Klar, schlechtes Wetter nervt im Urlaub. Ebenso schlechtes Essen am Halbpensionsbuffet. Auch lästig: Warteschlangen beim Check-in, verspätete Flüge sowie Staus. Manchen sind auch plärrende Kinder ein Dorn im – in diesem Fall – Ohr, egal ob die eigenen oder fremde.
Am schlimmsten aber ist es für viele Touristen, über den Tisch gezogen zu werden. Nicht bloß, weil das schöne Geld dann auf unschöne Weise verloren ist – nur einer Minderheit ist es vom Charakter her gegeben, den eigenen finanziellen Verhältnissen gegenüber eine gewisse Wurstigkeit an den Tag zu legen, selbst wenn es sich nur um ein paar Euro dreht. Sondern auch, weil ein solcher Nepp an die Ehre geht – wer steht schon gerne als dumm oder naiv da?
Die angesehene portugiesische Zeitung Expresso hat nun berichtet, dass es in der Altstadt Lissabons mehrere Restaurants geben soll, die unterschiedliche Preise verlangen, je nachdem, ob es sich bei ihren Gästen um Einheimische oder Touristen handelt. Ginge es um Mallorca, die Bild-Zeitung hätte ihrer Leserschaft auf der Titelseite längst „Skandal!“ und „Abzocke!!“ entgegengeschrien.

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Vor den harten Früchten ist zu warnen, vor allem auf Reisen. Allerdings nicht aus den vermeintlich naheliegenden Gründen.
In der Tat entspricht es nicht der feinen Art der Gastfreundschaft, derart zu wirtschaften als Wirt – zumal Informanten berichten, es ginge in den inkriminierten Lokalen tatsächlich gezielt darum, so viel Geld wie möglich aus den Touristen herauszuschlagen, ohne die einheimischen Stammgäste zu vergraulen. Der touristische Top-Zuschlag ist also offenbar nicht Teil einer Mischkalkulation, bei der man sich als Urlauber sogar gut fühlen könnte, weil man eine Art Spende leisten würde. Insofern bleibt nur Empörung über dieses Gebaren. Man möchte schließlich fair und also gleich behandelt werden.
Das aber hat auch nicht nur sein Gutes. Bei der Münchner Wiesn etwa, die in zwei Wochen beginnt, führt die strikte Gleichbehandlung von Einheimischen wie Touristen dazu, dass beide Gruppen abgezockt werden. Ist das besser? Überdies gilt es, einen weiteren Punkt zu bedenken: Beinahe alle Urlauber wollen nicht als Teil einer Masse wahrgenommen werden, sondern beharren auf ihrem Recht auf Individualität.

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Weshalb dann die Empörung über eine unterschiedliche Behandlung, die faktisch in vielen anderen Bereichen ohnehin existiert: Bei gleicher Leistung hat jeder Gast eines Ferienhotels garantiert einen anderen Preis gezahlt für Anreise, Unterkunft und Verpflegung. Die einen lässt der Türsteher in den Club, die anderen nicht. Einige verhandeln besser mit Taxifahrern als andere. Schon die Touristen untereinander schneiden also unterschiedlich gut ab, um im Achtung-Abzocke-Argumentationsmuster zu bleiben. Wozu sich zusätzlich an den Einheimischen und ihren Vergünstigungen reiben? Erholung funktioniert nur in gelassener Grundstimmung.
Außerdem: Vielleicht machen die Lissabonner Gastronomen aus den falschen Gründen das Richtige. Statt den Lebenswert ihrer Stadt für Einheimische zu ruinieren durch die Anwendung des Oktoberfest-Prinzips, bezahlt jeder Gast für dessen Erhalt. Die einen durch Milieu-Zugehörigkeit, die anderen durch einen Subventionsaufschlag. Im besten Fall haben alle etwas davon und niemand muss sich ausgebeutet fühlen. Der Wirt ohnehin nicht.
