Mountainbiken im Montafon:Im Tal der Möglichkeiten

Ob für Profis, Sportliche oder Anfänger, im Montafon in Vorarlberg gibt es für alle lohnende Strecken mit einer Gemeinsamkeit: die wunderbare Aussicht.

Stefan Herbke

Die Guides vom Aktivpark Montafon in Vorlarlberg kennen sich auf den 860 Kilometern Bikerrouten aus wie in ihrem Wohnzimmer - da können sie flexibel sein. So hatte einmal Mountainbike-Führer Markus Fessler mit vier Pärchen am Vorabend das Programm für den nächsten Tag festgelegt, doch zum Treffpunkt kamen dann nur die Frauen: Die Herren waren kurzfristig auf Wellness umgeschwenkt. "Also sind wir auf Wunsch der Mädels zum Baden geradelt, wo sie aus dem Rucksack kleine Champagner-Flaschen geangelt haben", erzählt Fessler lachend.

Meistens sind es bei Paaren jedoch die Männer, die sich zwischen Rätikon, Silvretta und Verwall sportlich austoben, während die Frauen in den Bikehotels im Montafon die Wellness-Angebote nutzen.

Auch wenn es einige Biker gar nicht erwarten können, Berge auf dem Rad zu bezwingen, bremst der drahtige Guide Fessler sie erst einmal: "Es werden keine Startnummern verteilt. Wir wollen den Tag ganz gemütlich angehen."

Seit vier Jahren leitet der 38-jährige, staatlich geprüfte Trainer die Bikebasis Montafon in Schruns-Tschagguns, mit Erfolg: Jedes Jahr kommen rund zehn Prozent mehr Biker, Tendenz steigend.

Auch das sportliche Niveau der Gäste wird immer besser. Und so wollen einige morgens am Treffpunkt am liebsten "testen, was der Bikeguide so drauf hat", meint Fessler, der regelmäßig an Mountainbikerennen und Bergläufen teilnimmt.

Doch ein Wettrennen wird die Fahrt sicher nicht: "Es geht nicht darum, wer der Schnellste ist, es geht um einen schönen Tag, um tolle Erlebnisse, eine schöne Einkehr und um ein einmaliges Panorama."

Dafür ist das Montafon der richtige Ort. Das etwa 40 Kilometer lange Vorarlberger Tal am Fuß von Rätikon und Silvretta ist mit seinen Seitentälern, den gepflegten Hütten und den zahlreichen Wegen ein überschaubares, aber keineswegs überlaufenes Paradies für Biker. Über 30 bestens markierte Routen gibt es, 860 Kilometer können abgespult werden und für elf der Routen sind sogar GPS-Daten erhältlich.

In einem eigenen BikeGuide sind alle Routen aufgeführt und ausführlich beschrieben. Einer der Initiatoren des Guides ist Rudi Bitschnau vom gleichnamigen Hotel. Zusammen mit Tobias Stergiotis und vier weiteren Freunden hat der begeisterte Biker den Führer initiiert: "Die Wege waren da, auch die Beschilderung war perfekt, der nächste Schritt war die überregionale Vermarktung des Montafon als Bikeparadies".

Ein Schritt dorthin war die Mitgliedschaft bei "Mountain Bike Holidays", einem Zusammenschluss von 61 bikefreundlichen Hotels in 19 Regionen. Vier Hotels im Montafon gehören dazu und verpflichten sich, gewisse Qualitätskriterien zu erfüllen. Die Biker profitieren davon und bekommen neben persönlichen Tipps, Leihrädern oder Lunch-Paketen bei Buchung einer Bikepauschale auch die Möglichkeit, an den Biketouren des Aktivpark Montafon kostenlos teilzunehmen.

Hier zeigen Insider den Gruppen mit bis zu zwölf Personen die Region. "In der Regel bleiben die Biker drei bis vier Tage", erzählt Rudi Bitschnau, "dabei gäbe es allein im Montafon Touren für einen Monat."

Alle Touren sind von den Hotels direkt zu erreichen, auch die beliebte Runde über Bartholomäberg hoch zum Alpengasthof Rellseck. Bei der Auffahrt macht Guide Markus Fessler gerne einen Abstecher Richtung Fritzensee. Als Überraschung hat er einen Stopp bei einer Alphütte geplant, bei der er Getränke deponiert hat. "Die Leute sollen erst einmal zur Ruhe kommen, sich gemütlich hinsetzen und kennenlernen. Es bringt ja nichts, wenn man die Hektik einer Arbeitswoche während der Urlaubstage fortsetzt."

Natürlich gibt es Gruppen, die sportlich an ihre Grenzen kommen wollen: "Da geht es nur um möglichst viele Höhenmeter und Kilometer, und um Zeit zu sparen gibt es zur Stärkung nur Riegel aus dem Rucksack. Erst abends wird gegessen, dann aber richtig, schließlich ist man nach 3000 Höhenmetern und 120 Kilometern hungrig", berichtet Fessler.

Doch davon sollten sich weder Durchschnittsbiker noch Einsteiger irritieren lassen: Im Montafon finden sie Touren in allen Längen und Schwierigkeitsgraden und damit für jede Könnerstufe - wie anspruchsvoll die Fahrt wird, können die Mountainbiker vorher mit dem Führer besprechen.

Markus Fessler lotst seine Gruppe weiter zum Alpengasthof Rellseck.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wo Mountainbiker im Montafon noch Neuland befahren ...

Fahrt durch "Kanada"

Das kleine, rustikale Wirtshaus befindet sich auf einer traumhaften Aussichtsloge, von der man fast drei Viertel des Montafon überblicken kann und zusätzlich mit einem Postkartenblick ins Rätikon belohnt wird.

Fragt man die Montafoner nach ihren Lieblingsplätzen, wird wohl nicht nur Rudi Bitschnau das Rellseck nennen: "Außerdem gibt es dort jeden Mittwoch Bergfrühstück mit Spiegelei in der Pfanne, Bratkartoffeln und Montafoner Surakäs (Saurer Käse), dazu selbst gemachtes Brot, hausgemachte Marmelade, frische Milch und Butter von der Alpe und Heidelbeeromeletts" schwärmt der Hotelier, der früher - als er noch Zeit hatte - seine Hausgäste höchstpersönlich mit dem Bike begleitete und immer wieder gerne zum Rellseck führte.

Nach der Pflichtpause auf Rellseck geht es in einer langen Querung auf einem Güterweg übers Alplegi (1802 Meter) zur einfach bewirtschafteten Alpe Latons (1640 Meter) und dann auf einem der schönsten Singletrails des Montafon über Falla zurück nach Bartholomäberg.

Die Tour ist gut markiert, doch wer einen Guide wie Fessler dabei hat, entdeckt Neues. "Als Guide kennst Du halt noch ein paar Zuckerl, die nicht in der Bikekarte eingezeichnet sind", sagt Fessler und biegt in einen der abwechslungsreichen Trails ab, die von Bartholomäberg hinunter nach Schruns führen.

In der Regel bewegt man sich im Montafon auf guten Forstwegen wie auf der auch bei Einsteigern beliebten Tour ins Silbertal, bei der die Guides bereitwillig den Fremdenführer spielen. Nur leicht steigend geht es an der Litz entlang taleinwärts ("Im Mittelalter wurde hier Erz abgebaut, daher der Name Silbertal") zum Gasthaus Fellimännli. Die beliebte Einkehrstation ("wurde nach den Murmeltieren benannt") ist ein familienfreundliches Ausflugsziel mit Kinderspielplatz und gutem Essen: Wild ist zu empfehlen, schließlich ist der Wirt Jäger, und die Forellen kommen aus dem eigenen Teich.

Etwas anstrengend, aber problemlos zu fahren ist der Anstieg nach Wildried zu einem Hochmoor ("eines der höchstgelegenen Europas"), ehe man auf einem Höhenbalkon fast ohne Steigung mit Traumblick ins Rätikon zum Kristberg rollt.

Dort wartet ein Abstecher zur Bergknappenkapelle St. Agatha ("die älteste Kirche im Montafon"), bevor man weiterfährt nach Bartholomäberg und von dort zurück ins Tal.

Die lange und sportliche Variante führt vom Gasthaus Fellimännli über die Untere und Obere Wasserstubenalpe - auf der urigen Alm macht Markus mit seiner Gruppe besonders gerne Rast - zum Sonnenkopf und dort in einer langen Abfahrt ins Klostertal. Von Dalaas aus führt dann wieder eine Forststraße rund 650 Höhenmeter hinauf zum Kristbergsattel, wo man die Wahl zwischen verschiedenen Wegen zurück ins Tal hat.

So vielfältig wie das Montafon sind auch die Möglichkeiten für Biker. Die Touren beginnen unten im Tal auf rund 700 Metern Höhe und führen durch Mischwälder zu den Alpen und weiter bis in den hochalpinen Bereich. Egal in welche Richtungen man von Schruns-Tschagguns aus startet - mit Sicherheit findet man eine lohnende Bikeroute.

Der Schatz im Silbertal

Hoch hinauf geht es auf den Forstwegen am Kapell oder am Golm, viel zu Sehen gibt es auf dem Gamstalweg zur Lindauer Hütte am Fuß der Drei Türme - ein Motiv, das in keinem Bergkalender fehlen darf, und richtig lang ist die Runde über den Kopssee und die Heilbronner Hütte ins landschaftlich einmalige hintere Silbertal.

Selbst für eingefleischte Biker ist dieses unberührte Gebiet, das einen fast an Kanada erinnert, Neuland: Die im Natura 2000 Gebiet "Verwall" gelegene Strecke zwischen Gieslaalpe und dem Silbertaler Winterjöchle (1945 Meter, Landesgrenze Tirol/Vorarlberg) darf erst seit dem Sommer 2008 von Mountainbiker offiziell befahren werden - allerdings nur von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zwischen 15. Juni und 15. September. Mit 67 Kilometern und 1765 Höhenmetern ist dies eine der sportlicheren Runden im Montafon.

Gut, wer da mit Guide unterwegs ist und bei der Oberen Freschalpe Station machen kann. Die ist zwar offiziell nicht bewirtschaftet, doch weil Markus Fessler den Senn kennt, gibt dieser doch ein Getränk aus.

Informationen:

Von Sonntag bis Freitag bieten die Guides jede Woche ein Tourenprogramm an, für Gäste aus einem der vier "Mountain Bike Holidays"-Hotels auch samstags; Kosten der geführten Touren vom 1. Mai bis 31. Oktober ohne Hotelbuchung: Halbtagestour 20 Euro, Ganztagestour 30 Euro. Weitere Informationen bei der Montafon Tourismus GmbH (Tel. 0043/5556/722530), auf der Webseite des Aktivparks und bei Mountain Bike Holidays (Tel. 0043/6542/80480-28)

Montafon Mountainbike Marathon Anspruchsvolle Streckenprofile, kräfteraubende Anstiege und waghalsige Abfahrten gibt es am 1. August 2009, wenn zum ersten Mal der M3 Montafon Mountainbike Marathon startet. Gefahren wird auf drei unterschiedlich schwierigen Strecken, die einzeln oder als Team in Angriff genommen werden können.

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