Süddeutsche Zeitung

Hotel CR7 auf Madeira:Das Erlebnis, bei Cristiano zu schlafen

Das CR7 auf Madeira ist ein hotelgewordener Schrein zu Ehren des Fußballers - samt Rasenteppich und Zeichnungen wie aus der Hand einer hochbegabten Zehnjährigen. Ein Besuch.

Von David Denk

Cristiano Ronaldo hat ein Muttermal auf der Oberlippe. Das weiß nicht jeder; um das zu sehen, muss man ihm schon verdammt nahekommen, so nah wie auf der Herrentoilette in der Lobby des Pestana CR7 in Funchal auf Madeira. Persönlich anwesend ist der Stürmerstar von Real Madrid natürlich nicht, und trotzdem blickt ihm unweigerlich ins Gesicht, wer die Toilette betritt. In monströser Vergrößerung hängt sein Konterfei über dem Waschbecken, der Gast spiegelt sich in den Gläsern seiner Pilotenbrille. Nichts für schwache Nerven.

Personenkult ist im CR7 Programm. Das Haus am Hafen, von Ronaldo im Sommer mit der größten portugiesischen Hotelkette eröffnet und kürzlich nach Lissabon expandiert, trägt nicht nur seine Initialen samt Rückennummer im Namen, es ist ein hotelgewordener Schrein zu Ehren des wohl berühmtesten Sohns Madeiras. Auf der Promenade vor der Tür steht eine 3,40 Meter hohe Bronzestatue, mit der die Touristen gern Händchen halten, und im CR7-Museum kann man für fünf Euro Eintritt Ronaldos Karriere nachvollziehen. Auch hier wird man von überlebensgroßen Bildnissen des Fußballers begrüßt.

Neben einer hohen Ronaldo-Toleranz braucht der Gast im CR7 eine Vorliebe für die Modefarbe Grau in all ihren Schattierungen und ein ähnlich unverkrampftes Verhältnis zum eigenen Spiegelbild wie der Patron. Zwei der vier Wände im Bad von Zimmer 127 sind verspiegelt (die dritte ist eine Glasscheibe, durch die man sich - Reisebegleitung vorausgesetzt - beim Duschen bewundern lassen kann).

Im Zimmer selbst, zu erreichen über einen mit langflorigem rasengrünen Teppich ausgelegten düster-grauen Korridor mit der Anmutung eines Spielertunnels, hängen noch zwei deckenhohe und einen knappen Meter breite Spiegelstreifen an der Wand. Das vergrößert den Raum und erfreut den Narzissten. Alle anderen schauen sich befremdet um und entdecken am Kopfende des Bettes elf gerahmte Ronaldo-Zeichnungen, die aussehen wie aus der Hand einer hochbegabten Zehnjährigen. Nein, es gibt kein Entkommen - nicht hier drinnen.

Draußen im supermodern randvoll befüllten Swimmingpool schwimmt der Gast mit Blick auf Kreuzfahrtriesen wie die Oceana, gegen die das CR7 Hotel bemitleidenswert mickrig wirkt. Ronaldos Ego jedenfalls hätte ein Wolkenkratzer eher entsprochen als dieser zweistöckige Hybrid aus Wartehalle und Hochbunker. Muss er, die breite Brust in Person, diesen regelrecht duckmäuserischen Bau nicht eigentlich als rufschädigend empfinden?

Auch im Außenbereich übertreibt es das CR7 mit der Transparenz. Eine Sauna mit Glaswand ist vielleicht eine schöne Idee, wenn sie den Blick auf einen finnischen See freigibt; hier aber wird der Schwitzende selbst zur Sehenswürdigkeit - und wer will das schon? So telegen wie Ronaldo transpiriert schließlich kaum jemand.

Als Gast im CR7 stellt man sich unwillkürlich die Frage, wie weit die Partnerschaft geht, ob dieses "Lifestyle Hotel" den Vorstellungen des Namensgebers von stilvollem Wohnen entspricht. Ähnelt sein Zuhause der Lobby mit ihrem handverlesen-eklektischen Mix aus Möbeldesignklassikern mit leichtem Vintage-Touch? Das CR7 jedenfalls dürfte ganz nach dem Geschmack von Leuten sein, die sich nicht nur auf ihr Äußeres etwas einbilden, sondern auch auf ihren Geschmack bei der Inneneinrichtung. Mit seiner Location indes korrespondiert das Hotel überhaupt nicht.

Einerseits tut es dem Tourismus auf Madeira sicher gut, mit einem Designhotel auch jüngere Gäste anzuziehen, andererseits irritiert seine Ortlosigkeit. Es könnte überall sein. Das spiegelt sich auch in der Speisekarte des Bistros in der Lobby. Es gibt globalisiertes Comfort Food, Pizza und Burger. Neben denen aus importiertem (!) Rindfleisch gibt es immerhin auch einen aus gegrilltem Atlantik-Thunfisch, serviert in einem regionalen Bolo-do-Caco-Fladenbrot.

Beim Abendessen läuft Fußball ohne Ton. Die eigentliche Attraktion aber ist ein Ronaldo-Spruch über dem Flachbildfernseher: "To be the best you need the best" steht da. In Leuchtbuchstaben. Tja, was ist das? Ausdruck von Selbstverliebtheit oder ein Bekenntnis zu Teamgeist? Die englische Sprache lässt das offen und ist darin ähnlich schillernd wie der auf dem Fußballplatz so polarisierende Zitatgeber, irgendwo zwischen Macker und Muttersöhnchen, Held und Heulsuse.

Pestana CR7 Funchal, DZ ab 102 Euro / Nacht inkl. Frühstück, buchbar unter www.pestanacr7.com

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SZ vom 17.11.2016/ihe
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