Lifestyle:Von alten Schläuchen und neuer Pein

Ein Disput zwischen einem passionierten Rennradfahrer und einem überzeugten Mountainbiker

Aufgezeichnet von Sebastian Hepp

Bergartist hier, Geschwindigkeitsfreund dort, Individualist auf der einen, Herdentier auf der anderen Seite - sicher würden einem noch weitere Gegensatzpaare einfallen, um den Typus eines Mountainbikers von dem eines Rennradlers zu unterscheiden. Aber stimmen diese Klischees überhaupt und gibt es am Ende vielleicht sogar mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede? wohl fühlen ist dieser Frage nachgegangen und hat je einen Vertreter der beiden Gattungen zu einem Streitgespräch gebeten. Der Zufall wollte es, dass Andreas Walz (49), begeisterter Rennradfahrer, und Frank Hartwich (35), bekennender Mountainbike-Freak, auch noch in ein und demselben Laden arbeiten. "Feine Fahrräder" heißt er, ist in München-Giesing zu finden und wie man hört, üben die Kontrahenten ihre Tätigkeit - Beratung, Verkauf, Reparatur - nach wie vor in den gemeinsamen Räumen aus.

Lifestyle: Frank Hartwich auf seinem Mountainbike

Frank Hartwich auf seinem Mountainbike

(Foto: Foto: privat)

Beginnen wir mit einer Unterstellung zum rein sportlichen Aspekt: Der Mountainbiker steht für Kraft, Geschicklichkeit und Reaktionsvermögen, der Rennradfahrer für Geschwindigkeit, Ausdauer und Technik.

Andreas Walz: Der Rennradler verharrt sicher länger in einer bestimmten Sitzposition und muss insofern mehr Ausdauer mitbringen als der Mountainbiker. Das mit der Technik stimmt schon auch. Ich fahre seit vielen Jahren Rennrad und kann es noch immer nicht. Speziell das richtige Kurvenfahren bei höherer Geschwindigkeit ist auf dem Rennrad sehr schwierig, das wird meist unterschätzt.

Frank Hartwich: Die reine Kraft hat beim Mountainbiken vielleicht früher mal gereicht. Heute braucht man da auch viel Ausdauer und technisches Können. Zudem ist viel Balancegefühl gefragt - und vor allem: Man muss ständig vorausdenken und sich schon früh dafür entscheiden, welche Linie man am Berg wählt. Im Übrigen spielen auch bei uns Biss und Durchsetzungsvermögen eine wichtige Rolle.

Walz: Wenn ich mir anschaue, mit welcher Geschwindigkeit die Rennradler auf nicht gesperrten Straßen die Berge hinunter rasen, dann muss ich sagen: Da nimmt eine Disziplin der anderen nichts! Und Deppen, die über ihre Verhältnisse fahren, gibt es hier wie dort. Wahrscheinlich spielt da auch der Nachahmungseffekt eine große Rolle. Die Leute sehen die Profis und denken, das kann ich auch.

Hartwich: Mountainbiker sind dennoch extremer. In der Freerider-Szene zum Beispiel gibt es Leute, die springen über die Bombenkrater an der Grünwalder Brücke. Oder nimmt man die Downhill-Spezialisten, die stürzen sich kurz nach dem Ski- Weltcuprennen in Garmisch mit Eisen- Spikes an den Reifen die Kandahar-Abfahrt hinunter und sind dann nur rund zehn Sekunden langsamer als die Ski-Profis.

Von alten Schläuchen und neuer Pein

Sind Mountainbiker jünger, progressiver und eher "fun"-orientiert, Rennradfahrer dagegen in der Regel älter, konservativer und mehr auf Leistung aus?

Lifestyle: Andreas Walz, der Rennradler

Andreas Walz, der Rennradler

(Foto: Foto: privat)

Hartwich: Tendenziell stimmt das. Wenn die Fahrradindustrie zum Beispiel etwas Neues auf den Markt bringt, dann sind die Mountainbiker die ersten, die es ausprobieren wollen. Und von der Mentalität her sind sie wie Snowboarder, sie lieben Events und Parties. Andererseits ist es so, dass unter den Mountainbikern die 16- bis 25-Jährigen inzwischen nicht mehr domi- nieren. Mittlerweile sind alle Altersklassen vertreten. Und die Frauen geben inzwischen genau so Gas wie die Männer.

Walz: Die Rennradler halten in der Regel lieber am Alten fest.Was über viele Jahre schon dieselbe Optik hatte, das darf nicht plötzlich etwas Exotischem weichen. Und was das Leistungsdenken angeht:Wenn im Wettkampf mal ein so richtig dogmatischer Rennradler von einem Mountainbiker überholt wird, dann wird er alles daran setzen, um die Nase wieder vorn zu haben. Auf der anderen Seite gibt es in meinem Freundes- und Bekanntenkreis viele ältere Rennradler, die gemütliche Touren in Gruppen bevorzugen.

Sucht der Mountainbiker eher die Einsamkeit in der Natur, der Rennradfahrer hingegen das Erlebnis in der "Masse"?

Hartwich: Wenn man nicht gerade einen Marathon fährt, dann erlebt man beim Mountainbiken die Natur schon sehr intensiv und man findet hier eher die Ruhe. Auch den Gipfel muss man da oft mit niemandem teilen. Ein Murmeltier wirst du beim Rennradfahren nicht sehen. Da kommst du ja ins Hinterland gar nicht rein!

Walz: Wenn du am Berg durchgerüttelt und -geschüttelt wirst, wie willst du da noch viel von der Natur sehen? Sicher, bei großen Radrennen gibt es schon mal 8- bis 10.000 Teilnehmer. Trotzdem: Auf Alpenpässen begegnet einem da auch nur alle zwei Stunden mal ein Auto. Und fahren muss auch hier jeder für sich allein.

Rennradtour - Naturpark westliche Wälder Länge: 200 km.Treffpunkt: 7 Uhr, Bahnhof Pasing (S, DB), Nordseite. Durchs Dachauer und Brucker Land geht es ins Naturschutzgebiet westlich von Augsburg. Die Teilnehmer erkunden den südlichen Teil des Naturparks, und nach einer mittäglichen Stärkung wenden sie sich wieder nach Osten in Richtung München bis Pasing Bahnhof.

Samstag, 27.August Mountainbike-Tagestour ins Ammergebirge Länge: 70 km; Höhenmeter: ca. 800. Treffpunkt: 8.15 Uhr,München Hbf, Gleis 27. Start: 9.30 Uhr Murnau Bf. Entlang des Staffelsees und der Ammer geht es über die Rotmoosalm und das Friedergrieß nach Griesen. Die Tour endet in Garmisch.

Samstag, 24. September Estergebirge und Jachenau Länge: 65 km; Höhenmeter: ca. 1.300. Treffpunkt: 8.15 Uhr München Hbf, Gleis 27. Start: 9.45 Uhr, Eschenlohe Bf. Die Tour geht ins Estergebirge zur Hohen Kisten. Nach der Mittagsrast am Walchensee Weiterfahrt durch die Jachenau nach Lenggries. Nähere Informationen (auch zu Teilnahmegebühren, Ausrüstung und Schwierigkeitsgraden der Touren): ADFC-Geschäftsstelle, Platenstraße 4, 80336 München, Tel.: 089-773429, Fax: 089-778537, Di. bis Fr., 10 bis 12 Uhr. www.adfc-muenchen.de

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: