Mitten in Absurdistan:Sicherheitsprobleme und andere Petitessen

SZ-Autoren berichten Kurioses aus aller Welt.

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Mitten in ... ParisSamstags sieht es in der alten Pariser Rue Mouffetard aus, als sei die Zeit stehengeblieben. In dem Getümmel zwischen den Marktständen, den Käseläden und Cafés betteln Straßenkünstler wie einst die Gaukler um ein paar Münzen.An einer Hausecke drängeln sich besonders viele Menschen: Ein junger Schwarzer im Blaumann jongliert mit drei Keulen und balanciert dabei eine große Flasche Wasser auf dem Kopf, in der lebende Goldfische schwimmen. Dabei grinst er wie in einer Zahnpastareklame und verdreht seine Augen.Nicht einmal zehn Minuten Fußweg von ihm entfernt, am Boulevard Saint Michel, tickt die Zeit ganz anders. Hier haben zottelhaarige Tierschützer einen Stand aufgebaut. Einer ihrer Slogans an diesem Tag: "Man spielt nicht mit dem Leben von Tieren".Ein Glück, dass der Jongleur davon nichts weiß.(Franziska Brüning/SZ vom 22.(23.11.2008)Foto: picture alliance/dpa

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Mitten in ... Amsterdam"Wir müssen leider umdrehen." Das ist ein Satz, den keiner gerne hört, vor allem nicht in einem Flugzeug. Es ist 10 Uhr morgens, KLM-Flug 1187 Amsterdam-Bergen, als der Copilot über ein "Sicherheitsproblem" an Bord informiert."Was zum Teufel?", ruft der Sitznachbar, ein kahlrasierter Engländer mit Rugbynacken. Während die anderen Passagiere versuchen, ein paar Kilometer über der Nordsee die Nerven zu behalten, wird er immer unruhiger: "Piept da was im Gepäckraum?"Irgendwo fängt ein Kind an zu schreien. Oder eine Frau? Nach 20 sehr langen Minuten steht die Maschine wieder auf dem Rollfeld. Das Sicherheitsproblem: falsch verladenes Gepäck.Der Brite hat sich mittlerweile wieder gefangen. Als eine attraktive, junge Stewardess mit Drinks vorbeikommt, grinst er sie an: "Noch so ein Sicherheitsproblem, eh?"(Marc Felix Serrao/SZ vom 22./23.11.2008)Foto: dpa

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Mitten in ... BrüsselDas Maison Antoine ist eine Pommesbude. Aber nicht irgendeine. In dem runden Backsteinhaus am Place Jourdan soll es die besten Fritten Brüssels geben. Sie haben einen so guten Ruf, dass sie auf Wunsch selbst in einem Sterne-Restaurant um die Ecke serviert werden.Keine Frage, dass man diese Kartoffelwunder auch mal ausprobieren möchte. Es gibt drei Warteschlangen. Zwei lange und eine kurze - da fällt die Entscheidung leicht.Als man ganz fix drankommt und die Fritten bestellt, schüttelt die Verkäuferin den Kopf. "In dieser Schlange gibt es keine Pommes", sagt sie, während hinter ihr ganze Berge davon dampfen. "Haben Sie die Schilder nicht gelesen?"Und tatsächlich: Die ganze Bude ist mit Vorschriften beklebt. Hätte man sich eigentlich denken können. In Brüssel verhält sich ja fast jeder wie ein Beamter - sogar Frittenverkäufer.(Franziska Brüning/SZ vom 15./16.11.2008)Foto: dpa

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Mitten in ... MünchenWarum Automaten für die Menschen angeblich ein Segen sind? Weil man keine Menschen mehr braucht, um sie zu bedienen. Außer bei der Lufthansa. Am Flughafen München hat die Airline nur noch vier Schalter geöffnet, aber die Menschen, die sie dadurch einspart, braucht sie jetzt, um das Chaos zu verwalten.Sie locken die Reisenden aus der Warteschlange ("Sie können mit mir am Automaten einchecken") und bringen sie später dorthin zurück, weil es am Automaten nicht geklappt hat.Es scheint die Menschen nicht glücklich zu machen, dass man auf sie verzichtet, ohne auf sie verzichten zu können. Wenn man sie darauf aufmerksam macht, dass man seit zwei Stunden seiner Bordkarte nachjagt, keifen sie: "Müssen Sie eben rechtzeitig da sein." Dann bringen sie einen zum Schalter für Notfälle. Die Schlange davor ist 30 Meter lang.(Claudio Catuogno/SZ vom 15./16.11.2008)Foto: dpa

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Mitten in ... ParisTraurig ist es schon, selbst wenn man sich mit der Monumental-Architektur von La Défense versöhnt hat. Ganz am Rande gab es noch immer das alte Bistro namens Côte Basque. Da konnte man gut essen, bodenständige Gerichte, eingeführt von Provinzlern, die aus dem Baskenland oder der Auvergne zugereist waren.Die Kneipe, 1885 erbaut, soll platt gemacht werden, weil sie der Trasse der modernen Tram im Wege steht. Noch wehrt sich der Wirt, reklamiert Denkmalschutz, es müsse für alle Platz sein, nicht nur für Sushi und Kettenrestaurants. Manchmal fotografieren Japaner den Bau. Der Wirt sammelt Unterschriften, es wird nichts nützen.Den Fortschritt hält er nicht auf, für den stehen die Glaspaläste, in denen es um andere Summen geht als um 17 Euro für drei Gänge. Da wird in Milliarden gerechnet. Manchmal in Rot. Nebbich.(Gerd Kröncke/SZ vom 15./16.11.2008)Foto: AFP

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Mitten in ... MünchenAls zugereister Österreicher gilt es in Deutschland, einige neue Vokabeln zu lernen; sogar in Bayern. Zum Beispiel, dass man zur Plastiktüte im Supermarkt Tüte sagt und nicht Sackerl.Nach zwei Jahren geht mir das Wort Tüte ebenso selbstverständlich über die Lippen wie das Wort Pfifferlinge, wie die Deutschen zu Eierschwammerln zu sagen pflegen.Vergangenes Wochenende kam ganz unverhofft doch wieder der Österreicher in mir durch. Es passierte an der Käsetheke im Biosupermarkt. "Ich hätte bitte gerne 10 Deka vom Almkönig", sage ich und bessere mich im nächsten Moment selber aus: "Äh, 100 Gramm, bitte."Die Verkäuferin an der Käsetheke lacht. "Kein Problem, ich verstehe schon, was Sie meinen", sagt sie. "Ich komme aus Ungarn, wir sagen dort auch Deka."Europa, langsam wächst es tatsächlich wieder zusammen.(Martin Langeder/SZ vom 08./09.11.2008)Foto: iStock

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Mitten in ... BrüsselEs ist dunkel. Der Nebel liegt wie Staub auf den Dächern. Und die Straßenbahn lässt auch auf sich warten. Na prima. Es ist so viel los auf den Straßen, dass selbst die Tram nicht mehr durchkommt.Als sie dann endlich bimmelnd vor einem steht und man sich durch die engen Türen gequetscht hat, beginnt das große Rätselraten. Keine Anzeige und kein Schaffner teilen mit, welche Haltestelle angefahren wird. Dafür sind die Mitfahrenden umso hilfsbereiter."Sie müssen zählen", sagt eine ältere Frau mit Hut. " Ja, nach drei Stationen müssen sie raus", bestätigt ein junger Mann. "Eins ... zwei ... - war das jetzt schon die dritte Haltestelle?" fragt die Frau und schaut verwirrt. "Sie müssen hier raus", schreit der Mann. "Und jetzt stoßen und schlagen sie, sonst bleiben sie stecken", ruft die Frau. Zu Fuß gehen ist doch besser. Selbst im Nebel.(Franziska Brüning/SZ vom 08./09.11.2008)Foto: iStock

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Mitten in ... MünchenJetzt ist man 15 Jahre lang fast täglich an seinem Geschäft vorbeigegangen, auf dem Weg zum Viktualienmarkt - und Tag für Tag hat man den alten Mann durch das Schaufenster beobachten können.Umgeben von uralten Teppichen, Medaillen und Ölgemälden stand er da, immer im Jacket, die wallenden Haare streng nach hinten gekämmt. Und nie, nie, nie sah man den Mann lächeln.Man sah auch kaum Kundschaft in seinem Laden. Seit 15 Jahren wollte man mal zu ihm reingehen und ein Schwätzchen halten. Immer wieder hat man sich das vorgenommen. Guten Tag, ich arbeite ganz in der Nähe und sehe sie jeden Tag hier stehen. Wollte mich nur mal vorstellen. Wie geht es denn so? Seit wann verkaufen sie schon Medaillen? Erzählen sie doch mal.Komisch, man hat das nie gemacht. Jetzt wird umgezogen. Tempus fugit. Die Zeit, sie flieht.Martin Zips/SZ vom 31.10/1.11./2.11.2008Foto: oh

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Mitten in ... StockholmWarum, so fragt sich das Königliche Ballett in Stockholm, besuchen die Menschen nicht öfter unsere Vorstellungen? Schließlich gibt es dort alles: durchtrainierte Leiber, modische Kostüme und Höchstleistungen wie im Spitzensport.Dinge, die in der Werbung erfolgreich benutzt werden, um Massen anzulocken. Trotzdem gehen viel mehr Leute zum Shoppen als ins Ballett. Von Schaufensterpuppen lernen heißt also siegen lernen.Und darum schickt die altehrwürdige Tanztruppe - König Gustav III. gründete sie 1773 - am Samstag erstmals fünf ihrer Bühnenstars auf Publikumsfang ins Nobel-Kaufhaus NK. In dessen Schaufenstern sollen sie tanzen, um für die Hochkultur zu werben. Die Aufgaben der sonst dort tätigen Modepuppen erledigen die Künstler gleich mit: Sie treten in Markenkleidung aus dem Kaufhaussortiment auf.Gunnar Herrmann/SZ vom 31.10/1.11./2.11.2008Foto: ddp

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Mitten in ... MoskauDen Pfennig sollst Du ehren, eine schöne alte Weisheit ist das, erst recht in einer Finanzkrise. Die Russen haben auch ihren Pfennig respektive Cent, und das ist die Kopeke.Die Kopeke aber fühlt sich zunehmend wertlos und nur noch selten geehrt im russischen Alltag. Zum Zuge kommt sie vor allem als Wechselmünze an den Kassen, und selbst im Supermarkt wird sie meistens achtlos liegengelassen oder landet in einer aufgestellten Plastikbüchse. Wenn sie Glück hat.Wenn sie Pech hat, passiert das: Neulich bestellte ich in einem Moskauer Elektronikmarkt gerade einen Geschirrspüler, als vor dem Serviceschalter eine Frau fegte. Sie schaufelte den Staub, sie schaufelte Kartonreste, sie schaufelte ein paar glänzende Kopeken, die deutlich sichtbar auf dem Boden lagen. Schwupp, und hinein in den schwarzen Müllsack. Armes Geld.Frank Nienhuysen/SZ vom 31.10/1.11./2.11.2008Foto: dpa

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Mitten in ... EriwanDer Flug LH 3256 von München nach Eriwan hat etwas unangenehme Start- und Landezeiten. Abflug ist um 21 Uhr, nach vier Stunden landet die Maschine gegen vier Uhr Ortszeit in Armenien. Eine kurze Nacht - besonders, wenn man in dem ohnehin recht eng bestuhlten Jet zwischen die armenische Karate-Nationalmannschaft gerät.Das Team, etwa 30 Sportler in Trainingsanzügen, teilweise dekoriert mit Goldmedaillen, kommt von einem Wettkampf aus den USA zurück und feiert nach dem Zwischenstopp in München bis Eriwan durch. Das ist verständlich, aber ziemlich laut. Kann man dagegen etwas sagen? Schwierig.Die Jungs sehen aus, als hätten sie die Medaillen zu Recht gewonnen: Unterarme wie Popeye, Brustkörbe wie Heizkörper. Gerädert steigen wir zusammen in Eriwan aus und lassen uns bei der Ankunft von den Fans feiern.(Titus Arnu/SZ vom 25./26.10.2008)Foto: iStock

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Mitten in ... AmsterdamAuf dem Platz vor dem Königlichen Palast lärmt und glitzert die Herbstkirmes. Fasziniert stehe ich vor dem Karussell und schaue zu, wie sich die Attraktion "Around the World" mit ihren Schaukeln 60 Meter in die Höhe schraubt, um sich geschwind zu drehen. Die linke Hand steckt im Mantel, und als ich meine rechte in die andere Tasche stecke, berühre ich etwas. Im Reflex fasse ich zu und halte eine andere Hand fest.Blickkontakt mit dem Nachbarn. Der guckt betont teilnahmslos in die Luft wie jener Taschendieb auf dem wunderbaren Bild von Hieronymus Bosch "Der Taschenspieler". Was tun?Ich ziehe meine und die andere Hand aus der Tasche. Der Mann neben mir reißt sich los, murmelt ein hastiges "Sorry, Sorry", zeigt auf ein rundes Schild und entschwindet. Dort lese ich in zwei Sprachen "Vorsicht Taschendiebe".(Siggi Weidemann/SZ vom 25./26.10.2008)Foto: iStock

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Mitten in ... BetzdorfWer Luxemburg verlässt, kurvt durch sanfte Hügel mit Kühen. Und entdeckt Château Betzdorf, wo Großherzog Jean seine fünf Prinzenkinder aufzog. Doch längst ist der Adel ausgezogen, eingezogen ist der Satellitenbetreiber SES. Der hat den Schlosspark mit haushohen Schüsseln vollgestellt.Hier im winzigen Luxemburg wird nun bestimmt, was im weiten All geschieht. SES steuert 39 Satelliten um die Erde, jeder so groß wie ein kleiner Umzugswagen. Bis nach Andorra und Alaska übertragen sie Tausende Fernseh- und Radiokanäle.Leider bleibt kein Satellit artig auf der Umlaufbahn; im Schloss müssen Menschen ihn durch den Orbit lenken. 15 Jahre lang. Dann folgt ein letzter Schubs aus Betzdorf, und das nutzlose Gefährt gleitet zu den Kumpanen auf eine ewige Runde in die Friedhofsumlaufbahn. Runterholen ist technisch nicht möglich.(Kristina Läsker/SZ vom 25./26.10.2008)Foto: ddp

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Mitten in ... StellenboschEin besonderer Service in südafrikanischen Hotels: Während man beim Dinner sitzt, kommt abends das Zimmermädchen, legt eine Praline aufs Bett und macht das Licht an. Wie nett, denkt der Reisende - bis das Mädchen es einmal vergisst und sich zeigt, dass das Ganze seinen Grund hat: Das Licht soll Kakerlaken verscheuchen, die auch in teuren Herbergen keine Seltenheit sind.Die beiden stattlichen Exemplare in unserem Zimmer sind selbst der mit Insektenspray bewaffneten Rezeptionsdame deutlich zu groß, sie ruft den Hausmeister. Der greift zum Kleenex und zerdrückt die Viecher.Als wir uns in Sicherheit wähnen, erzählt er, dass vor Jahren Tausende der ekligen Krabbler die Toiletten runtergespült wurden, um die Rohre freizufressen. Bis heute kröchen sie immer wieder mal durchs Klo nach oben. An Schlaf war in dieser Nacht nicht mehr zu denken.(Andreas Schubert/SZ vom 25./26.10.2008)Foto: dpa

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Mitten in ... MadridIn aller Munde war der Kinofilm "Tagebuch einer Nymphomanin" bei den Madrilenen schon vor seinem Leinwanddebüt vom Freitag, einer Werbekampagne der öffentlichen Verkehrsbetriebe EMT sei Dank.Diese weigerten sich nämlich, das Filmplakat auf den Nahverkehrsbussen durch Madrid zu kutschieren. Der Grund: Das Plakat sei von "zweifelhafter Rechtschaffenheit" und "grundlos provokativ". Auch das Angebot der Produktionsfirma, bloß den Filmtitel auf weißem Grund zu annoncieren, wurde abgelehnt.Der Film als solcher fiel im Übrigen bei nicht wenigen Kritikern durch.(Javier Cáceres/SZ vom 18./19.10.2008)Foto: oh

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Mitten in ... TallinnWer ins estnische Tallinn kommt, wird zunächst vom Mittelalter begrüßt. Die alte Hansestadt hat sich in den letzten Jahren kräftig herausgeputzt. Jetzt lässt es sich in den verwinkelten Gässchen mit den herrschaftlichen Kaufmannshäusern und massiven Festungsmauern perfekt Ritter und Burgfräulein spielen.Netterweise versuchen die Bewohner, ihren Gästen bei der Zeitreise behilflich zu sein und zwängen sich in mittelalterliche Trachten.Wem das alles zu viel wird, der kann sich an die nahe Vergangenheit halten: In einer der letzten Bars aus der Sowjetzeit kredenzt der Wirt einen Mix aus Hochprozentigem, mit ordentlich Tabasco dazu und einem Glas Wasser zum späteren Überleben. Wenn die Augen aufgehört haben zu tränen, geht der Spaß weiter: Auch die finsteren Gestalten auf den Barhockern scheint nämlich das Mittelalter kalt zu lassen.(Laura Weißmüller/SZ vom 18./19.10.2008)Foto: Toomas Volmer, Tallinna Turism

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Mitten in ... TiomanAuf den schönen, kleinen Inseln dieser Welt ist man ja als Gast der ganzen Wucht kommerzieller Monopolisten ausgeliefert. Alles kostet. So auch auf Tioman, Malaysia, einer der schönsten Inseln im Südchinesischen Meer, Wochenendsehnsucht vieler Singapurer.Man will dann aber auch Korallen in allen Farben sehen, und Fische so schön, dass sie aus Zeichentrickfilmen gesprungen sein könnten. Da vorne, am großen Felsen, sollen die schönsten sein. Nur 200 Meter vom Strand entfernt.Hinschwimmen? Darf man nicht, ist verboten, man muss eine der vielen Barken des Hotels nehmen. "30 Ringgit, bitteschön." Schwimmen sei zu gefährlich, viel zu gefährlich. - Ach ja? Liegt es etwa an Stachelrochen? Oder gibt es Haie auf dem Weg? Wale? - "Nein, wo denken Sie hin! Gefährlich sind die vielen Barken des Hotels. 30 Ringgitt."(Oliver Meiler/SZ vom 18./19.10.2008)Foto: wildasia.net

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Mitten in ... FrankfurtFeierabendmassen vor den Sicherheitsschleusen am Frankfurter Flughafen. Manager mit roten Köpfen hacken auf ihre Blackberrys, die Schlange will nicht vorwärtskommen, da droht neues Ungemach. Ein verschwitzter Mann drängelt sich nach vorne und fleht mit niederländischem Dialekt: "Meine Frau kriegt gerade unser Kind in Amsterdam. Mein Flug geht in zehn Minuten..." Grummeln in der Schlange, aber man lässt ihn durch.Die Nerven des künftigen Vaters liegen blank, und nun muss er auch noch immer wieder durch die Sicherheitsschleuse. Erst ist es der Gürtel, dann Kleingeld, schließlich soll er den Rucksack aufmachen. Darin eine Flasche vom Feinsten, Veuve Clicquot, ein Geschenk für die Frau. Der Sicherheitsbeamte hat kein Erbarmen und wirft den teuren Champagner weg. Der werdende Vater weint.Thorsten Schmitz (SZ vom 11./12.2008)Foto: ddp

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Mitten in ... IstanbulStellen Sie sich vor, Sie fallen in eine Wanne mit zähflüssigem Kaugummi. Nun versuchen Sie, mit Händen und Armen zu rudern. Geht nicht? Natürlich nicht. So ungefähr fühlt es sich an, im Istanbuler Verkehr zu stecken. Auf der europäischen Seite der 15-Millionen-Metropole gibt es eine einzige U-Bahn-Linie mit sieben Haltestellen. Jetzt aber naht Rettung. Die Stadtregierung plane, "die Istanbuler dazu zu bringen, vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen", jubelt eine Zeitung.Und wie? Mit einem "Heli-Taxi-Projekt". Es wird ein Hubschrauber zwischen Europa und Asien verkehren. Sechs Leute passen rein. Und bezahlen mehrere hundert Euro pro Flug. "Die Istanbuler Staus bekämpfen", nennt das stolz die Zeitung. Bald wird auch unsere U-Bahn-Linie um einen Bahnhof verlängert. Die erste neue Haltestelle seit acht Jahren.Kai Strittmatter (SZ vom 11./12.2008)Foto: Reuters

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Mitten in ... StockholmWenn es in internationalen Statistiken um Gleichberechtigung geht, liegt Schweden stets an der Weltspitze. Pastorinnen, Ministerinnen, Chefinnen gehören zum Alltag, die Frauen des Landes haben auf ihrem Marsch durch ehemals männliche Bastionen einen weiten Weg zurückgelegt.An schwedischen Fußgängerüberwegen allerdings wachte immer noch ein Mann. "Herr Gårman" ("Gehmann") heißt der Kerl im Volksmund, der auf blauem Schild über einen Zebrastreifen läuft und damit Passanten signalisiert, dass man an dieser Stelle die Straße queren darf.Schwedens Verkehrsbehörde hat nun vorgeschlagen, dieses Verkehrszeichen B3 für weibliche Konkurrenz zu öffnen. Von 2009 an soll auch eine Dame neben den Zebrastreifen stehen dürfen. "Frau Gehmann" wird sicher bald überall zu sehen sein: Ihre männlichen Kollegen rosten schon.Gunnar Herrmann (SZ vom 11./12.2008)Foto: oh

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Mitten in ... GöhrenStundenlang kann man auf Rügen am Strand wandern, vorbei an der Kraft-durch-Freude-Ruine Prora, durch Naturschutzgebiete bis nach Göhren am südöstlichen Ende der Insel. So ein Herbstspaziergang am Meer macht hungrig.In der Göhrener Muschelbar gibt's Grog, Miesmuscheln in Weinsoße und "arischen Räucherfisch". Arischer Fisch? Genau so steht es auf der Speisekarte. Der Gast wird misstrauisch. Ist das schöne Strandlokal ein Treffpunkt von rechtsradikalen Fischfans? Gibt es in der Ostsee Herrenfischrassen mit blonden Schuppen und blauen Augen? Missbraucht die NPD jetzt schon Räucherfische als Werbeträger? Die freundliche Bedienung erklärt das politisch fragwürdige Gericht so: "Ein peinlicher Druckfehler. Das A sollte ein F sein." Der Fisch schmeckt übrigens ausgezeichnet, er ist nicht arisch, sondern einfach nur frisch.Titus Arnu (SZ vom 11./12.2008)Foto: dpa

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Mitten in ... CuscoWas täte der Mensch in der Höhe bloß ohne Koka? Die Ureinwohner in den Anden kauen die Blätter seit Urzeiten, um den Körper gegen Hunger, Durst und Anstrengung zu betäuben. Da hatten die Amerikaner das weiße Pulver namens Kokain noch lange nicht erfunden.Unterdessen schätzen - wie einst die Inkas und deren Vorfahren auch - zeitgenössische Besucher die Vorzüge der heiligen Pflanze. An Orten wie dem wunderbaren Cusco in Peru, 3400 Meter hoch über dem Meer gelegen, und in der noch dünneren Luft der umliegenden Berge empfiehlt sich dringend Koka-Tee. Hilft gegen Kopfweh, Übelkeit und Schwindel, die Flachländler dort leicht heimsuchen.An einer Eisdiele der Altstadt zwischen all den Touristenläden mit den Lamadecken findet sich eine großartige Sorte: Koka-Eis. Schmeckt ausgezeichnet und ist sicher sehr gesund.(Peter Burghardt/SZ vom 27./28.9.2008)Foto: iStock

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Mitten in ... QuitoWer sich in Quito auf die Straße wagt, darf keine Mimose sein. Als Fußgänger wird man von rasenden Autofahrern aus dem Weg gehupt; als Autofahrer, nun ja, hupt und rast man selbst.Jeder macht hier, was er will: Nimmt fünf Freunde auf der Ladefläche des Pickup mit, ruft mal eben "mi amor" auf dem Handy an, fährt mit 40 km/h auf der linken Spur und wird selbstverständlich rechts überholt.Doch das soll alles anders werden. Ecuador hat ein neues Verkehrsgesetz, das harte Strafen vorsieht und Punkteabzug: Jeder Fahrer hat 30 Punkte, die mit jedem vergessenen Gurt, jedem wilden Überholmanöver weniger werden.Das Problem ist nur die Kontrolle: Noch hat das zuständige Directorio de la Comisión Nacional de Tránsito kein offizielles Formular genehmigt. Ohne Formular jedoch keine Bestrafung. Es geht also weiter wie bisher.(Antje Weber/SZ vom 27./28.9.2008)Foto: oh

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Mitten in ... AscreaDie alte Frau schüttelt den Kopf, als wir in Wanderstiefeln, unsere beiden Kinder an der Hand, in die Bar des Dorfes Ascrea treten, tief im Bergland hinter Rom. "Wo seid ihr gewesen? Auf dem Monte Navegna? Mit den Kleinen? Mamma mia!"Es klingt vorwurfsvoll, nach Rabeneltern. Sie selber sei ja nie auf den 1500 Meter hohen Berg gestiegen, meint die Wirtin, obwohl er der Hausberg sei.Dann sagt sie so langsam, als müsse sie die Worte einzeln aus ihrer Erinnerung locken: "Immerhin war ich mal so auf halber Höhe. Da waren Grotten. Darin versteckten wir uns, als die Deutschen kamen.""Welche Deutschen?", fragen wir. "Na! Eure Soldaten, im Zweiten Weltkrieg. Sie haben uns angegriffen." Wir schweigen beklommen.Die Frau seufzt. "Leider kommen heute keine Deutschen mehr. Dabei könnten wir sie gut brauchen. Als Touristen."(Stefan Ulrich/SZ vom 27./28.9.2008)Foto: Proloco Ascrea

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Mitten in ... CastellónDer Name Fabra ist in der ostspanischen Provinz Castellón ein Begriff, sie wurde in den vergangenen hundert Jahren von gleich fünf Personen dieser Sippe regiert.Carlos Fabra, der aktuelle Provinzfürst, ist eine besonders schillernde Figur. Weil er wegen einer Augenschwäche stets Sonnenbrille trägt, und weil er, wie zurzeit, hin und wieder wegen seltsamer, millionenschwerer Zuwächse auf der Habenseite seines Kontos in die Schlagzeilen gerät.Nun hat Fabra auch einen Beitrag zur Volkskunde geleistet. "Qué hijo de puta...", flüsterte er bei einer Parlamentssitzung seinem Nachbarn zu: "Was für ein Hurensohn". Gemünzt war das auf den sozialistischen Oppositionschef.Das Problem: Das Mikrophon an seinem Tisch war noch offen. "Ich habe eine Wendung gebraucht, die in unserer Provinz recht gängig ist", entschuldigte sich Fabra.(Javier Cáceres/SZ vom 27./28.9.2008)Foto: oh

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Mitten in ... F/B Ikarus Palace200 Meter lang, 27 Knoten schnell, norwegischer Werftbau. Bars, Kabinen, Schwimmbad, alles hochmodern. Auf den griechischen Fähren in der Adria ist nichts mehr zu spüren von dem einst berüchtigten Charme hellenischer Seemannschaft.Unten, in der riesigen Garage des Schiffes geht es allerdings rauer zu. Während die Urlauber aus Mitteleuropa sich auf der Suche nach ihrem Vehikel durch die Fahrzeugkolonnen zwängen, stehen griechische Trucker zum Plausch zwischen ihren Boliden - alle mit brennender Zigarette in der Hand.Dass hier Dutzende Lastwägen, Autos und Motorboote randvoll mit Benzin parkiert sind (abgesehen von den üblichen Gasen in einer geschlossenen Garage), löst offenbar keine Bedenken aus.Doch Rettung naht, ein Anweiser der Fährgesellschaft schreitet entschlossen auf die Raucher zu - um sie um eine Zigarette zu bitten.(Patrick Illinger/SZ vom 20./21.9.2008)Foto: AP

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Mitten in ... AmsterdamEine Reise in die Grachtenstadt erfordert derzeit Stoizismus. Der Hauptbahnhof: eine Baustelle. Straßen: aufgebrochen. Wichtige Museen: geschlossen. All dies schreckt Touristen nicht ab - zur Freude von Hoteliers und Vermietern, denn gute Zimmer sind knapp und teuer.Auch unsere zeitweilige Nachbarin, eine Dame aus San Diego, die sich im B& B nebenan eingemietet hatte, war von Amsterdam begeistert: Jeden Morgen flitzten Pulks von Radfahrern vor ihrem Fenster entlang und am Spätnachmittag wieder - auf der anderen Seite der Gracht.Ein Schauspiel, dass sie sich nie entgehen ließ, denn sie glaubte, Zuschauerin einer Radrennmeisterschaft zu sein - und das täglich.Zum Abschied erfuhr sie die Wahrheit: Die Radler waren keine Profis, sondern Berufstätige, die zum Bahnhof flitzten, um noch ihren Pendlerzug zu bekommen.(Siggi Weidemann/SZ vom 20./21.9.2008)Foto: AP

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Mitten in ... MumbaiDa vorne wieder, an der Ampel am Marine Drive, Mumbai: zwei Bettler. Ein ungleiches Duo, Konkurrenten im Kampf um etwas Barmherzigkeit. Einer hat nur noch einen Arm, der andere gar keinen mehr. Beide klopfen mit ihren Stümpfen gegen das Wagenfenster.Jeder Inder sagt einem, Bettlern sollte man nichts geben, dahinter stehe eine Mafia, das Geschäft halte Elende von echter Arbeit ab, Kinder vom Schulbesuch. Sogar die Armen sagen das, wenigstens jene, die arbeiten.Aber was ist mit diesen beiden Männern? Vor allem mit dem ganz ohne Arme? Er erkennt den Zweifel, das schlechte Gewissen im Taxi, dieses obszöne Abwägen der Misere, und deutet mit dem Kopf auf die Tasche im Hemd. Ein paar Rupien nur! Für einen kleinen Triumph über das große Schicksal und über den Rivalen mit dem rechten Arm.Der Fahrer, lakonisch: "Ja, der hat sie verdient, der schon."(Oliver Meiler/SZ vom 20./21.9.2008)Foto: AP

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Mitten in ... ParisSchon während der Messe hatte sich die Lage normalisiert, die Pariser behielten die Nerven, vor Cartier standen die Luxuslimousinen in zweiter Reihe, die Fahrer langweilten sich.Die Papst-Fans blieben auf dem Champs de Mars, vor allem Nonnen und Pfadfinder, von denen dort garantiert keiner bei "frostigen Temperaturen" übernachtet hat, wie Deutschlandradio berichtete.In Paris hält der Sommer eben länger, in der Nacht vor dem Papstbesuch war es noch über 20 Grad warm, der Platz vor dem Invalidendom war abgeriegelt, der Verkehr von Hand geregelt, auch um die Place de la Concorde, wobei die Polizisten bis spät in die Nacht ihren Trillerpfeifen wundersame, vogelgleiche Zwitschertöne entlockten.Der Papst ist jetzt wieder weg. Aber das Zwitschern dürfte den Honeymoonern im Hotel Du Louvre noch heute in den Ohren klingen.(Helmut Mauró/SZ vom 20./21.9.2008)Foto: dpa

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Mitten in ... JerusalemEin Nachmittag im Basar der Altstadt Jerusalems. Ein Touristenstrom wälzt sich durch die engen Gassen in Richtung Klagemauer. Die palästinensischen Händler bitten und betteln vielsprachig, dass man ihre Läden betreten möge.Ich habe Erbarmen mit einem und lasse mir Palästinensertücher zeigen, obwohl ich Palästinensertücher nicht ausstehen kann. Der Händler hat welche für sechs Euro und welche für anderthalb Euro. Was ist der Unterschied?"Das eine wird in Hebron gewebt, das billige kommt aus China." Dann setzt der Händler mit seiner Klage an, einer Besatzungs- und Globalisierungskritik. Bei H&M gebe es die Keffijehs respektloserweise in allen Farben, schimpft er, und jetzt vermasselten ihm auch noch die Chinesen das Geschäft mit dem Männer-Kopftuch. "Dabei verlieren die doch ihre Farbe nach zweimal Waschen!"(Thorsten Schmitz/SZ vom 13./14.9.2008)(Foto: dpa)

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Mitten in ... ParisRadfahren in Paris ist kein Spaß, und wer an der Seine einen Radweg erwartet, sucht vergeblich. Man soll, so das Kalkül der Stadtplaner, die Busspuren nutzen, was minutenweise ganz gut gelingt, solange halt kein Bus fährt. Kommt einer, heißt es rechtzeitig Fluchtwege suchen.Egal, Paris soll grüner und gesünder werden, hat sich Bürgermeister Bertrand Delanoe gedacht und den Städtern vor einem Jahr mehr als 20.000 Leihräder verpasst. Das Vélib-System ist unkompliziert, allgegenwärtig und das Ausleihen obendrein billig. Doch das Rathaus verkannte die Bequemlichkeit der Pariser.Auf den Hügeln des Montmartre oder im Stadtteil Belleville sind die Stationen meist leergeräumt. Nach unten läuft's halt leichter. Nun hat die Stadtverwaltung reagiert: Wer bergauf strampelt, bekommt vom Vélib-Computer Freiminuten spendiert.(Michael Ruhland/SZ vom 13./14.9.2008)Foto: AFP

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Mitten in ... VenedigZuletzt war die Stadt Venedig tief ge-spalten. Die einen fanden die von Calatrava entworfene neue Brücke, die sich dynamisch und gläsern leicht in Bahnhofsnähe über den Canal Grande schwingt, viel zu gläsern leicht. Und die anderen feierten den ersten prominenten Brückenbau Venedigs seit langer Zeit. In der Mitte wollte man sich nicht treffen. Bis zum Donnerstag.Denn da erkundeten die ersten privilegierten Venezianer ihre neue Brücke. Doch irgendwann hatte der Mann vom Sicherheitspersonal ein Einsehen. Zuerst ließ er einen Mann auf die Brücke, der sich als Statik-Professor aus Udine ausgab. Dann dessen Verwandten aus Treviso, der ein Buch über Brücken schreiben wolle. Dann einen unbekannten Bekannten des Architekten.Und irgendwann war halb Venedig dabei, den Mut zur Brücke zu demonstrieren. Friedlich vereint.(Gerhard Matzig/SZ vom 13./14.9.2008)(Foto: Reuters)

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Mitten in ... HirscheggDie Sandalenbrigade ist wieder unterwegs. Vor ein paar Tagen in der Breitachklamm: Eine Frau, vielleicht Mitte zwanzig, trägt Schuhe mit Pfennigabsätzen und goldenen Applikationen, so wackelt sie über die Stege. Einer fragt, ob sie lebensmüde sei. "Ja", schnauzt sie ihn an.Heute ein paar Kilometer weiter Richtung Hirschegg, Kleinwalsertal: Eine nicht mehr ganz junge, nicht mehr ganz schlanke Dame beim Aufstieg.Bergstöcke hat sie, und an den Füßen: Sandalen. Breiter brauner Riemen, Fußnägel in Altrosa. "Heute will ich's schaffen", sagt sie, diesmal habe sie das Auto stehen lassen.Man sieht ihr die Mühsal an, und den Stolz. Würde es mit Schuhen, richtigen, nicht mehr Spaß machen? "Die hab' ich dabei", antwortet sie, "die Turnschuhe. Aber ich hab' sie im Auto gelassen." Die Sandalen scheuern. "Man ist halt hochmütig." Immerhin.(Detlef Esslinger/SZ vom 06.09.2008)Foto: iStock

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Mitten in ... BarcelonaDie Barceloner sind hart im Nehmen. Nicht einmal der Anblick eines jungen Mannes in einem rosafarbenen Tutu und einem auf Kniehöhe gerutschten Strumpfband, der bei 33 Grad Hitze über den Stadtstrand torkelt, bringt die stolzen Bewohner der katalanischen Hauptstadt aus der Fassung.Sie sind die Rituale der stag nights schon gewöhnt, jene Junggesellenabschiede, die lautstarke britische Kampftrinker und Billigflieger traditionell in den Strandbars feiern. Bis auf den Tutu-Typen tragen alle die gleichen roten T-Shirts, auf denen ihre Spitznamen wie "Destroyer", "Chief" und "Highlander" stehen.Sie müssen als einzige Gäste aus Plastikbechern trinken, damit sie sich nicht wehtun. Zwei sind schon im Sitzen weggedämmert. Mr. Tutu borgt sich ein Handy. Er spricht sogar noch halbwegs deutlich: "Hallo Mama, mir geht's gut."(Jochen Temsch/SZ vom 06.09.2008)Foto: Reuters

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Mitten in ... ZürichFreitagnachmittags geht es auf dem Zürcher Hauptbahnhof manchmal zu, als stünde die Schweiz mitten im Guerilla-Krieg. Zu Dutzenden entern Soldaten im Tarnanzug und mit dem Sturmgewehr über der Schulter die Züge. Doch die Soldaten fahren nach dreiwöchiger Übung nur fröhlich nach Hause.Das Gewehr, so will es 56-jährige Tradition, müssen sie mitnehmen. Im Ernstfall sollten sie sich den Weg zum Sammelplatz notfalls freischießen können. Diese Idee hat sich mittlerweile in Folklore verwandelt.Denn nach etlichen Selbstmorden und anderen Schießereien mit der Dienstwaffe bekommen die Soldaten keine Munition mehr mit auf den Weg. Aber das macht nichts: Auf dem Sammelplatz könnten die Männer ohnehin oft nur Skat klopfen. Denn mangels Geld für Instandhaltung reichen die einsatzfähigen Kampffahrzeuge bei weitem nicht mehr.(Gerd Zitzelsberger/SZ vom 06.09.2008)Foto: AP

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Mitten in ... SalzburgSalzburg ist so lieblich und schön und so reich an barocker Pracht, dass hier im Sommer jeder, egal ob Festspielkünstler oder -gast, zum Touristen mutiert. Auf Schritt und Tritt: ein Fotomotiv, sei es ein toller Blick oder die schwangere Anna Netrebko.Auch der türkische Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk, der während der Festspiele in der großzügigen Max-Reinhardt-Suite auf Schloss Leopoldskron residierte, eingeladen in der Reihe "Dichter zu Gast", wurde permanent beim Knipsen ertappt.Bei der Lesung seines Romans "Rot ist mein Name" mit Helmut Lohner im Mozarteum, zückte Pamuk in einem - wie er wohl dachte - unauffälligen Moment wieder einmal seine kleine, digitale Leica und fotografierte blitzschnell das Publikum: ohne Flash, aber mit dem zufriedenen Lächeln eines Touristen, der daheim was vorzeigen kann.(Christine Dössel/SZ vom 30.08.2008)Foto: dpa

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Mitten in ... MainauBlumen sind ein teures Vergnügen, aber manche Menschen können sich gar nicht daran sattsehen. Auf der Insel Mainau lieben sie Blumen aller Art, allein die Dahlien-Sammlung ist weltrekordverdächtig. Abends um 16.30 Uhr bildet sich vor dem Tor zum Paradies eine Schlange, denn pünktlich um fünf stellt der Computer um - dann darf man zum halben Preis auf die teuerste Insel im Bodensee.Die späten Besucher eilen über die Brücke, dem Blütenmeer entgegen. Sie seufzen auf, wenn sie im Rosen-Kabinett stehen, sie hüpfen freudig herum wie die Schauobjekte im Schmetterlingsgarten und schimpfen nicht mal mehr über die Gebührenordnung der Gräfin Bernadotte.Nur die Kinder, die sich auf die Ponys gefreut haben, sind schwer enttäuscht: Kutschfahrten über die Insel gibt es nur bis 16 Uhr. Halber Preis hat seinen Preis.(Christian Mayer/SZ vom 30.08.2008)Foto: Bodensee Tourismus

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Mitten in ... Ostia"Cocco, cocco!", "Coca, Fanta, Birra!" - das sind schon seit Jahrzehnten die Nebengeräusche zum Rauschen der Wellen am Strand von Ostia. Fliegende Händler lösen sich im Minutentakt mit ihren Offerten ab, sie bieten nicht nur Kokosnuss-Stücke und frische Getränke an.Im Stundentakt etwa schlurft ein Wesen mit einem enormen Kleiderständer vorbei. Und dann sind da die chinesischen Masseusen, die leicht ölverschmiert, doch ganz in Weiß mit Sonnenhütchen mondäne Erholung an einem der überlaufensten Strände Italiens versprechen.Zehn Minuten Rückenmassage fünf Euro, 15 Minuten kosten zehn. Auch die sandigen Füße Tausender Badegäste kneten sie gegen Aufpreis. Bei Sonnenuntergang schwirren sie immer noch herum. Es heißt, sie variierten jetzt ihr Angebot. Liebesdienste hinter den sanften Dünen von Ostia!(Julius Müller-Meiningen/SZ vom 30.08.2008)Foto: Reuters

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Mitten in ... Kuala LumpurSie machen jetzt Zitronengraseistee im Bau Bau Café, Kuala Lumpur, Malaysia. Neuerdings. Ein bisschen süß ist er ja, und das Eis schmilzt schnell in der Schwüle. Aber egal. Unter dem alten Ventilator auf der Terrasse schmeckt alles, auch das Nasigoreng. Und alles schmeckt ein bisschen nach frech erstohlener Freiheit.Hier kocht und bedient ein Kollektiv junger, arbeitsloser Menschen unter der väterlichen Regie des Filmemachers, Autors und Künstlers Hishamuddin Rais.Der brillante Querkopf unterhält die Gäste, lacht viel und laut und raucht dabei Kette. Der Erlös des Cafés fließt in die Gassenküche für die Armen. Das klingt alternativ, ist es auch.Wahrscheinlich ist das Bau Bau der einzige Ort dieser Art in Südostasien. Und eine Vorfreude auf dem Weg nach Kuala Lumpur, immer, auch wenn sie viel zu süßen Zitronengrastee machen.(Oliver Meiler/SZ vom 23.08.2008)Foto: AFP

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