Afrika:Warum Nashörner nach Botswana umziehen

Afrika: Ausgewildertes Spitzmaulnashorn in Botswana. Durch den Umzug von Südafrika hierher soll das Überleben der Art gesichert werden.

Ausgewildertes Spitzmaulnashorn in Botswana. Durch den Umzug von Südafrika hierher soll das Überleben der Art gesichert werden.

(Foto: KGC-375/STAR MAX/IPx)

In Botswana waren Nashörner ausgerottet. Jetzt werden dort Tiere aus Südafrika angesiedelt. Warum der Umzug sie vor Wilderern schützt, erklärt Naturschützer Kai Collins.

Interview von Monika Maier-Albang

Im Jahr 2000 startete Botswana die weltweit größte Umsiedlung von Nashörnern. Die Tiere stammen aus Südafrika. Bis ins 19. Jahrhundert waren Nashörner auch in Botswana verbreitet, dann aber von Jägern ausgerottet worden. Mittlerweile haben sich die Breitmaulnashörner im Okavangodelta gut eingelebt. Nun werden auch die weitaus gefährdeteren Spitzmaulnashörner dorthin gebracht - zum Schutz vor Wilderern. Kai Collins, verantwortlich für die Umsiedlungsaktion, kennt die Macken der Nashornbullen und den mühsamen Kampf gegen unwissende Horn-Käufer.

SZ: Herr Collins, diese Umsiedlung ist ja schon ein Riesenaufwand. Glauben Sie wirklich, dass die Nashörner in Botswana sicherer sind als in Südafrika?

Kai Collins: Wir hoffen es. Südafrika hat zwar in den letzten Jahren enorm aufgerüstet im Kampf gegen die Wilderei. Und in letzter Zeit gibt es auch einen leichten Rückgang bei den getöteten Tieren. Aber die Rate ist immer noch enorm hoch. In den vergangenen vier Jahren wurden in Südafrika mehr als 3000 Nashörner gewildert.

Was ist anders in Botswana?

Die Wilderer sind bei uns noch nicht so aktiv, weil wir noch nicht so viele Tiere haben. Und die sind über eine große Fläche verteilt. Im Delta muss ein Wilderer, der zu Fuß unterwegs ist, erst mal an einem Haufen Krokodile vorbei. In den privaten Farmen in Südafrika können die Wilderer die Tiere von der Straße aus sehen. Und wir haben einen massiven Verfolgungsdruck. Die gesamten Streitkräfte, die Botswana Defence Force, sind gegen die Wilderer im Einsatz. Wir haben in den letzten drei Jahren fünf Nashörner verloren, vier davon in privaten Farmen. Zwei Tiere starben nahe der Grenze zu Südafrika. Eins im Delta, vor Kurzem.

Zuletzt sind auch in Botswana Elefanten gewildert worden. Kritiker sagen, dass mit dem neuen Präsidenten Mokgweetsi Masisi der Verfolgungsdruck nachgelassen hat. Fühlen sich Wilderer ermutigt?

Wir haben mit etwa 140 000 Tieren die drittgrößte Elefantenpopulation der Welt, wir wussten, dass sie irgendwann auch zu uns kommen würden. Im letzten halben Jahr sind die Wilderer-Syndikate aktiver geworden. Sie gehen in Gebiete, in denen nicht regelmäßig patrouilliert wird. Aber die Regierung hat das erkannt und stockt hier Personal auf. In Botswana ziehen da nach wie vor alle an einem Strang: der Präsident, die Minister. Vor allem aber hat bei uns auch das Volk verstanden, wie wichtig der Tourismus ist - und wie wichtig dafür die Tiere sind. Er ist die zweitgrößte Einnahmequelle nach dem Abbau der Diamanten.

Botswana kann sich den Tierschutz leisten, es ist relativ wohlhabend verglichen mit anderen afrikanischen Ländern.

Stimmt. Vor allem aber ist die Bürokratie hier weniger korrupt. Das ist das größte Problem in anderen Ländern. Bevor die Syndikate sich in einer Gegend ausbreiten, haben sie in der Regel die örtliche Polizei und die Verwaltung der Dorfgemeinschaften bestochen.

Wie viele Nashörner haben Sie mittlerweile in Botswana?

Das kommunizieren wir nicht. Wir wollen den Wilderern keine Anreize geben. Über 200, so viel kann ich sagen. Sie vermehren sich gut, sie fühlen sich wohl hier.

Wie funktioniert die Aussiedlung?

Bei Breitmaulnashörnern unkompliziert. Du lässt sie aus dem Käfig, und sie finden sich zurecht.

Und bei Spitzmaulnashörnern?

Die Black Rhinos, wie wir sie nennen, brauchen eine passende Umgebung: Büsche, Bäume. Man muss sich also genau überlegen, wo im Delta man sie in die Freiheit entlässt. Beide Spezies gab es ja früher hier, es ist also ein natürlicher Lebensraum. Breitmaulnashörner sind wie Pferde: Du stellst sie auf eine Weide und sie fangen an zu grasen. Spitzmaulnashörner sind wählerischer mit der Kost. Wir halten sie in Südafrika zunächst einen Monat lang in Quarantäne, dann kommen sie nach Botswana. Hier gewöhnt man sie an die Baumarten, die es bei uns gibt. Jeden Morgen, jeden Abend haben sie frisch geschnittenes Buschwerk bekommen, damit sie herausfinden konnten, was ihnen schmeckt. Das hat eine Menge Leute beschäftigt.

Kai Collins (c) Wilderness Safaris

Kai Collins siedelt im Auftrag des Unternehmens Wilderness Safaris Nashörner um. Weltweit gibt es nur noch 20 000 Breitmaul- und 5000 Spitzmaulnashörner.

(Foto: Wilderness Safaris)

Und dann bringt man sie in den Busch?

Schön wär's, aber so einfach ist das nicht. Spitzmaulnashörner sind extrem revierbezogen. Wir sind monatelang über einer Karte gestanden und haben überlegt, welches Tier wir wohin tun, wer mit wem kann. Das sind wirklich komplizierte Charaktere. Wenn du zwei Männchen, die sich nicht verstehen, in angrenzende Reviere gibst, ist am Ende eines tot. Die Reviere der Weibchen können sich überlappen. Es gibt einen Trick, wie man die Tiere an ein neues Revier gewöhnen kann. Man sammelt ihren Dung und verteilt ihn dort, wo man sie ansiedeln will. Das ist so, als ob sie dort schon ihr Revier markiert hätten.

Sind die Nashörner für Sie auffindbar?

Ja, sie haben einen Chip im Horn. Eine moderne Technologie, die den Wilderern bislang nicht zugänglich ist.

In Südafrika war man von den Sendern abgekommen, nachdem Wilderer die Frequenz entschlüsselt und so Tiere gefunden hatten.

Südafrikas größtes Problem war bislang, dass Mosambik nicht kooperiert hat. Die Syndikate konnten dort komplett frei operieren, die Wilderer kamen von Mosambik aus über die lange, nicht durch einen Zaun geschützte Grenze nach Südafrika - und konnten sich dann wieder zurückziehen. Aber das ändert sich gerade.

Solange die Nachfrage anhält, scheint der Kampf trotzdem aussichtslos zu sein. Wie wär's, wenn Sie Schulungen für Touristen aus China anböten?

In China hat es zuletzt tatsächlich Aufklärungskampagnen gegeben. Bei der Organisation WildAid zum Beispiel haben sich Stars wie die Schauspielerin Zhang Ziyi, ihr Kollege Jackie Chan und der Basketballer Yao Ming engagiert. Das Problem ist, dass die Leute so unwissend sind. Sie glauben wirklich, dass das Nashorn es überlebt, wenn sie Horn gegen ihren Kater nehmen oder es ihnen als Medizin gegen Krebs empfohlen wird. Momentan aber geht Horn vor allem nach Vietnam.

Wer kauft es?

Die wachsende Mittelklasse. Auch hier glauben die Leute, dass es Krebs bekämpft. Es wird zusätzlich zur Chemotherapie genommen, was natürlich den Nachweis, dass es nicht hilft, schwierig macht. Überleben die Leute, glauben sie, es lag am Horn. Wenn nicht, nun ja. Da stecken handfeste Wirtschaftsinteressen dahinter. Und eine clevere Vermarktung. Das Horn hat in Vietnam keine Verwurzelung in der traditionellen Medizin. Da wurde einfach ein Fake-News-Markt geschaffen. Außerdem gehört es zum guten Ton, dass man sich in großen Unternehmen beschenkt - leider auch mit Horn und Elfenbein.

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