Reisebuch Portugal:Am Meer

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(Foto: mare)

Immer Richtung Süden: Paulo Moura fährt mit dem Motorrad die Küste Portugals entlang und entdeckt seine Heimat neu.

Von Eva Goldbach

Von der Costa Verde immer Richtung Süden. Alles andere ergäbe keinen Sinn, behauptet Paulo Moura. Passanten bestätigen ihm das häufig: Eine Reise in Portugal verlaufe entlang der Küste, stets der Sonne hinterher, und ende nun einmal an der Algarve. "Der Strand ist das Beste an uns. Er enthüllt das strahlendste Gesicht unseres Wesens. Wie die Gischt unsichtbarer Wellen, die vom Land ins Meer rollen", schreibt der Journalist Moura in seinem Reisebuch "Ferner Westen". Portugal zeichnet sich durch den wilden Atlantik aus, die vielen Strände und kleinen Küstenorte. Vier von fünf Portugiesen leben an der Küste.

Paulo Moura ist Kriegsreporter und deshalb viel in der Fremde unterwegs, oft unter schwierigen Bedingungen. Für dieses Buch hat er nun seine friedliche Heimat bereist, mit dem Ziel, Menschen kennenzulernen, die Portugal zu dem vielseitigen Land machen, das es ist. Er taucht in den Alltag der Portugiesen ein, ist auch auf dieser Reise als Reporter unterwegs. Moura möchte die Geschichte hinter einem alten Betrieb verstehen oder die Gemeinschaft auf einem Dauercampingplatz. Er nimmt sich die Zeit, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen und lernt so Luís und Lídia kennen, die im Hafen von Peniche arbeiten und sich glücklich schätzen, einen festen Job zu haben.

Er entdeckt alte Theater und kleine Fischerorte und lernt die Hafenarbeiter Lissabons kennen

Im Gepäck hat er nicht viel mehr als ein Zelt, einen Schlafsack, Kochgeschirr und einen Notizblock. Minimal bepackt, ermöglicht ihm das Motorrad auf der tausend Kilometer langen Tour maximale Unabhängigkeit. Spontane Umwege sind einkalkuliert. Auf dem Motorrad spüre er eine vollkommene Zerbrechlichkeit, so Moura. Zugleich erlebe er einen Rausch und sei stets nah am Geschehen. Spannend sei aber vor allem, immer wieder anzuhalten, abzusteigen, Fragen zu stellen und Spuren zu folgen. Entlang "einer der vielleicht großartigsten Reisen in Europa" sucht Moura nach Geschichten abseits der touristischen Pfade. Er entdeckt alte Theater, kleine Fischerorte und lernt die Geschichte der Hafenarbeiter Lissabons kennen, eine in sich geschlossene Gemeinschaft, die sich in ihrer Existenz bedroht fühlt. Lebensrealitäten also, die nicht die des Autors sind.

In Anekdoten beschreibt er die Etappen seiner Reise, dazwischen hält er flüchtig auch vorbeiziehende Strände und Dörfer fest, also das Gefühl des Unterwegsseins. Er besucht pulsierende Surf-Orte und volle Cafés, aber auch Teile des Landes, die brachliegen. Entvölkerte Orte sind nun Kulissen für Horrorfilme, frühere Kasinos erinnern an Blütezeiten in den Achtzigern. Und viele Surf-Spots sind im Winter kalt und ruhig.

Das Leben der Portugiesen spielt sich ganz überwiegend im, auf oder am Wasser ab. Seien es der Arbeitsalltag, die Freizeit oder Festtage. Entsprechend oft fährt Moura an den Strand, auch an FKK-Strände. "Mich - der ich mich noch nicht von den Vorurteilen einer prüden Gesellschaft habe frei machen können - erinnert der Anblick dieser fast ausnahmslos unvollkommenen Körper, wie sie da dicht an dicht im Sand liegen und sich völlig ungeniert durcheinanderbewegen, unwillkürlich an eine am Meeresufer ruhende Tierherde." Moura beschreibt seine Heimat in einer Unvollkommenheit, die sie nahbar macht.

Paulo Moura: Ferner Westen. Eine Reise entlang der portugiesischen Küste. Aus dem Portugiesischen von Kirsten Brandt. Mare Verlag, Hamburg 2022. 284 Seiten, 24 Euro.

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