Mountainbike-Tour in der Schweiz:Absteigen ist hier keine Schande

Über dem Walensee im Kanton St. Gallen erheben sich die Churfirsten, für Mountainbiker ein unüberwindbares Hindernis. Doch westlich davon gibt es zwei Übergänge, die eine sportliche Runde ermöglichen - und manchmal ins Abseits führen.

Stefan Herbke

Die Schweiz ist jeden Franken wert, das wird einem bei der Anfahrt entlang des Walensees im Kanton St. Gallen bewusst - zu schön ist die Aussicht. Wie ein Fjord schlängelt sich der malerische See am Fuß der markanten Churfirsten entlang, deren Felsabbrüche das Wasser um knapp 2000 Meter überragen. Am Ende des Sees führt die Straße eindrucksvoll hinauf zum Dorf Amden auf einem Sonnenplateau westlich der Churfirsten. Ein idyllischer Ort hoch über dem See, eingebettet in saftige Wiesen, überragt von schroffen Bergen wie dem Mattstock und dem auffallenden Spitz des Leistchamm. Von Amden aus startet die Rundtour rings um den Gulmen (1789 m), über Vorder Höhi nach Stein im Toggenburg und zurück über Hinter Höhi.

Mountainbiketour Amden Kanton St. Gallen Schweiz

Steigen statt fahren: Wer die schwierigere Variante von Vorder Höhi nach Toggenburg wählt, landet im Dickicht.

(Foto: Stefan Herbke)

Über Vorder Höhi ins Toggenburg

Die grandiose Kulisse gibt es umsonst, doch wer parken will, muss zahlen. Wenigstens sind die Bikestrecken gratis. Am Großparkplatz Arvenbüel beginnt die Tour mit einer kurzen Abfahrt, zumindest falls man die gemütliche Route zum Pass Vorder Höhi wählt: von der Bushaltestelle Sell aus entlang einem Teersträßchen und über Altschen bequem hinauf nach Vorder Höhi.

Alternativ kann man vom Parkplatz aus auch auf einem teils sehr steilen Wanderweg nach Altschen radeln. Kurz darauf erreicht man den grünen Sattel Vorder Höhi (1537 m) und damit den Übergang in die Talschaft Toggenburg.

Von Vorder Höhi aus haben die Biker wieder die Wahl: Eine einfache Abfahrt, die problemlos der Teerstraße nach Starkenbach folgt, oder eine sportliche, die in einem Bikeführer empfohlen wird. Diese lässt mit dem Karteneintrag "Fussweg gelb markiert, ca. 10 Min." nichts Schlimmes erwarten. Klar, dass man mit einem Bike diese Variante wählt, am Wegweiser "Alp Arsch" (heißt wirklich so, auch wenn sich manche "Auswärtige" daran stören) links abbiegt und einem gar nicht mal so schlechten Forstweg folgt. Der endet allerdings kurz darauf.

Trittspuren führen hinein in ein dicht bewachsenes Blockfeld mit zahlreichen Wasserlöchern und umgestürzten Bäumen, durch und über die das Bike geschleppt werden muss, während der Radler überall nach den gelben Punkten zur Orientierung Ausschau hält. Klingt anstrengend, ist es auch, macht aber trotzdem Spaß. Vor allem im Nachhinein, wenn man endlich freie Wiesen erreicht hat, spätestens bei der Alp Häderen wieder auf seinem Bike sitzt und eine rasante Abfahrt ins Toggenburg genießt.

Über den Steinerberg nach Hinter Höhi

Wer auf diese Art von Überraschungen verzichten möchte, düst von Vorder Höhi aus besser auf der Teerstraße ins Toggenburg und radelt entspannt weiter nach Stein (838 m), wo eine Schleife hinauf zum Steinerberg führt. Auf einer Teerstraße fährt man vorbei an schönen, mit alten Holzschindeln verkleideten Häusern rund 200 Höhenmeter bergauf, folgt dann einem wunderbaren Fußweg hinüber nach Schloh und genießt nach einem kurzen, aber steilen Anstieg die Abfahrt nach Nesslau (759 m).

Nun kommt ein gemütlicher Abschnitt. Wobei gemütlich bedeutet, auf bequemer Teerstraße mit lediglich sieben Prozent Steigung 250 Meter bergauf zum Gasthaus Speer zu radeln, bevor man entspannt nach Au ausrollt, das wunderschön in einem breiten Talboden gelegen ist.

Ab hier wird es wieder ernst, auch wenn die Straße anfangs noch gut zu fahren ist. Doch am Ende wechselt man in einen steilen, ausgewaschenen Weg, mehr ein Geröllstreifen, in dem man selbst mit viel Geschicklichkeit stecken bleibt - vor allem wenn die Steine feucht und rutschig sind. Hinzu kommen Steigungen bis zu 16 Prozent, so dass nur die wenigsten alle Passagen durchfahren. Absteigen ist hier keine Schande.

Kurz vor Hinter Höhi (1416 m) wechselt der Radler auf eine bikefreundliche Straße, auf der man kurz darauf den Übergang erreicht. Zeit für einen langen Blick auf die grandiose Schweizer Bergwelt mit dem alles überragenden Bollwerk des Glärnisch. Nach kurzen Abfahrt kehren viele in die Alphütte Strichboden mit ihrer kleinen Sonnenterrasse ein. Der passende Ausklang einer überaus abwechslungsreichen Rundtour. Diese endet mit einer langen Abfahrt - zumindest beinahe. Denn nach der Fallenbach-Brücke (Vorsicht, Abzweig ist leicht zu übersehen) wartet noch ein letzter, allerdings überschaubarer Gegenanstieg zum Ausgangspunkt.

Informationen:

Anfahrt: Von München über Bregenz ins Rheintal. Bei der Ausfahrt Götzis Wechsel auf die Schweizer Seite und auf der Autobahn nach Sargans, dort Richtung Zürich zur Ausfahrt Weesen. Über Weesen nach Amden und weiter zum Großparkplatz Arvenbüel (gebührenpflichtig).

Tour: Länge: 36 km, Höhenunterschied: 1390 m, Fahrzeit: etwa vier Stunden; eine Kurzinfo mit Varianten und Karte finden Sie hier oder auch hier mit Start in Nesslau/Toggenburg.

Einkehr: Skiclubhütte Altschen (1390 m, an Wochenenden geöffnet), Alphütte Strichboden (1309 m, bei schönem Wetter geöffnet)

Karte: Landeskarte der Schweiz, Zusammensetzung 5015/Toggenburg - St.Galler Oberland, 1:50000

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