Nachtzüge bei der Deutschen Bahn:"Zeitsparend, komfortabel und kultiviert"

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Zug am Münchner Hauptbahnhof (Foto: Robert Haas)

Der Nachtzug zwischen München und Berlin wird eingestellt - na und? Diese Meinung teilen nicht alle unsere Leser: Ihr Lob auf das Bahnfahren bei Nacht.

Von Dezember an fährt kein Nachtzug mehr von München nach Berlin. Kein Grund zur Traurigkeit, findet unser Autor Jakob Schulz. Doch andere werden die nächtliche Bahnreise vermissen - Verteidigungsreden von Lesern:

"Nachtzugfahren heißt doch nicht nur, sich von A nach B 'befördern' zu lassen, sondern zeitsparend, komfortabel und kultiviert zu reisen. Freilich ersetzt kein Schlafwagen das heimische Bett, aber Nachtzüge sind auf vielen Strecken oft die letzten verbliebenen Direktverbindungen zwischen Europas Metropolen. Wer einmal beobachtet hat, wie in einem Liegewagenabteil sechs junge Menschen aus verschiedenen Ländern ohne Sprachgrenzen friedlich Karten spielen und sich auf das gemeinsame Ziel freuen, spürt ein zusammenwachsendes Europa. Ein ökologisch fortschrittliches Europa kann unmöglich auf Fernbus und Billigflieger aufgebaut sein: Es braucht transnationale Eisenbahn-Fernverbindungen, bei denen der Gast die Wahl hat: tagsüber oder eben nachts zu reisen."

Martin Pavlík

Entspannte 1000 Kilometer

"Nachtzüge begleiten mich mein halbes Leben. Als gebürtiger Schleswig-Holsteiner, der damals von der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen nach Passau geschickt wurde, war der Nachtzug Wien-Hamburg eine günstige Reisevariante. Bei bis zu drei Reisenden konnte man sich in den alten Sechser-Abteilen der "einfachen" Waggons die Sitze zusammen schieben und so auch auf den billigen Plätzen liegen. Da gab es dann auch die erste konkrete Erfahrung mit der Ostöffnung, als es mit der Nachtruhe um drei Uhr früh vorbei war, weil am Grenzübergang in der hessischen Stadt Bebra (wo sonst nie einer ein- oder ausstieg) plötzlich haufenweise Leute in den Zug strömten.

Mit Familie, das heißt mit Frau und zwei kleinen Kindern, buchten wir ein Zweier-Abteil im Schlafwagen, wenn es von München zu Oma und Opa gehen sollte. Für die Kinder war das allemal spannender als 1000 Kilometer mit dem Auto zu fahren - und für uns entspannter. Auch beruflich empfinde ich den Nachtzug durchaus als echte Alternative zum Flugzeug. Zumindest wenn letzteres bedeutet, dass das Taxi um 4.30 Uhr vor der Haustür stehen muss. Ideal ist es, wenn der Nachtzug Schlafabteile mit Dusche und Toilette sowie ein Frühstücksbuffet bietet, wie die City Night Line um die Jahrtausendwende zwischen München und Hamburg. Dann steige ich gerne um 23 Uhr im Münchner Hauptbahnhof ein, schlafe bis Bremen, dusche und frühstücke in aller Ruhe, bevor ich gegen acht Uhr morgens in Hamburg bin."

Horst Rüdiger

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Eine Chance für die nächste Generation

"Ich empfehle, mal einen modernen Nachtzug zu nutzen. Meine angenehmen Erfahrungen beziehen sich auf die Strecke Freiburg-Berlin, der Zug kommt aus Zürich. Die Wagen sind gut schallgedämmt. Da hören Sie nichts von Leuten im Gang, und zusperren können Sie auch. Der Schaffner ist meist äußerst zuvorkommend und serviert das Frühstück gerne mal in der Ersten Klasse, wenn das Abteil frei ist. Aber natürlich gibt es auch andere Erlebnisse. Besonders die Strecke München Richtung Zagreb ist zum Abgewöhnen.

Natürlich darf und muss die Deutsche Bahn kritisiert werden, im Interesse aller. Die alten Nachtzüge sind ein Graus, dass hier Investitionsrückstau herrscht, ist offenkundig. Wenn aber ganze Verbindungen abgeschafft werden, hat auch die neue Generation keine Chance mehr - und der Wettbewerb nimmt ab."

Daniel Mader

Urlaub beginnt im Nachtzug

"April 2015, mit drei Freunden unterwegs nach Sizilien. Nicht per Flieger, das kann ja jeder - wir haben uns fürs Reisen entschieden, also mit der Bahn. Nach dem Auftakt-Abendessen geht es von München aus im CityNightLine bis Rom. Ein Vierer-Abteil - passt prima, wir sind unter uns. Als sich der Zug in Bewegung setzt, haben wir unser rollendes Zimmer schon "eingerichtet" - die Liegen sind gemacht. Nun erst mal eine schöne Flasche Rotwein auf die vor uns liegenden sieben Tage. Wir passieren Rosenheim, Kufstein, Innsbruck. So langsam könnte man ans Schlafen denken. Am Brenner um Mitternacht - Ruhe im Abteil. Als ich aufwache, sehe ich in der Morgensonne die typische Landschaft der Toskana, irgendwo zwischen Arezzo und Orvieto. Es war nicht der tiefste Schlaf, aber ich fühle mich ausgeruht. Kaffeezeit, der Schaffner beweist staubtrockenen Humor: Wir sollen den guten Filterkaffee genießen, danach gäbe es ja nur noch diese italienische Plörre... Um 19:30 Uhr werden wir in Messina sein, Urlaub ist jetzt schon."

Bernd Rickert

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