Lesergeschichten aus der Bahn:"Liebe Fahrgäste, wir haben uns verfahren"

Deutsche Bahn im Winter

Wohin fährt die Bahn, wenn sie fährt? Das ist manchmal selbst dem Lokführer nicht ganz klar.

(Foto: dpa)

Der Winter stört zuverlässig das Reisen und die Malheur-Strecke München-Berlin macht nicht gerade Mut. Zur Aufmunterung hier besonders schöne Pannen, die unsere Leser in der Bahn erlebt haben.

Es war vor ein paar Wochen, ich kam zum Bahnsteig und hatte noch etwa 20 Minuten bis zur Abfahrt. Am Gleis stand bereits ein Zug, bei dem allerdings alle Lichter aus waren. Ich wollte ein bisschen an der frischen Luft bleiben, aber ein Mann neben mir stieg ein. Auf einmal schlossen sich alle Türen und der Zug fuhr weg aufs Abstellgleis - der Mann im Waggon sah ziemlich erschrocken aus. Ich ging also zu einem Bahnangestellten und sagte ihm, dass schon jemand eingestiegen war. Er schaute mich ganz erst an und sagte ohne eine Miene zu verziehen: "Dann können wir jetzt nichts mehr für ihn tun." (Lea S.)

Auf dem Weg von München nach Nürnberg mit dem Regionalexpress kamen mir schon die ersten Kilometer aus dem Bahnhof raus etwas seltsam vor. Die Strecke bin ich damals studienbedingt öfter gefahren, kannte sie beinahe im Schlaf. Eine grummelnde Ungewissheit machte sich auch bei den restlichen Fahrgästen bereit. Nach ein paar Minuten kam die klärende Durchsage vom Schaffner: "Liebe Fahrgäste, wir haben uns verfahren. Wir bedauern diesen Umstand sehr und fahren jetzt wieder zurück zum Münchner Hauptbahnhof." (Anonym)

In diesem Herbst war ich mit dem Regionalexpress auf dem Weg von Koblenz nach Trier. Normalerweise besteht der Zug aus zwei Teilen: einem Luxemburger und einem nach Saarbrücken, die sich in Trier trennen. Diesmal fuhr aber nur der Luxemburger Zug. Irgendwann hielten wir in Treis-Karden und der Lokführer verließ das Führerabteil. In die Tür stellte er eine Plastikflasche. Kurze Zeit später kam der Lokführer zurück, schaute erst entsetzt und schrie plötzlich einen Passagier, der direkt neben der Tür saß und die Flasche in der Hand hatte, mit italienischem Akzent an: "Was haben Sie gemacht?! Ich habe keinen Schlüssel!" Der Fahrgast war offenbar gegen die Tür gekommen, die Flasche umgekippt, die Tür zugefallen und der Zugführer ausgesperrt. Sein einziger Schlüssel steckte im Führerabteil. Und da es ein Luxemburger Zug war, konnte dieser nicht mal eben aufgeschlossen werden, auch weil Treis-Karden keinen unfassbar großen, gut ausgestatteten Bahnhof besitzt. Wir warteten etwa eine halbe Stunde, bis es dem Lokführer überraschenderweise gelang, die Tür doch zu knacken. (Nils D.)

An einem sehr heißen Sommertag stieg ich in Stuttgart in einen IC ein. Nachdem der Zug eine halbe Ewigkeit nicht abfahren wollte, tönte plötzlich die Durchsage: "Dieser Zug fällt leider aus, uns ist die Lok abhanden gekommen." (Marie S.)

Wir waren mit der Regionalbahn von Goch nach Köln unterwegs. 300 Meter vor dem Hauptbahnhof hielt der Zug. Nach fünf Minuten Ansage des Lokführers: "Wir können nicht einfahren, weil wir auf zwei Güterzuge warten müssen." Zehn Minuten später: "Ich glaube, mit dem Motor der Lok stimmt was nicht." Dann rannte er mit einem Hammer nach hinten ins Abteil und kam nach fünf Minuten zurück. Der Motor gehe nun zwar wieder, aber wir könnten nicht weiter: Feueralarm im Bahnhof. Wieder einige Zeit später stellte sich heraus, dass es ein Fehlalarm war. (Guenni)

Vergangenen Winter begann meine Reise um 6 Uhr morgens mit 20 Minuten Verspätung, da es geschneit hatte - wer hätte das gedacht. Umso überraschender war die Durchsage nach der Fahrt: "Sehr geehrte Fahrgäste, wir bedanken uns für ihre Reise mit der Deutschen Bahn. Wir erreichen nun Lübeck Hauptbahnhof. Bitte begrüßen sie Ihre Züge." Trotz der nun guten Laune habe ich meinen Zug nicht wie verlangt gegrüßt oder umarmt. (Andrea S.)

Mit der Deutschen Bahn hatte ich bisher immer Glück. Allerdings lebe ich in England und benutze sie daher nur ein paar Mal im Jahr. Was ich in britischen Zügen erlebt habe, würde allerdings Bücher füllen. Es ist mehr als einmal passiert, dass ich bereits im Zug saß und sich die Abfahrt immer mehr verspätete. Der Grund? Laut der Durchsage, die normalerweise etwa 20 Minuten nach der planmäßigen Abfahrtszeit kommt, war der Fahrer nicht auffindbar. (Eva L.)

"Der ICE verendet in Kassel-Wilhelmshöhe"

Jüngst im Wetterchaos wurde mein Flug von Hamburg nach Frankfurt gestrichen und auf die Bahn verwiesen - ein Ticket war schnell gebucht. Bis Hannover lief alles gut, ein älteres Ehepaar aus der Nähe von Friedberg (Hessen) setzte sich mit in mein Abteil. Wir kamen ins Gespräch, weil der Mann recht verwundert war, dass ich im ICE mein Handy laden konnte - das sei ja eine wunderbare Technik. Schon holte er sein Smartphone mit dem leeren Akku aus der Tasche und stöpselte es ebenfalls ein. Als ich ihm noch zeigte, dass es im ICE jetzt Wlan gibt, war er total überrascht und erfreut. Das allein war schon eine wunderschöne Begegnung. Als wir kurz vor Göttingen sonntagabends auf offener Strecke stehen blieben, schwante allen Böses. Tatsächlich: Wegen einer Weichenstörung musste der Zugführer einmal durch den Zug laufen, 20 Kilometer mit dem ICE zurücksetzen (im Schritttempo) und auf einem anderen Gleis die Fahrt fortsetzen. Dann kurz nach Göttingen (inzwischen mit 60 Minuten Verspätung) die Durchsage: "Der ICE fährt nicht wie geplant über Kassel und Frankfurt nach Stuttgart sondern 'verendet' in Kassel-Wilhelmshöhe." Das ältere Ehepaar rief zuerst den Enkel an, von dem es sich in Hannover am Bahnsteig verabschiedet hatte: "Wir schaffen es nicht zum 'Tatort' nach Hause. Aber immerhin haben wir es hier im Zug noch warm. Und es gibt Wlan!", erzählte der ältere Mann mit einer Begeisterung in der Stimme, die mich immer noch grinsen lässt. (Nele H.)

Der ICE Hamburg- München verließ pünktlich den Hamburger Hauptbahnhof, nächster Halt Hamburg-Harburg. Dort tat sich erstmal gar nichts, nach 20 Minuten kam die Durchsage des Schaffners: "Ich bitte vielmals um Entschuldigung, aber es wurde vergessen, für diesen Zug eine Trasse zu reservieren. Ersparen Sie mir bitte, dies zu kommentieren." (Christian K.)

Auf dem Rückweg von meinen Eltern in meine Unistadt hatten wir nach zehn Minuten Fahrt wegen vereister Gleise einen Aufenthalt von 80 Minuten - glücklicherweise nicht auf freier Strecke - und wurden amüsant vom Schaffner auf Plattdeutsch unterhalten. An dem Tag habe ich für eine Strecke, die normalerweise circa 30 Minuten dauert, knapp sechs Stunden gebraucht und bin schließlich in der Nachbarstadt gestrandet. Straßen und Autos waren von einer zentimeterdicken Eisschicht überfroren und die Züge komplett bewegungsunfähig. Also musste ich mir schwer bepackt mit Weihnachtsgeschenken eine Unterkunft für die Nacht suchen. Gefunden habe ich sie bei meiner ehemaligen Lieblingslehrerin, welche mich gleich mit auf eine Nachbarschaftsfeier mitnahm, zu der ich heute noch eingeladen werde. Ich bin mit insgesamt vier Tagen Verspätung an meinem Ziel angekommen. (Pia M.)

Mein Freund und ich pendeln öfter mit dem Berlin-Warszawa-Express. Auf dem Hinweg nach Warschau sind wir bis Frankfurt(Oder) aber mit dem Regionalexpress gefahren. Eine Station vor Fürstenwalde hatte man wohl vergessen, die Bremsen zu lösen: Das Anfahren ruckelte mehr als sonst, der Zug nahm aber trotzdem Tempo auf. Allerdings roch es bald merkwürdig, dann qualmte es. Irgendwann schrie jemand in feinstem Dialekt: "Ick gloob, die Hütte brennt hier!" 30 Sekunden später kamen wir zum Glück in Fürstenwalde an. Alle verließen schleunigst den Zug - nur der Lokführer nicht, der wollte einfach weiterfahren. Der Schaffner sprintete nach vorn und klopfte an sein Fenster. Der Lokführer schaute raus, zuckte mit den Schultern, stieg aus und rief seelenruhig die Feuerwehr. Insgesamt kamen wir vier Stunden zu spät in Warschau an. Auf dem Rückweg, diesmal komplett im Eurocity, spürten wir bei der Abfahrt im Bahnhof Poznan wieder dieses bekannte Ruckeln. "Das kennen wir schon vom Hinweg, da hat der Zug dann etwas gebrannt", informierten wir die anderen Passagiere. Die lachten unsicher. Bis sie im Gang die Ersten rufen hörten, dass es qualmt. (Luna)

Es ist schon einige Jahre her, aber es scheint wieder aktuell zu sein. Ich arbeitete in Darmstadt und wollte nach Feierabend nach Hause (Wiesbaden) fahren. Der Zug fiel mal wieder wegen Personalmangel aus. Ich wandte mich an das Infopersonal, aber die können ja auch nur mit den Schultern zucken. Ich bat um eine Adresse für eine schriftliche Beschwerde. Man überreichte mir einen DIN-A4-Karton mir vorgestanzter Postkarte. Auf der Postkarte konnte ich mein Problem darlegen. Eine Empfängeradresse (Irgendwas mit Bahnservice Frankfurt ... ) war aufgedruckt. Also meine Adresse, das Problem und Briefmarke drauf und ab damit nach Frankfurt. Antwort hatte ich nach zwei Tagen. Die Postkarte lag in meinem Briefkasten mit einem dicken roten Stempel drauf: Empfänger unbekannt verzogen! (Armin B.)

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