Moderne Technik in Designhotels:Licht aus, verflixt!

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Indirekte Deckenbeleuchtung oder allein die Nachttischlampe in Hotelzimmern lassen sich heutzutage nur mit umständlichster Technik bedienen. (Foto: Robert Haas)

Klare Linien, edle Möbel, schicke Ausstattung - und neueste Technik. In modernen Hotels, ob Design- oder Art-, aktivieren Chipkarten nicht nur Lampen, sondern auch Klimaanlage und Fernseher. Aber wie stellt man das Licht wieder aus? Ein Rätsel, das selbst Angestellte nicht immer lösen können.

Von Hans Gasser

Nichts gegen Designhotels. Nichts gegen Arthotels. Und gar nichts gegen Technik. Alles schöne Dinge. Aber musste ihnen der Lichtschalter zum Opfer fallen, diese segensreiche Erfindung der Moderne?

Früher betrat man ein Hotelzimmer, gleich hinter der Tür war der Schalter. Einmal drauf: Licht an. Nochmal drauf: Licht aus. Das war einfach, das war einleuchtend. Heute steckt man eine Karte in den Schlitz, dann gehen diverse Lichter überall im Raum an, gleichzeitig die Klimaanlage und der Riesenfernseher, auf dem "Welcome Mr. Gasser" steht oder ein seltsames Hotelwerbefilmchen läuft.

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Wie man aber die indirekte Deckenbeleuchtung aus- und die Nachttischlampe ankriegt, nicht zu reden von der Klimaanlage, die trotz Ausschaltknopf immer wieder anspringt - das scheint ein mindestens dreisemestriges Elektronikstudium zu erfordern. Irgendwelche Touchpanels oder Fernbedienungen mit vielen Knöpfen zeigen, dass hier sehr viel Geld in die Technik investiert wurde, was den hohen Zimmerpreis, nicht aber die Steuerung der Lichtanalage plausibler macht.

Im Fünf-Sterne-Haus The Chedi, das bald im Schweizer Alpendorf Andermatt eröffnet, kann man die gesamte Zimmertechnik mit dem iPad steuern, inklusive des gläsernen Gasfeuer-Kamins. "Aber es wurden auch noch Schalter eingebaut", sagt ein Hotelmitarbeiter, "denn unsere Kunden sind noch nicht so weit." Häufig kann man feststellen, dass auch die Hotelmitarbeiter noch nicht so weit sind. Denn ruft man sie, um sich die Funktionsweise der Multimedia-Anlage erklären zu lassen, stehen sie nach kurzer Zeit ebenso ratlos da wie man selbst.

Doch die Technik ist nur eine Facette des Luxus, die andere ist das Design - oder gar die Kunst. Arthotel, das ist ja die Steigerungsform von Designhotel. Beim Arthotel lässt man einen Architektenkünstler gleich ein ganzes Haus entwerfen. Wie etwa Jean Nouvel in Wien. Der hat ein Hotel gebaut, das nur schwarze, graue und weiße Zimmer besitzt. Die sind dann vom Handtuch bis zum lackierten Betonboden konsequent in dieser Farbe gehalten. Statt wertvollen Teppichen liegen auf dem Beton Gummimatten, die sehr hilfreich sind, wenn das Wasser aus der offenen Dusche rinnt. Der Lichtschalter, immerhin ein Schalter, ist übrigens nur im Bett kniend zu erreichen.

Adolf Loos, der Wiener Architektur-Modernisierer, der sich gegen die "Ornament-Seuche" des Jugendstils wandte, hat das bereits vor 100 Jahren kommentiert. In der Architektur sei die Kunst nur beim Denkmal und beim Grab berechtigt, nicht beim Haus. "Das Kunstwerk will die Menschen aus ihrer Bequemlichkeit reißen, das Haus hat der Bequemlichkeit zu dienen." Darüber könnte man ja mal nachdenken. Und falls alles nichts hilft: Karte rausziehen und zum Bett zurücktasten. Aber Achtung: frei im Raum stehende Badewanne!

© SZ vom 25.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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