft, Mecklenburg-Vorpommern

Um die eine Hälfte des Nationalparks zu besuchen, bräuchte man ein Boot: Sie liegt in der Ostsee. Ein Viertel bilden die namengebenden, flachen Boddengewässer: etwa der Westrügener Bodden oder die Lagunen, welche die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst von der Ostsee trennt. Ein Viertel der knapp 790 Quadratkilometer (Meeres-)Nationalpark, der 1990 eingerichtet wurde, ist aber trockeneren Fußes zu erreichen - und wie die Insel Hiddensee beliebt bei Besuchern. Das einzig Beständige in der Boddenlandschaft ist der Wandel, die Küste wird neu geformt, Uferbereiche überschwemmt. Besonders beeindruckend ist der Wandel dank des Phänomens Windwatt: Im Gegensatz zum Gezeiten-Watt an der Nordsee bestimmen nicht Ebbe und Flut die Wasserhöhe, sondern der Wind bläst so stark von der Küste weg, dass der Pegel fällt und ein Watt entsteht - zur Freude hungriger Vögel. Lässt der Wind nach, kehrt das Wasser zurück. Ein besonders bekanntes Windwatt ist die unbewohnte Insel Bock, wo im Herbst Kraniche Station machen.

Was wächst und lebt dort? So vielfältig die Landschaft, so mannigfaltig ist die Fauna: von Unterwasserpflanzen über Flechten bis zu Laubwäldern. Manche Namen lassen Bilder im Kopf entstehen (vielleicht nicht immer botanisch korrekte): etwa Meerkohl (Crambe maritima), Strand-Wundklee (Anthyllis vulneraria maritima) oder Kriechendes Netzblatt (Goodyera repens) - keine Monstrosität, sondern eine Orchidee in den Kiefernwälder der Dünen.

Wie wichtig der Nationalpark für den Vogelschutz ist, veranschaulichen diese Zahlen: Von etwa 160 Vogelarten, die hier brüten, steht knapp die Hälfte als gefährdet auf der Roten Liste. Auch Kegelrobben brauchen übrigens mal Urlaub, dafür schauen sie gerne im Nationalpark vorbei. Wer eine Robbe am Ufer sieht, hält Abstand, sonst ist es mit der Erholung für die Tiere vorbei. Feste Bewohner sind Fischotter, aber auch Rehe, Wildschweine und auf Hiddensee Mufflons in der südlichen Dünenheide.

Wer sollte hinfahren? Es sind schon viele da, jährlich kommen drei Millionen Besucher. Daher empfehlen die Nationalpark-Verwalter auf der Homepage unter Ruhige Landschaften ohne Touristen lakonisch: "Die müssen Sie schon selbst finden." Es gebe aber Hoffnung, dass man fern von Parkplätzen und den Zielen von Kutschfahrten schon stille Plätze finden werde. Wer in dieser Natur noch etwas zu tun braucht, etwa weil Kindsvolk anwesend ist, macht sich auf Schatzsuche nach Caches mit dem GPS-Gerät.

Kreidefelsen auf Rügen

Blick auf den "Königsstuhl" aus Kreide im Nationalpark Jasmund auf Rügen

(Foto: Jens Büttner/dpa)

Jasmund, Mecklenburg-Vorpommern

Jedes Reiseziel braucht ein Alleinstellungsmerkmal, zumindest für die Werbung: Daher heißt man auf Jasmund herzlich im kleinsten Nationalpark Deutschlands willkommen. 30 Quadratkilometer umfasst das Schutzgebiet auf der Halbinsel im Nordosten von Rügen. Doch nicht wegen seiner Überschaubarkeit ist Jasmund berühmt, sondern wegen der Kreidefelsen, die wie weiße Stücke gigantischer Sahnetorten mit grüner Deko über den Stränden aufragen. Der markanteste und daher berühmteste ist der knapp 120 Meter hohe "Königsstuhl". Doch diese Sehenswürdigkeiten stellt die Natur nicht auf ewig bereit: So rutschte etwa ein Großteil der Felsformation "Wissower Klinken" 2005 in die Ostsee. Doch Anfang des 20. Jahrhunderts waren es Menschen, die die weiße Felsküste bedrohten: Fast wäre sie dem Kreideabbau zum Opfer gefallen - nach Protesten wurde 1929 noch rechtzeitig ein Naturschutzgebiet ausgerufen, seit 1990 ist Jasmund Nationalpark.

Was wächst und lebt hier? Der größte zusammenhängende Buchenwald an der Ostsee ist (wie etwa in den Nationalparks Hainich und Kellerwald) Teil des Unesco-Weltnaturerbes. Doch mit Mooren, Wiesen und salzigen Böden bietet Jasmund einer Vielzahl an Pflanzenarten ganz spezielle Lebensräume - etwa Orchideen auf dem sogenannten Kalktrockenrasen an den Küstenhängen. Im Wasser und an Land lebt eine Vielzahl an Tierarten - von Hirschen und Rehen in den Buchenwäldern über Seeadler mit Horsten in der Stubnitz bis hin zu einem seltenen Exemplar, dessen Name ihn eigentlich im Süden verortet: der Alpenstrudelwurm, auch Alpenplanarie genannt. Der eineinhalb Zentimeter kleine Winzling ist wohl ein Glazialrelikt, das nur in höheren, kühleren Lagen überlebte. Oder eben in den kalten Quellen von Jasmund.

Wer sollte hinfahren? Wer schon immer mal von sich behaupten wollte, er sei Wasser von der Quelle bis zur Mündung ins Meer gefolgt. Besonders schön ist der Anblick, wenn Bäche die Buchenwälder verlassen und an den Steilhängen zu Wasserfällen werden.

Müritz, Mecklenburg-Vorpommern

Achtung "Hotspot"! Als solchen bezeichnet sich dieser Nationalpark auf seiner Webseite selbst - allerdings in Bezug auf seine biologische Vielfalt. Ausgedehnte Wälder, an die 400 Moore und 107 Seen, ganz zu schweigen von zahllosen kleineren Gewässern, prägen die Gegend, unterbrochen nur von wenigen Nutzflächen. Beliebtes Ziel für die Sommerfrische ist die Mecklenburgische Seenplatte längst. Zwischen Berlin und Rostock ist dieser Teil davon Nationalpark - dank einer der letzten Entscheidungen des DDR-Ministerrats überhaupt bei seiner abschließenden Sitzung am 12. September 1990.

Was wächst und lebt hier? Hätten die Menschen nicht über Jahrhunderte die Flächen für ihre Zwecke abgeholzt, würden Besucher des Müritzer Nationalparks vor allem durch uralte Buchenwälder wandern. Stattdessen eroberten sich zuerst Kiefern und Birken wieder Boden zurück, es folgten Eichen, erst nach langer Erholung wachsen auch wieder Buchen nach. Um das Örtchen Serrahn herum haben aber auch historische Buchen überlebt, sie sind seit 2011 Teil des Unesco-Welterbes. Während die letzten großen europäischen Urwälder weit weg in den Karpaten liegen, bietet der Nationalpark einen Einblick ohne lange Anreise.

Wer sollte hinfahren? Passionierten Fußgängern empfiehlt der Nationalpark besonders Routen an den Seen, etwa um den Feisnecksee (Ausgangspunkt Waren), um den Granziner und Käbelicksee (von Kratzeburg oder Granzin aus) oder rund um die Havel-Quellseen Mühlensee und Bornsee (Ausgangspunkt Ankershagen). Geradelt werden darf zum Beispiel auch entlang der größten Moorgebiete am Ostufer der Müritz zwischen Schwarzenhof und Boek. Ein Mosaik aus kleinen Mooren liegt im Serrahner Teil, bei Serrahn führt ein Steg direkt über ein Moor.

Stare im Nationalpark Unteres Odertal; Nationalpark Unteres Odertal

Im Nationalpark Unteres Odertal ziehen über der Westoder Stare dahin, auf dem Wasser Paddler.

(Foto: Patrick Pleul/picture alliance/dpa)

Unteres Odertal, Brandenburg

Dieser Park ist Teil von etwas Größerem, nämlich dem Internationalpark Unteres Odertal: Denn auch auf der anderen Seite der Grenze zu Polen sind etwa 60 Kilometer entlang der Oder geschützt. Hier ist es feucht bis nass, zum Glück: Das Odertal ist seit 1995 Deutschlands einziger Auen-Nationalpark. Für die großen Polderflächen zwischen Ost- und Westoder gelten zwei Jahreszeiten: Von Frühling bis Herbst sind die Sommerdeiche geschlossen, die Wiesen werden zum Teil noch als Weiden genutzt oder immer mehr zu Auwäldern. Im November ist es, als würde mit der Öffnung der Deiche ein zu enger Gürtel gelöst: Die Oder kann sich ausdehnen und die Polder fluten - und die Hafenstadt Stettin ist vor Überschwemmungen geschützt.

Was wächst und lebt hier? Wen wundert es, dass das Untere Odertal auf der Bucket-List von Wasservögeln weit oben steht: Sie finden hier ideale Brut- und Rastplätze, manche bleiben einfach den ganzen Winter hier, etwa bis zu tausend Singschwäne. Nur auf Durchreise sind alle Halbjahre wieder Gänse, Enten und besonders eindrucksvoll: Kraniche. In der Oder selbst leben etwa 40 Fischarten, neben den Auen sind Trockenrasen und Wälder Lebensraum für weitere Tier- und Pflanzenarten. Ebenfalls unter "Paradies" fällt die Auenlandschaft für Biber.

Wer sollte hinfahren? Kanuten, die Tiere vom Wasser aus beobachten wollen - mit möglichst störungsfreiem Abstand und erst nach der Brutsaison ab Mitte Juli. Ein Kanuführer zeigt die besten Wasserwege, um etwa im Herbst den Kranichen näher zu kommen. Auch zu Fuß oder mit dem Rad gibt es eine große Auswahl an Strecken, die entweder in der Stadt Schwedt oder im Nationalparkzentrum in Criewen starten. Besonders schön für Wanderer: der zehn Kilometer lange "Weg der Auenblicke" (ohne g), der durch den Wald auf Moränenhügeln immer wieder die Aussicht auf die Flusslandschaft freigibt. Besonders schön für Radfahrer: Ein Teilstück des Oder-Neiße-Radwegs führt auf einem der Deiche entlang, von dem es viele Querverbindungen in das Schutzgebiet gibt.

In der Mitte: Harz, Hainich, Kellerwald-Edersee, Eifel, Hunsrück-Hochwald, Sächsische Schweiz

Harz, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt

Aus zwei mach einen: 2006 wurden die Harz-Nationalparks in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen zusammengelegt. Mehr Wald geht kaum: Er macht 97 Prozent der Nationalparkfläche aus. Nur oben auf dem Brocken, in über 1100 Metern Höhe, wächst kein Baum mehr, zu rau ist das Klima. Tage ohne Frost gibt es dort nur im Juli und August, die Winter mit viel Schnee sind lang, Stürme erreichen schnell Orkanstärke. Bei einer Wanderung durch den Nationalpark bis zum höchsten Punkt durchquert man wie in Zeitraffer gleich sechs Vegetationszonen, mit Laubwäldern, Mooren und windgebeugten Bergfichten.

Was wächst und lebt hier? Besonders stolz ist man auf die erfolgreiche Wiederansiedlung von Luchsen: 24 in Wildparks gezüchtete Tiere wurden ab dem Jahr 2000 in die Freiheit entlassen. Die ersten Jungtiere registrierte man 2002. Fast 200 Jahre mussten dafür vergehen. 1818 war der letzte frei lebende Luchs geschossen worden. Zu sehen sind die scheuen Katzen in freier Wildbahn allerdings kaum. Besser stehen die Chancen im Schaugehege an der Rabenklippe bei Bad Harzburg, vor allem bei den öffentlichen Fütterungen, die zweimal in der Woche stattfinden. Auch die Auerhuhn-Beobachtung ist im Schaugehege bei Lonau vergleichsweise komfortabel möglich. Fernglas und Sitzkissen empfiehlt die Nationalparkverwaltung den Besuchern einer der beiden Wildbeobachtungsstationen. Mit etwas Glück und vor allem viel Geduld gelingt dort vielleicht ein Blick auf Rothirsche, Rehe, Füchse oder Wildschweine.

Weniger scheu sind die Pflanzen des Nationalparks, genau hinschauen muss man trotzdem. So ist - angesichts des Namens nicht ganz überraschend - die Brocken-Anemone in Deutschland nur auf der Kuppe des berühmten Harzgipfels zu finden. Zum sagenumwobenen Standort passt auch der Zweitname des weiß blühenden Pflänzchens: Man nennt es auch Teufelsbart.

Wer sollte hinfahren? Wetterfeste Wanderer, denn mit Regen muss man im Harz immer rechnen, ebenso wie mit Nebel, der den Brockengipfel im Schnitt an 300 Tagen im Jahr zumindest zeitweise umwabert. Immerhin gibt es dann die Chance, auf das Brockengespenst zu treffen: Einen Riesen, der plötzlich aus dem grauschimmernden Nichts auftaucht. Doch keine Sorge, das Phänomen ist naturwissenschaftlich erklärbar: Es entsteht, wenn der Schatten des Betrachters auf eine Nebelwand fällt. Doch auch ohne Gespenster-Sichtung kommt man an Legenden und Sagen kaum vorbei. Der Fernwanderweg "Harzer Hexenstieg" durchquert den Nationalpark und auf dem Naturmythenpfad geht es um mythische Verbindungen zwischen Mensch und Natur.

Freizeitparks sind Säule für Tourismus geworden; Nationalpark Hainich

Übersichtlich: Baumkronenpfad im Nationalpark Hainich

(Foto: Bodo Schackow/picture alliance/dpa)

Hainich, Thüringen

Mit der Wiedervereinigung rutschte der Hainich in die Mitte des Landes. Mit 16 000 Hektar ist er das größte zusammenhängende Laubwaldgebiet Deutschlands, fast die Hälfte der Waldfläche ist seit 1997 ein Nationalpark - und dank seiner alten, natürlich nachwachsenden und absterbenden Rotbuchen trägt der Hainich seit 2011 den Unesco-Titel Weltnaturerbe.

Was wächst und lebt hier? Mehr als "nur" Rotbuchen: In dem Biotop gedeihen über 50 Baumarten, ebenso viele Säugetier- und fast 200 Vogelarten. Experten schätzen, dass bis zu 10 000 Tierarten hier zuhause sind - wo alte Bäume verrotten dürfen, finden Insekten ideale Lebensräume, Pilze sowieso. Buntspechte und Fledermäuse leben hier. Und auch der Hainich ist Teil der Schutzprojekte für die Wildkatze, die sich dank grüner Korridore vor allem in Mitteldeutschland wieder ausbreiten soll. Die scheuen Tiere bekommen Besucher aber meist nur im Gehege des "Wildkatzendorfes Hütscheroda" zu Gesicht.

Wer sollte hinfahren? Menschen, die gerne den Überblick haben, dabei genauer hinschauen - und keine Angst vor Höhe haben. Dann können sie es genießen, auf etwa 540 Metern sozusagen auf Augenhöhe mit den Kronen majestätischer Bäume zurückzulegen und die Blätter von Sommer- und Winterlinde, Stieleiche oder Elsbeere zu vergleichen. "Und wenn der Wind in die Äste fährt, beginnen die Bäume zu tanzen und zu rauschen, als gäbe es eine große Party für den Wald", schreibt SZ-Autor Dominik Prantl in seiner Reportage aus dem deutschen Urwald Hainich. Wer lieber auf dem Boden bleibt, geht zum Beispiel den Welterbepfad ab, der auf zehn Kilometern durch die alten Buchenwälder führt - und einen Abstecher mit Ausblick auf ein weiteres Welterbe bietet: die Wartburg.

10 Jahre Nationalpark Kellerwald-Edersee; Nationalpark Kellerwald-Edersee

Waldbad: Die Banfe fließt im Nationalpark Kellerwald-Edersee durch einen Erlbruchwald.

(Foto: Uwe Zucchi/picture alliance / dpa)

Kellerwald-Edersee, Hessen

Erst ein endloses Meer aus Rotbuchen, dann noch ein respektabler See - der Nationalpark südwestlich von Kassel punktet doppelt. Dank seiner bis zu 260 Jahre alten Bäume ist er seit 2011 auch Teil des Unesco-Welterbes mit dem zugegeben etwas umständlichen Namen "Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas". Keine Straße, keine Siedlung zerschneidet den Wald. Steinig wird es nur auf den felsigen Blockhalden, die immer wieder inmitten des dichten Grün zu finden sind. Seit der Eiszeit sprengt der Frost die Brocken aus den Felswänden, langsam rutschen sie den Hang hinab und formen einen Lebensraum für Insekten und Reptilien.

Was wächst und lebt hier? Bäume wachsen, Bäume sterben. Und im toten Holz entsteht neues Leben: 1500 Käfer-, 1300 Schmetterlings- und 380 Wurmarten gibt es im Nationalpark. Manche brauchen den Urwald zum Überleben: Der Veilchenblaue Wurzelhalsschnellkäfer zum Beispiel siedelt ausschließlich in den Holzhöhlen, die sich am Fuß alter Laubbäume bilden. Besonders wohl fühlen sich auch Fledermäuse: 18 verschiedene Arten wurden gezählt. Ihr Winterquartier haben sie in einem alten Bergwerksstollen am Fuß des Bleibergs. Höchst unwahrscheinlich ist dagegen die Sichtung eines "Boggels" - das Nationalpark-Maskottchen hat zwar eine eigene Internetseite, bevorzugt aber ansonsten ein Leben im Verborgenen.

Wer sollte hinfahren? Alle, die nicht nur die Wanderschuhe, sondern gern auch den Badeanzug im Gepäck haben. Denn immer wieder blitzt an den Aussichtspunkten der 28 Kilometer lange Edersee hervor, immerhin der zweitgrößte Stausee in Deutschland. Auf dem Urwaldsteig geht es auf knapp 70 Kilometern rundherum, nicht nur durch wilden Wald, sondern auch an Badestellen vorbei. Wer die Mehrtagestour abkürzen will, kann aufs Schiff umsteigen.

Ebenfalls ein Stück am Wasser entlang führt der knapp vier Kilometer lange "Warzenbeißer Kunstweg". Zehn Kunstwerke liegen am Weg, der "Lichtturm" zum Beispiel, der "Verspannte Kopf" oder der "Gebärtunnel". Einige von ihnen verändern sich, so wie die Natur, die sie umgibt. Und manche werden im Laufe der Zeit ganz verschwinden.

Eifel, Nordrhein-Westfalen

Früher war der mehr als hundert Quadratkilometer große Nationalpark ein bewirtschafteter Wald in der Nordeifel, so dass selbst in den Urwaldbereichen keine uralten Bäume mehr stehen: Die größte Buche mit einem Stammdurchmesser von einem Meter ist aber auch schon 180 Jahre alt und steht in der Naturwaldzelle Schäferheld auf dem Höhenzug Kemeter. Der Eifel Nationalpark, der erst seit 2004 besteht, stößt im Norden an Nideggen und im Süden an die belgische Grenze. Er umschließt den ehemaligen Truppenübungsplatz Vogelsang - wo einst nur Soldaten stören durften, blieb schon früher mehr biologische Vielfalt erhalten.

Was wächst und lebt hier? Im dicht bevölkerten Deutschland hat der Schwarzstorch (Ciconia nigra) schlechte Karten: Im Gegensatz zum Artgenossen mit der weißen Weste meidet er menschliche Nähe - und ist nur dank intensiver Schutzbemühungen nicht ausgestorben. In den tiefen Eifel-Wäldern hat er ein Refugium gefunden. Wer sich abseits der offiziellen Pfade auf die Suche nach dem schüchternen Schwarzstorch macht, tut ihm keinen Gefallen: Das strikte Wegegebot im Nationalpark soll auch Ciconia nigra davor bewahren, aus seinem Wald vertrieben zu werden.

Ebenfalls viel Glück brauchen Besucher, um eine der Europäischen Wildkatzen zu sichten, auch wenn in der Eifel und in den benachbarten Ardennen eine der größten zusammenhängenden Populationen in Mitteleuropa lebt. Doch selbst diese besteht nur aus mehreren Hundert Tieren, die noch dazu besonders scheu und vor allem in der Dämmerung aktiv sind. Nicht zu übersehen sind aber die tausend Rothirsche im Nationalpark.

Und wer an einem Baum plötzlich einen Tintenfisch entdeckt, hat nicht den falschen Pilz gekostet, sondern einen vor sich: Der "Tintenfischpilz" streckt seine Fruchtkörper wie Tentakeln von sich - und ist wahrscheinlich Kriegsgewinnler: Der Pilz könnte mit militärischen Transporten während des Ersten Weltkriegs nach Europa gekommen sein. Er wächst an Waldwegen und ist auch von Menschen mit gutem Geruchssinn auffindbar: Clathrus archeri verströmt einen aasähnlichen Geruch. (Weitere tierische und pflanzliche Bewohner des Nationalparks lernen Sie hier kennen.)

Wer sollte hinfahren? Die wenigen Menschen, die aus den Gestirnen zu lesen vermögen, und die vielen, die einfach gerne in den Nachthimmel blicken und dort mehr sehen wollen als das trübende Hell der Metropolen: Das störungsfreie Himmelsgucken ist sogar in Nordrhein-Westfalen möglich, der Nationalpark Eifel wurde 2014 als erster "International Dark Sky Park" in Deutschland ausgewiesen und ist seit April 2019 als Internationaler Sternenpark anerkannt. Hier kann man die Milchstraße noch mit eigenen Augen sehen. (Informationen zu astronomischen Wanderungen an der Sternenwarte Vogelsang finden Sie hier.)

Wer lieber im Hellen unterwegs ist und zugleich mehr über die Wildnis erfahren möchte, bucht zum Beispiel einen Waldführer, der mit zum Wandern, Radfahren oder Reiten kommt. Wem ein Tag nicht genug ist, durchstreift auf dem Wildnis-Trail den gesamten Nationalpark in vier Etappen und erwandert dabei 85 Kilometer Natur: sozusagen Langstrecken-Schwimmen statt nur Waldbaden. Auch die vierte Etappe des Eifelsteigs führt durch den Nationalpark und dabei an der mehr als hundert Jahre alten Urfttalsperre vorbei, die den Fluss Urft aufstaut.

Vorbereitungslehrgang für Ranger

Bild mit Sogwirkung: Hochmoor im Nationalpark Hunsrück-Hochwald bei Deuselbach

(Foto: Thomas Frey/dpa)

Hunsrück-Hochwald, Rheinland-Pfalz und Saarland

Der jüngste Zuwachs der Nationalpark-Familie: 2015 wurde er eröffnet, ganz im Westen von Deutschland, auf 10 000 Hektar der grünen Mittelgebirgslandschaft des Hunsrück.

Was wächst und lebt hier? Im Mai und Juni erblühen die Arnikawiesen in leuchtendem Gelb. Deutlich schwerer sind die Wildkatzen zu Gesicht zu bekommen, auch wenn hier Experten schon hundert gezählt haben. Schwarzstörche und Schwarzspechte leben im Nationalpark - und früher einmal die Kelten: Bei Otzenhausen stößt man auf den Ringwall, eine mehr als 2000 Jahre alte, mächtige steinerne Befestigungsanlage. Noch etwas anschaulicher werden die Lebensumstände der Menschen damals im rekonstruierten keltischen Dorf.

Wer sollte hinfahren? Wanderer natürlich, durch den Nationalpark führen vier Etappen des Saar-Hunsrück-Steigs. Und Menschen, die häufiger kommen wollen, um zu erleben, wie Wildnis wächst. Denn der Nationalpark steht noch am Anfang: Schritt für Schritt wird die Natur sich selbst überlassen. Moore sollen in ihren ursprünglichen Zustand zurückkehren und die weitläufigen Buchenwälder zu Urwäldern werden, in denen Bäume ohne Zutun des Menschen gedeihen und auch sterben dürfen. Willkommen sind nicht nur Wanderer und Radfahrer, sondern auch Reiter: Sie können sich und ihr Pferd auf Zwei- bis Drei-Tagestouren durch die wieder ursprünglicher werdende Landschaft führen lassen.

Spätsommer in der Sächsischen Schweiz

Frühes Aufstehen lohnt sich selbst für Langschläfer: Blick auf das Elbtal im Morgennebel von der Bastei im Nationalpark Sächsische Schweiz

(Foto: Robert Michael/dpa)

Sächsische Schweiz, Sachsen

Was heute in Form von Felsnadeln und Tafelbergen in die Höhe ragt, war vor rund 100 Millionen Jahren noch Meeresgrund. Als sich das Wasser zurückzog, formten Wind und Wetter aus den Sand- und Tonschichten eine Landschaft, die in Deutschland mit ihren mehr als tausend freistehenden Felsen, tiefen Schluchten und weiten Ausblicken einzigartig ist. Gut 9000 Hektar des Elbsandsteingebirges stehen als Nationalpark unter besonderem Schutz.

Was wächst und lebt hier? In den Felsen mit ihren Ritzen und Spalten fühlen sich Turmfalken, Kolkraben, Dohlen, Uhus und mittlerweile auch wieder Wanderfalken wohl, außerdem viele Fledermausarten. Selbst der Schwarzstorch, der sein großes Nest sonst in Bäumen baut, sucht sich in der Sächsischen Schweiz eine felsige Unterlage. Die Paare bleiben von März bis August, dann ziehen sie ins Winterquartier nach Afrika. In den Gewässern, auch in der Elbe, leben die in Mitteleuropa sehr selten gewordenen Fischotter, ebenso Biber - und sogar einige Lachse.

Besonders verwunschen wirken die kühlen Schluchten zwischen den Felstürmen - zu verdanken ist das den Farnen, die dort üppig gedeihen. Nicht ganz so leicht ist ein Relikt aus der letzten Eiszeit zu entdecken. Das Zweiblütige Veilchen wächst versteckt im Schatten der Felsüberhänge.

Wer sollte hinfahren? Kletterer finden einige großartige Routen, aber man muss für spektakuläre Ausblicke gar nicht sportlich sein. Die Schönheit der Landschaft und die gute Erreichbarkeit - bis Dresden sind es nur rund 30 Kilometer - sind Segen und Fluch zugleich: An schönen Tagen drängeln sich die Besucher an den Instagram-tauglichen Fotopunkten wie der Bastei und stehen Schlange an den Treppen und Leitern, die hinauf auf die Felsen führen. Berühmt, aber ebenfalls fast zu beliebt, ist der 112 Kilometer lange Malerweg, der schon im 19. Jahrhundert Künstler inspirierte und in Teilen durch den Nationalpark führt. Wanderer, denen der Sinn nach Einsamkeit steht, sollten deshalb auch die unbekannteren Routen der insgesamt 400 Kilometer an markierten Wanderwegen in Betracht ziehen - oder einen Ausflug bei nicht ganz so strahlendem Wetter. Wem das nicht reicht: Gleich hinter der Grenze beginnt der tschechische Nationalpark "Böhmische Schweiz".

Im Süden: Bayerischer Wald, Schwarzwald, Berchtesgaden

Baumwipfelpfad im Nationalpark Bayerischer Wald; Nationalpark Bayerischer Wald

Eier-Spirale: Der Aussichtsturm bei Neuschönau (Landkreis Freyung-Grafenau) ist der Höhepunkt des Baumwipfelpfades im Bayerischen Wald.

(Foto: Armin Weigel/picture alliance/dpa)

Bayerischer Wald, Bayern

Der Vorreiter: Vor 50 Jahren wurde er als erster Nationalpark in Deutschland eröffnet, ein 13 000 Hektar großes Experimentierfeld für die Idee "Natur Natur sein lassen", das 1997 auf 24 000 Hektar erweitert wurde. Viele Hoffnungen knüpften sich in der abgelegenen, strukturschwachen Region an der Grenze zu Tschechien und Österreich an das Nationalpark-Projekt - aber auch Befürchtungen: vor allem als der Borkenkäfer, getreu dem Nationalparkprinzip, nicht bekämpft wurde und auf manchem Hügel statt grüner Bäume nur noch kahle Stämme zurückblieben (lesen Sie hier mehr über die Geschichte des Nationalparks). Doch es sprießt längst wieder zwischen dem toten Holz, ein junger Mischwald ersetzt allmählich die Fichtenmonokulturen. Und so ist der Nationalpark nicht nur Erholungsraum mit verwunschenen Wäldern, Hochmooren, Wasserfällen und Bergbächen, sondern auch ein lebendes Lehrbuch für die Regenerationskräfte der Natur.

Was wächst und lebt hier? Wald natürlich, und davon reichlich: Zusammen mit dem Böhmerwald auf der anderen Seite der Grenze zu Tschechien bildet der Bayerische Wald das größte zusammenhängende Waldgebiet in Mitteleuropa. Ungewöhnlich vielfältig ist aber auch das Leben zu Füßen und an den Stämmen der Bäume: Mehr als 2000 Pilzarten hat man schon bestimmt, vermutet werden noch einige Hundert mehr. Viele von ihnen gedeihen nur unter Urwald-Lebensbedingungen; die Zitronengelbe Tramete zum Beispiel oder der Rosenduft-Feuerschwamm, der auf der Welt bislang nur an sechs weiteren Orten nachgewiesen wurde.

Stolz ist man auch auf größere Waldbewohner, die ihren Weg zurückgefunden haben: In den 1980er Jahren wurden Luchse erfolgreich ausgewildert. Und die Nistkästen, mit denen man die Wiederansiedlung des Habichtskauz' unterstützte, sind kaum noch notwendig. Die Eulen suchen sich ihre Brutplätze in den abgestorbenen Bäumen.

Wer sollte hinfahren? Wer sich gern zu Fuß oder mit dem Fahrrad fortbewegt, findet dafür jede Menge Möglichkeiten: vom kurzen Rundweg, der auch mit dem Kinderwagen zu bewältigen ist, bis zu Mehrtagestouren wie dem Fernwanderweg "Goldsteig" oder für Mountainbiker der "Trans Bayerwald"-Route, die beide teilweise durch den Nationalpark führen.

Auf Augenhöhe mit dem Wald ist man auf dem Baumwipfelpfad in Neuschönau, der sich in einer Spirale gen Himmel windet. Besonders viel Urwald wächst entlang der Urwaldtour rund um Zwieslerwaldhaus. Und Fernblick - manchmal bis zu den Alpen - haben Besucher auf dem Gipfel des Großen Rachel. (Hier finden Sie weitere Touren- und Ausflugsvorschläge für den Nationalpark.)

Schwarzwald, Baden-Württemberg

So tief und dunkel und verwunschen er auch wirken mag, der Schwarzwald ist eine vom Menschen geschaffene Kulturlandschaft. Doch seit 2014 sollen etwa 10 000 Hektar zurückkehren in den Zustand vor der Zeit, als der Mensch anfing, Wälder und Wiesen zu bewirtschaften. Der Nationalpark liegt im Nordschwarzwald und kann mit diversen Gipfeln mit so schönen Namen wie Dreifürstenstein, Vogelskopf, Schliffkopf oder Seekopf aufwarten.

Was wächst und lebt hier? Die Reihe der klangvollen Namen lässt sich bei den kleineren und größeren Tieren fortsetzen, von der Alpinen Gebirgsschrecke bis zum Zitronenzeisig. Ein seltener Vertreter der Familie der Spechte mit ganz besonderen Fähigkeiten lebt ebenfalls in den Wäldern: Der Wendehals behält selbst die Dinge im Blick, die hinter ihm passieren. Auch ein Wolf (oder sogar zwei) soll gelegentlich durch den Nationalpark streifen. Beeindruckende 600 Kilometer hat er aus seinem Ursprungsrevier in der Lüneburger Heide zurückgelegt, wie Genanalysen ergaben. Mit einem schönen Namen wurde er trotzdem nicht belohnt: Er wird geführt unter "GW852m".

Wer sollte hinfahren? Nachtschwärmer ohne Angst vor völliger Dunkelheit. Tief im Wald liegen Trekkingcamps mit Feuerstelle und Platz für drei Zelte. Schon der Weg ist ein kleines Abenteuer: Erst nach der Buchung werden die GPS-Daten verraten.

Tagestouren gibt es natürlich auch: Die "Allerheiligen"-Runde führt von der gleichnamigen verwunschenen Klosterruine zu einem hundert Meter hohen Wasserfall, von der "Engelskanzel" aus hat man den besten Blick. Über Stämme, Steine und Wurzeln geht es auf dem "Wildnispfad": Sturm "Lothar" entwurzelte 1999 zahllose, zum Teil mehr als hundert Jahre alte Bäume - doch zwischen totem Holz sprießt neues Grün. Höhepunkt ist der luftige Pausenplatz im hölzernen Adlerhorst sieben Meter über dem Boden.

Wanderer auf Wanderweg zum Kärlingerhaus hinten Gipfel Viehkogel Nationalpark Berchtesgaden Berch

Wanderweg zum Kärlingerhaus im Nationalpark Berchtesgaden

(Foto: Mara Brandl/Imago)

Berchtesgaden, Bayern

Für manche ist Deutschlands einziger Alpen-Nationalpark nicht nur schön, für sie steht hier sogar der schönste Berg der Welt. Zu diesem wurde der Watzmann schon einmal gewählt, vor etwa Eiger und K2. Seit 1978 wird die Natur bei Berchtesgaden in der Grenzregion zu Österreich besonders geschützt. Das Gebiet ist zudem Teil der Biosphären-Region Berchtesgadener Land der Unesco.

Was wächst und lebt hier? An den Berghängen jagen Steinadler mit Flügeln, die sich bis zu zwei Meter spannen. Gämsen klettern in den warmen Monaten hinauf Richtung Gipfel. Und wenn sie nicht gerade Winterschlaf halten, lassen sich auch Murmeltiere blicken - etwa am Funtensee. Weithin bekannt sind die Milchkühe, die von ihren Bauern jeden Herbst beim Almabtrieb hübsch herausgeputzt sogar über den Königssee geschippert werden.

Das Edelweiß, die Klischee gewordene Alpenblume, ist selten geworden, blüht aber noch an manchen Stellen. Nicht ganz so viel Glück ist nötig, um Enzian oder Bergahorn zu bewundern.

Wer sollte hinfahren? Vor allem Menschen, die diese Bergwelt nicht nur für Selfies heimsuchen, sondern auch bereit sind, die Natur zu schonen - und vielleicht gerade die spektakulärsten Plätze bewusst auszulassen. An Königssee und Watzmann hat der Nationalpark seit langem ein Overtourism-Problem. Selbst im Coronasommer ohne die üblichen internationalen Touristenmassen bildeten sich etwa an den Schiffsanlegestellen lange Schlangen. Am funkelnden Königsbach-Wasserfall müssen regelmäßig unvorsichtige Motivjäger aus misslicher Lage gerettet werden, zurück bleiben zertrampelte Böden und Müll. Die Nationalparkverwaltung sah sich zuletzt gezwungen, ein Betretungsverbot für den "natural infinity pool" vorzubereiten, nachdem Appelle zur Zurückhaltung nichts brachten. Grundsätzlich nicht erlaubt sind Stand-Up-Paddling und ähnliche Aktivitäten auf dem Königssee. Dabei bleiben für Besucher auch so mehr als genug Möglichkeiten, die Gegend zu erkunden: etwa auf mehr als 250 Kilometer Wanderwegen, Klettersteigen und Mountainbike-Routen. Denn auch wenn Naturschutz das erste Gebot bleibt: Menschen sollen die Gegend bei Berchtesgaden weiterhin besuchen dürfen - mit Umsicht.

Zur SZ-Startseite
Bayerische Wald bildextern:20200717 höllbachgespreng steffen_krieger (36).jpg

SZ PlusBayerischer Wald
:Im grünen Paradies

Ob im Urwald zwischen dichten Bäumen oder auf dem Gipfel des Rachel: Der Nationalpark bietet für jeden Geschmack ein Abenteuer in der Natur. Ein Streifzug zu elf besonderen Highlights.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: