Entgegen landläufiger Vorurteile ist der durchschnittliche Skifahrer ein eher gemütliches Wesen. Bei Skigebietsbetreibern hinlänglich bekannt ist beispielsweise, dass möglichst viele blaue, also flache Pisten deutlich mehr Kunden anlocken als Steilhänge und Buckelpisten. Gemäß dem Kuratorium für Verkehrssicherheit bleibt sogar jeder zweite österreichische Skifahrer auf der Piste unterhalb der 55-Stundenkilometer-Marke. Im Land der Hermann Maiers und Franz Klammers wirkt das in etwa so, als würden die Deutschen in einer Spielstraße tatsächlich Schrittgeschwindigkeit fahren. Je nach Quelle legt der Durchschnitts-Skifahrer pro Tag auch nur zwischen 18 und 24 Kilometer und 4600 Höhenmeter zurück und nutzt dabei gerade elf bis zwölf Mal die Seilbahn. Wie sonst wären auch die vielen Almhüttenimitate und sonstigen Einkehrmöglichkeiten zu füllen? Allerdings sollten sich all die Après-Ski-Kritiker die Frage stellen, wo so ein Skifahrer, ach was, der Mensch ganz allgemein eigentlich mehr Schaden anrichten kann: am Hang oder an der Theke?
Und dann gibt es Typen wie Christian Flühr, der „Mr. Ski-Weltrekord“, wie es auf seiner Webseite bond-auf-brettern.com heißt. Flühr ist zu seiner Glanzzeit vor mehr als 15 Jahren einmal 264 Stunden in Obergurgl Ski gefahren, nonstop, und hat in 24 Stunden 53 577 Höhenmeter zurückgelegt. Inzwischen hat Flühr die 50 überschritten und ist der Landesvorsitzende der Liberalen Senioren Bayern (LIS). Dennoch hat er erst vor wenigen Tagen einen weiteren Rekord hingelegt, indem er 80 verschiedene Liftanlagen in den Skigebieten Kitzbühel und Skiwelt Wilder Kaiser benutzte. Während seiner 15-stündigen Unternehmung wurde er von einem Team aus Physiotherapeuten und Mitarbeitern des Skigebiets betreut. Und wer sich nun darüber lustig macht, dass Flühr laut Medienberichten stets „eine eigens komponierte Weltrekord-Hymne im Ohr hatte“, der sollte wissen, dass der Mann tatsächlich aus dem flachen Ruhrgebiet stammt und eher nicht wie einer dieser ausgemergelten, spaßbefreiten Superathleten wirkt.

Wintertourismus:88 Kilometer Skifahren an einem Tag
Durch die Skigebiete Wilder Kaiser und Kitzbühel führt eine der längsten Skirunden der Alpen. Aber wie viele Pisten braucht der Mensch? Und wie viele schafft er? Ein Selbstversuch.
Schon rührt sich die Konkurrenz aus dem Lager der extremen Ski-Normalos. So hat der ehemalige Rekordhalter dieser Disziplin und Gründer eines großen Skiportals, Oliver Kern, angekündigt, bereits in den nächsten Tagen einen neuen Bestwert setzen zu wollen. In der schwedischen Skiregion Sälen will Kern 100 verschiedene Skilifte an einem einzigen Tag nutzen. Das entspricht in etwa dem, wofür der gemeine Urlauber eine ganze Woche benötigt – schon allein wegen der Anstehzeiten an den Gondeln. Abgesehen davon, dass hier endlich mal wieder ein deutscher Zweikampf von Ski-Giganten erwächst, wirft die Rekordjagd für wintersportbegeisterte Touristen mehrere Fragen auf: Ist das womöglich der einzige Weg, damit sich die fast 80 Euro für das Tagesticket in den Riesenskigebieten der Alpen endlich rechnen? Müssen wir angesichts der kürzeren Winter einfach unsere Skitage verlängern? Oder sollten wir nicht doch einfach lieber an der Theke ein Bier trinken, anstatt uns auf der Piste beweisen zu wollen? Denn eines ist sicher: Viel Après-Ski ist nach 100 Liftfahrten und mindestens so vielen Pistenkilometern wohl nicht mehr drin.
