Literatourismus:Auf Vernes Spuren

Am 24. März jährt sich Jules Vernes Todestag zum 100. Mal. Nicht zuletzt Abenteuertouristen erinnern sich in diesen Tagen an den französischen Schriftsteller, der in Romanen schon im 19. Jahrhundert Reisen beschrieb, die heute Realität werden können.

"In 80 Tagen um die Welt" zu fahren, ist kein Problem mehr, und Tiefseetaucher begeben sich auf den Spuren Kapitän Nemos in Richtung der "20.000 Meilen unter dem Meer". Nur die Reise "Von der Erde zum Mond" findet für Touristen weiter lediglich im Traum statt.

Literatourismus: Weltraumtouristen, im Bild Mark Shuttleworth, müssen tief in die Tasche greifen.

Weltraumtouristen, im Bild Mark Shuttleworth, müssen tief in die Tasche greifen.

(Foto: Foto: dpa/gms)

Mit seinen Ideen sei Jules Verne zum Teil gar nicht weit entfernt gewesen von den damaligen Reisemöglichkeiten, sagt der Verne-Biograf Volker Dehs von der Universität Göttingen. Mechanisch betriebene U-Boote habe es bei Erscheinen von "20 000 Meilen unter dem Meer" in Amerika bereits gegeben. Und bei den "80 Tagen um die Welt" habe sich Verne durch die Eröffnung des Suezkanals 1869 inspirieren lassen.

Phileas Fogg wurde bald unterboten

Dass die Abenteuer des Londoner Lebemanns Phileas Fogg und seines Dieners Passepartout schon damals keine reinen Fantastereien waren, bewiesen bereits wenige Jahre nach Erscheinen des Romans mehrere Globetrotter. "1889 traten zwei Amerikanerinnen von New York aus gegeneinander an, und beide unterboten die 80 Tage", erzählt Dehs.

Wer es heute den beiden Damen nachtun will, kann viel schneller die Globusumrundung schaffen. Im "Guinness World Records Buch 2005" ist eine Weltumrundung mit dem Motorrad in 31 Tagen und 20 Stunden verzeichnet - die Reise des Briten Nick Sanders begann und endete im Jahr 1997 in Calais in Frankreich. Bei normalen Linienflügen steht der Rekord bei 44 Stunden und sechs Minuten, also nicht mal zwei Tagen.

Auf Vernes Spuren

Auf den Grund gehen

Solche Rekordjagden sind natürlich nichts für Urlauber, die ihre Reise genießen wollen - und auch bei Einhaltung der ursprünglichen 80 Tage dürfte eine Tour auf Phileas Foggs Spuren kein Zuckerschlecken sein. Wer es ruhiger mag, kann aber auch auf Tauchstation gehen, denn Tiefseeabenteuer à la Kapitän Nemo sind längst pauschal buchbar.

Die tiefste Stelle im Meer ist laut "Guinness-Buch" ein Punkt im Marianengraben im Pazifik in 10,911 Kilometern Tiefe. 1960 tauchten zwei Forscher mit dem U-Boot "Trieste" dorthin. Ganz so weit dringen kommerzielle Expeditionen zwar nicht vor. Ziele sind aber etwa die Wracks der "Titanic" und der "Bismarck" oder Unterwasservulkane im Atlantik - alles 2,4 bis 4,8 Kilometer unter dem Meeresspiegel gelegen.

Teure Tiefsee

"Es gibt weltweit wenige Tauchboote, die diese Tiefen erreichen. Und nur die Russen setzen ihre auch für touristische Zwecke ein", sagt Jörg Wünning von der Agentur für Erlebnis-Reisen in Lüneburg, die die Fahrten in Deutschland vermarktet. Zwölftägige Touren zur "Bismarck"-Fundstelle samt eines Tauchgangs sind zum Beispiel ab 27.500 US-Dollar (20.900 Euro) zu haben, ein neuntägiger "Titanic"-Trip für 36.650 Dollar (27.850 Euro).

Ebenfalls möglich - und ebenfalls sehr teuer - sind heute Trips in den Weltraum. Die Firma Space Adventures hat schon zweimal Touristen ins All befördert, ein dritter soll im Oktober 2005 starten. Unter 20 Millionen Dollar (15,2 Millionen Euro) ist jedoch nichts zu machen, wenn es in die Internationale Raumstation ISS gehen soll.

Was Traum bleibt

Doch das ist noch nicht einmal die halbe Strecke auf dem Weg "Von der Erde zum Mond", den Jules Verne 1865 beschrieben hat. Vernes Visionen sind also auch für Reisende mit schwerem Bankkonto nicht alle zur Realität geworden.

Und selbst wenn sich die Mondreise eines Tages noch verwirklichen ließe - eines wird für Urlauber nie klappen: die 1864 von Jules Verne beschriebene "Reise zum Mittelpunkt der Erde". Dort würde es selbst notorischen Kälteflüchtlingen zu heiß.

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