Mit dem Fahrrad durch Australien:7000 Kilometer Gegenwind

Maximilian Semsch ist ein halbes Jahr lang durch Australien gefahren - auf dem Fahrrad. Im Interview erzählt er, was die Einheimischen von dieser Idee hielten, wo es am schönsten war und was ihm mehr Angst machte als giftige Tiere. Mit Video.

Von Carolin Gasteiger

16.000 Kilometer weit ist Maximilan Semsch im vergangenen Jahr durch Australien geradelt. Mit dem Fahrrad hat er nicht zum ersten Mal so weite Strecken zurückgelegt: 2008 reiste er bereits auf zwei Rädern von München nach Singapur. Durch Australien fuhr der 29-Jährige nun allerdings auf einem E-Bike. Begleitet wurde er von Freundin Marion und einem Kameramann. Wir zeigen einige kurze Video-Ausschnitte.

SZ.de: Sie sind auf dem Fahrrad einmal rund um Australien gefahren. Was macht den Reiz einer solchen Reise aus?

Maximilian Semsch: Auf dem Fahrrad erlebt man jeden einzelnen Kilometer. Man fährt nicht mit 110 Kmh durchs Land, hört kein Motorengeräusch, sondern kann immer noch jedes Rascheln im Gebüsch wahrnehmen. Es ist einfach eine sehr intensive Art, ein Land kennenzulernen.

Wie haben Einheimische auf Sie reagiert?

Bei den Australiern gibt es nur Auto oder Surfbrett - Fahrrad fahren die überhaupt nicht. Als sie uns gesehen haben, haben sie den Kopf geschüttelt, so nach dem Motto: Ihr seid ja nicht mehr ganz dicht.

Also haben Sie gar keine anderen Radfahrer getroffen?

Nur ganz wenige. In Westaustralien war ein Holländer, der aus seiner Heimat eineinhalb Jahre den ganzen Weg hergefahren und von Singapur nach Darwin übergesetzt war. Aber generell sind Radfahrer in Australien eher selten.

Vor fünf Jahren sind Sie schon einmal mit dem Fahrrad durch die Welt geradelt: von München nach Singapur. Wie kamen Sie auf die Idee?

Auf meiner ersten Weltreise von 2004 bis 2007 war ich noch mit Bus und Bahn unterwegs. Bald hatte ich das Gefühl, dass ich an allem nur vorbeirase. Aber gerade diese Freiheit, überall anhalten zu können wo ich will, ist mir auf Reisen sehr wichtig. Darum habe ich nach einem Fortbewegungsmittel gesucht, mit dem ich ganz individuell von A nach B komme.

Machen Sie überhaupt noch Urlaub ohne Fahrrad?

Manchmal schon, aber gerade auf längeren Reisen ist es für mich mittlerweile das perfekte Fortbewegungsmittel.

Warum jetzt auf dem E-Bike?

Aufs Fahrrad wollte ich auf der Reise nicht verzichten, aber zugleich etwas Neues ausprobieren. In der Fahrradbranche sprechen gerade alle über E-Bikes, Elektromobilität und Pedelecs. Das ist die Zukunft. Daher wollte ich ausprobieren, wie widerstandsfähig es ist und ob es tatsächlich so funktioniert wie viele sagen: Da fährt man von allein.

Sie sind in Sydney gestartet und im Uhrzeigersinn einmal rundherum ...

Das war im Nachhinein ein Fehler, weil wir auf 7000 Kilometern Gegenwind hatten. Das hatten wir nicht bedacht. Wir haben die Route gewählt, weil wir den australischen Sommer über im Süden unterwegs sein wollten. Im Norden ist da gerade Regenzeit und es ist tropisch heiß.

"Nachts wie in der Sauna"

Was war die größte Herausforderung?

Viele denken da ja an giftige Tiere, aber das war bei uns nicht schlimm. Richtig gefährlich war der Straßenverkehr. Als Radfahrer ist man kein vollwertiges Verkehrsmitglied. Gerade die sogenannten road trains, bis zu 60 Meter lange Lastwagen mit Anhängern, rauschen im Abstand von 20 Zentimetern an einem vorbei. Da gab es schon drei, vier sehr knappe Überholmanöver auf der Reise.

Also gibt es auch keine speziellen Routen für Radfahrer.

Nein, aber wir haben vom Highway No 1 aus - der geteert und sehr angenehm zu befahren ist - immer wieder Abstecher gemacht und sind dann auf sogenannte gravel roads, also unbefestigte Schotterstraßen gekommen. Und die waren zum Teil so gut wie ein Radweg im Englischen Garten, zum Teil aber auch unbefahrbar. Besonders nach Regenschauern waren das oft die reinsten Matschpisten. Aber genau diese Straßen haben uns an die schönsten Orte unserer Reise gebracht.

Wie sind Sie mit der australischen Hitze zurechtgekommen?

Man muss einfach früh losfahren. Wir sind oft schon um vier Uhr gestartet, also in stockdunkler Nacht, und haben von elf bis 16 Uhr Mittagspause gemacht, bevor es wieder weiterging. Besonders schlimm war es im Norden zwischen Broome und Darwin. 34 Grad waren wir eigentlich gewöhnt, aber diese unglaublich hohe Luftfeuchtigkeit nicht! Nachts im Zelt war es, als würde man in der Sauna übernachten.

Klingt als sei der Trip vor allem auch sehr anstrengend gewesen.

Auch wenn die Reise wie eine Lotterie war, sie hat uns immer wieder an tolle Orte geführt. Einmal haben wir durch Zufall einen fünf Kilometer langen schneeweißen Sandstrand mit kristallblauem Wasser gefunden - und hatten ihn den ganzen Tag für uns allein.

Maximilian Semschs Erlebnisse in Australien gibt es auch auf der DVD "What a trip - around Oz".

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