Süddeutsche Zeitung

Museo Bontadi in Rovereto:Volldampf für die Crema

Das Museum der Kaffeerösterdynastie Bontadi erzählt die Geschichte der Espressomaschine, der Kaffeerösterei - und der Baristi.

Von Evelyn Vogel

Was für eine Designvielfalt! Zylindrische Tanks im Art-déco-Stil, ovale Maschinen, deren chromblitzende Leisten an Kühlergrills alter amerikanischer Straßenkreuzer erinnern, kompakte Geräte, die mehr alten Röhrenradios oder futuristischen Fernsehern gleichen als dem, was sie sind: Espressomaschinen. Gleich neben der Kaffeerösterei von Bontadi in Rovereto ist das Museum der Collezione Bontadi, das "CoBo", untergebracht. Es ist zwar klein, aber es beherbergt nicht weniger als 300 Ausstellungsstücke.

Hier lernt man die Familiengeschichte der Kaffeerösterdynastie Bontadi kennen, die bis ins Jahr 1790 zurückreicht. Und dank der Sammelleidenschaft der Bontadis kann das "CoBo" mit allerlei Gerätschaften rund um den Kaffee aufwarten: Da sind alte Röster zu sehen, die noch ins Feuer gehängt werden mussten, bis hin zu den ersten vollautomatischen Röstmaschinen. Alte Kaffeemühlen, die man aus Omas Küche kennt, werden ebenso ausgestellt wie Gastronomiegeräte, dazu Portionierer und Espressomaschinen aller Art, und das alles quer durch die Jahrhunderte.

Bei der geführten Tour (nur mit Anmeldung) erfährt man aber auch viel über die Entwicklung der Espressozubereitung - von einem bitteren, milchigen Kaffeegebräu, das wohl ziemlich "gewöhnungsbedürftig" war, bis hin zu dem mit feiner, dichter Crema bedeckten Espresso, wie wir ihn heute kennen und lieben. Die ersten Maschinen von 1885 waren Metalltonnen, bei denen das Wasser im Tank mit Holz oder Kohle erhitzt wurde. Im Museum steht eine solche "Colonna" von 1901 neben anderen Modellen, die allesamt schon recht technisch aussehen mit ihren Steigleitungen, Druckmessern und Pressvorrichtungen.

Der Fortschritt kam aber erst, als die Firma Gaggia 1948 die erste Maschine auf den Markt brachte, die mithilfe eines großen Hebels mehr als sechs Bar Druck und damit einen Espresso mit richtiger Crema erzeugen konnte. Die Ära des Barista brach an. Und der war männlich. Wer bis zum Abend eine gleichbleibende Crema servieren wollte, brauchte Muckis. Daran änderte auch die Maschine von Cimbali nicht viel, deren Zweihandhebel weniger Kraft erforderte. Die legendäre Faema E61 von 1961 war die erste Maschine, die den Hebel durch eine Pumpe ersetzte, um das Wasser mit Druck durch den Kaffeepuck zu pressen. Doch bis die Welt der Baristi weiblich wurde, dauerte es noch eine ganze Weile.

Hinweis der Redaktion

Die Recherchereisen für diese Ausgabe wurden zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien und/oder Tourismus-Agenturen.

Verantwortlich: Peter Fahrenholz Redaktion: Ingrid Brunner Anzeigen: Jürgen Maukner

Museo Bontadi, Rovereto, www.bontadi.it

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Quelle:
SZ vom 06.09.2018
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