Moderne Kunst:Lebenswerk

MUSABA

Bunte Fliesen weisen den Weg im Museo Santa Barbara.

(Foto: Nik Spatari/Parco Museo Santa Barbara)

Vor 50 Jahren begannen die Künstler Hiske Maas und Nik Spatari ein altes Kloster in einen Ort der Kunst umzuwandeln. Es hat sich gelohnt.

Von Stefan Ulrich

Bei Kalabrien denken viele sofort an die 'Ndrangheta, die Mafia. Andere, die die Region bereist haben, erinnern sich grandioser Natur und alter Kunst. Die Bronzestatuen von Riace. Das mittelalterliche Gerace mit Kirchen und Adelspalästen. Die Cattolica von Stilo, ein byzantinisches Wunder. Oder der Codex purpureus Rossanensis, jenes reich bebilderte Evangeliar, das wohl im 6. Jahrhundert in Syrien geschaffen wurde. In Sachen moderner Kunst aber scheint Kalabrien ein weißes Gebiet auf der Karte zu sein. Doch das ist ein Irrtum.

Wer die Schnellstraße SS 682, die das Tyrrhenische mit dem Ionischen Meer verbindet, bei Mammola verlässt und den Hinweisen "Musaba" folgt, parkt und weiterläuft, der bemerkt, wie Flötenklänge den Autolärm durchmischen und dann ersetzen. Eine Riesenechse, die Schuppen aus farbigen Kacheln, taucht auf. Antikes Gemäuer. Moderne Skulpturen.

Auf dem Hügel, im Empfangsgebäude dieses Museumsparks und Kunstlaboratoriums, wartet Hiske Maas, schmal, quirlig, mit langem, weißblondem Haar, in Veilchenblau gekleidet. Die betagte Dame kichert, als sie den Ellbogen zum Corona-Gruß reicht. Sie deutet nach draußen: "50 Jahre Arbeit sind das! Plackerei. Mir hat es sehr gefallen." Dann sprudelt die gebürtige Niederländerin los. 1969 sei sie mit ihrem Gefährten, Nik Spatari, einem aus Mammola stammenden Architekten, Maler und Bildhauer hierher gezogen, in die Ruinen des Klosters Santa Barbara. "Jahre lang haben wir biwakiert, ohne Licht oder Wasser, Fledermäuse aufgeschreckt und alles mit unseren Händen aufgebaut."

Heute, nach unzähligen Kämpfen mit der Natur und Bürokratie ist hier ein Magnet für moderne Kunst entstanden, für Künstler, Studenten, Freiwillige und Besucher. Sie bereichern oder bestaunen diesen Kunst-Komplex, eine zyklopenhafte Schöne aus bunten Kachlen beim Sonnenbad, Höfe voller Mosaiken, in denen sich biblische, sumerische und moderne Einflüsse mischen, abstrakte Skulpturen, die den Himmel stürmen. Im Zentrum, der alten Klosterkirche, die "Sixtinische Kapelle Kalabriens": ein 14 Meter langes dreidimensionales Gemälde Nik Spataris, das Jakobs Traum aus dem Alten Testament ausbreitet. Ein Kosmos aus Farben und Leibern, in dem man untergehen kann.

Viele junge Kalabresinnen und Kalabresen zieht es inzwischen hierher ins Museo Santa Barbara, Musaba genannt, das viel mehr ist als ein Museum. "Zu viele Menschen in Kalabrien nehmen alles so hin, wie es ist", sagt Hiske Maas. "Dann kommen sie und fragen: Wie habt Ihr das gemacht?" So will sie beitragen zum Wandel.

Dann deutet sie hinaus auf die Hügel. Zwischen Olivenbäumen steht eine Pyramide aus geometrisch gemusterten Flächen. Das Grab ihres Ende August gestorbenen Mannes. Nik Spatari, mit dem sie das alles geschaffen hat.

Informationen zu Öffnungszeiten, Eintrittspreisen, geführten Gruppenbesuchen und ausgestellten Werken finden sich auf der Webseite www.musaba.org. Ein Ausflug ins Musaba lässt sich gut mit einem Besuch der mittelalterlichen Stadt Gerace, des Archäologischen Parks von Locri Epizefiri oder byzantinischen Kirche Cattolica in Stilo verbinden.

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