Timișoara
Es geht bunt zu in Rumäniens drittgrößter Stadt, im Stadtbild und im Miteinander. Viele der Fassaden in der Altstadt sind aufwendig restauriert und mintgrün, hellblau oder dunkelrot getüncht. In den Gassen wird man ganz unterschiedliche Sprachen hören, neben Rumänen leben in Timișoara viele Deutsche, Ungarn, Serben, Roma, Tschechen, Slowaken und Bulgaren, seit Jahrhunderten schon, ein Erbe der k. u. k. Zeit. Bekannt ist die Stadt auch unter ihrem deutschen Namen Temeswar.
Die kulturelle Vielfalt wird gepflegt, im Opernhaus hat das rumänische Nationaltheater ebenso eine Spielstätte wie das Deutsche Staatstheater Temeswar und das Ungarische Staatstheater "Csiky Gergely". "Timișoara ist deutlich europäischer als das Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, weil es sehr viel besser mit Diversität, Mehrsprachigkeit und dem Nebeneinander von Ideen umgehen kann", sagt Bürgermeister Dominic Fritz, und das Dorf, von dem er spricht, liegt nicht irgendwo in Rumänien, sondern im Schwarzwald: Den Deutschen packte die multikulturelle Atmosphäre der Stadt während eines Freiwilligendienstes, seit 2020 sitzt er im Rathaus.
Die Universitätsstadt mit mehr als 300 000 Einwohnern ist das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum der Region Banat im Westen Rumäniens. Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller wuchs dort in einem kleinen Dorf auf, in Timișoara ging sie auf das deutsche Lyzeum - das übrigens mit dem Physiker Stefan Hell noch ein weiterer deutscher Nobelpreisträger besuchte. 550 Kilometer sind es bis Wien, 300 Kilometer bis Budapest, 150 Kilometer bis Belgrad. Ende 1989 nahm in der Stadt die Revolution gegen Diktator Nicolae Ceaușescu ihren Anfang, die Demonstrationen wurden von der Armee und der Geheimpolizei Securitate zunächst blutig niedergeschlagen. Mehr als 150 Menschen starben, doch die Protestierenden gingen weiter auf die Straße: Auf dem Opernplatz - heute heißt er Siegesplatz - wurde Timișoara am 20. Dezember 1989 zur ersten vom Kommunismus befreiten Stadt in Rumänien ausgerufen.
Architektur:Kopenhagen, eine Stadt fürs Leben
Viel Platz im öffentlichen Raum, Vorrang für Radfahrer und eine Skipiste auf der Müllverbrennungsanlage: Die neue Welthauptstadt der Architektur will Lust auf die urbane Zukunft machen. Ein Besuch.
Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Drei große Plätze prägen die Altstadt: Der lang gestreckte Siegesplatz mit der Oper an der einen und der rumänisch-orthodoxen Kathedrale an der anderen Schmalseite, der Unionsplatz mit dem römisch-katholischen Dom, barocken Palästen und einer geometrisch angelegten Grünanlage in der Mitte und der Freiheitsplatz mit seinem kreisrunden Pflastersteinmuster, auf dem die Revolution begann.
Am Rand der Altstadt fließt der Bega-Kanal, man kann ihn entweder per Wasserbus erkunden oder entlang des Ufers auf Radwegen. Jenseits des Kanals erstreckt sich die sogenannte Fabrikstadt, in der sich im 18. Jahrhundert zunächst die Handwerker niederließen, später die ersten Fabriken gegründet wurden. Viele bröckelnde Häuser sind dort in den vergangenen Jahren restauriert worden. Die historische Vorstadt steht auch im Zentrum eines multimedialen Theaterprojekts des Deutschen Staatstheaters Temeswar. Das Stück wird über eine App vermittelt, die in Zusammenarbeit mit dem Polytechnikum der Stadt entwickelt wurde.
Europäische Kulturhauptstadt:Mythos Elefsina
Elefsina war einer der heiligsten Orte der alten Griechen. Dann luden die Athener dort all das ab, was sie nicht mehr sehen wollten. Wie sieht die Stadt heute aus?
Das Kulturhauptstadtprogramm "Lass dein Licht leuchten - Erhelle deine Stadt", so lautet das Motto des Kulturhauptstadtjahrs, sehr passend für eine Stadt, die als erste in Europa die elektrische Straßenbeleuchtung einführte. Hunderte Veranstaltungen sind geplant, viele unter freiem Himmel oder an ungewöhnlichen Orten, etwa in ehemaligen Fabrikgebäuden, in einem Flughafen oder auf einem Schiff. Dem Bildhauer Constantin Brâncuși und dem surrealistischen Maler Victor Brauner sind Ausstellungen gewidmet, das Projekt "Wege der Revolution" erinnert an den Aufstand von 1989. (timisoara2023.eu)
Veszprém
Nicht nur eine Stadt, sondern eine ganze Region setzt sich in Ungarn ein Jahr lang kulturell in Szene: Veszprém im Westen des Landes bewarb sich gemeinsam mit der Balaton-Region mit Erfolg um den Kulturhauptstadt-Titel. Nur rund zehn Kilometer sind es von der 60 000-Einwohner-Stadt bis zum Nordufer des Plattensees. Der größte Binnensee in Mitteleuropa ist ein typisches Sommerferienziel zum Sonnenbaden und Planschen, jetzt will man einem internationalen Publikum zeigen, dass die Region mehr zu bieten hat, mit einem Programm, das geprägt sein soll von Weltoffenheit und europäischem Geist - wie das gelingt im Ungarn des Ministerpräsidenten Viktor Orbán, dürfte durchaus interessant zu beobachten sein.
Vor allem das hügelige Nordufer des Sees ist landschaftlich attraktiv, Weißwein und Sekt werden hier produziert. Der Nationalpark Balaton-Oberland schützt noch unverbaute Uferabschnitte, die Sumpfgebiete des Klein-Balaton und die Felskegel erloschener Vulkane.
Auch Veszprém liegt auf mehreren Hügeln. Die Stadt gehört zu den ältesten Orten des Landes, um das Jahr 1000 soll Gisela, ungarische Königin mit bayerischen Wurzeln, die Domkirche gestiftet haben. Ihr Mann, König und Reichsgründer Stephan I., hatte, oft gewaltsam, die Christianisierung in Ungarn vorangetrieben.
Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Über der Altstadt erhebt sich der Burgberg, ein 50 Meter hoher und 500 Meter langer Fels, der zum Teil senkrecht abbricht. Entsprechend gut ist die Aussicht über Stadt und Land. Oben findet man keine typische Burg, sondern rund um den Dom und den Bischofspalast ein kleines Stadtviertel, zugänglich nur über ein einziges Tor. Noch höher hinauf kommt man über die Wendeltreppe im Inneren des ehemaligen Feuerturms, früher der Wachturm der Burg und eines der Wahrzeichen der Stadt. Schön spazieren kann man am Fuß des Burgbergs entlang des Flüsschens Séd.
Das Kulturhauptstadtprogramm "Kultur schafft Region" heißt das Motto des Programms, das unter anderem über die App "VEB 2023" abrufbar ist. Vom 1. bis 7. Mai finden die Gisela-Tage statt, ein Kunst- und Kulturfest. Geplant sind außerdem unter anderem ein Tanz-, ein Film-, ein Operetten- und ein Straßenmusikfestival. Nicht nur in der Stadt, sondern auch im Umland sind viele Veranstaltungen geplant, mit dem Ziel, neue, auch ungewöhnliche, Veranstaltungsorte über das Kulturhauptstadtjahr hinaus zu etablieren, beispielsweise das Gelände eines ehemaligen Braunkohlekraftwerks. (veszprembalaton2023.hu/de)