Kürzelwahn in Singapur:"Denk an 5DCW!"

Damit selbst beim Reden keine Zeit verschwendet wird, sprechen die emsigen Singapurer vorzugsweise in Abkürzungen. Eine Übersetzungshilfe.

"ZZ" oder so ähnlich müsste eigentlich das Motto von Singapur heißen, für "Zack-Zack", denn das Powerhaus Südostasiens mit der Vorzeigewirtschaft hat Effizienz zur Staatsräson erhoben wie kaum ein anderes Land. In einer Region, in der Pünktlichkeit und Schnelligkeit allenfalls als ferne deutsche Tugend gelten, ist Singapur - oder kurz S'pore - "quite different" - sehr anders, wie Premierminister Lee Hsien Loong immer stolz hervorhebt. Alles soll wie am Schnürchen laufen, und damit selbst beim Reden keine Zeit verschwendet wird, reden die Singapurer vorzugsweise in Abkürzungen.

"Nimm die MRT bis YCK oder den CTE, aber denk an 5DCW." So knackig lässt sich sagen, was bei Unkundigen mindestens doppelt so lange dauert: "Nimm die U-Bahn bis zur Haltestelle Yio Chu Kang oder den Central Expressway, aber denk daran, dass Banken nur noch an fünf Tagen Schecks einlösen."

Wer auf dem Flughafen Changi ankommt und mit dem Auto weiter will, muss tunlichst wählen: zwischen TPE, PIE und ECP, den großen Einfallstraßen in die Stadt. "Tampine Expressway", "Pan Island Expressway" und "East Coast Parkway" verbergen sich dahinter. Die vollen Namen sind selbst den Singapurern oft nicht bekannt.

Im Stadtzentrum lernt der Autofahrer sofort, das ERP zu fürchten. Über die harmlosen drei Buchstaben lässt sich auch schneller fluchen als über das eher sperrige "electronic road pricing" (elektronische Straßengebühren). Automatisch registriert ein kleiner Automat in jedem Auto, wenn der Wagen durch die elektronische Schranke in die Innenstadt fährt und bucht von einer tunlichst vorher aufgeladenen Geldkarte Gebühren ab. Auch Taxi-Passagiere müssen dafür blechen.

"Denk an 5DCW!"

Deshalb ist die MRT die bessere Option: "Mass Rapid Transport" heißt die U-Bahn hier, und die ist "bb" - billig und blitzsauber.

bb wären APTs eigentlich auch - "Automatic Public Toilets" oder Automatische Toilettenhäuschen. Im sauberkeitsbesessenen Singapur, das sogar eigens einen Toilettenverband hat, werden APTs zwar heiß diskutiert, aber nicht installiert. Es gebe genug Toiletten, beschied die Präsidentin des Verbandes, Tan Puay Hoon, die Nutzer müssten nur dazu gebracht werden, "richtige Toiletten-Etikette zu praktizieren".

Gelauscht wird immer ganz besonders, wenn der MM das Wort ergreift. Mentor (oder Vordenker)-Minister ist der Titel von Staatsgründer Lee Kuan Yew, der mit 83 Jahren zwar offiziell nicht mehr im Rampenlicht steht, aber als graue Eminenz das Zepter noch immer fest in der Hand hält. Sein Sohn, Premierminister Lee, hat ein besonderes Faible für die Jugend - von P65 spricht er etwa, und meint damit die jungen Leute die nach (post) 1965 geboren sind.

Die 5DCW wird Kunden in den Citibank-Filialen auch unter Verweis auf deusche Praxis nahe gebracht. "5 Day Clearing Week" - Fünf-Tage- Verrechnungs-Woche - steckt dahinter und heißt schlicht, dass Schecks nur noch von Montag bis Freitag eingereicht werden können.

Im Holland V (englisch ausgesprochen: Holland Wie) lebt, wer als Ausländer "in" sein möche. Das V - für Village (Dorf) - ist ein Stadtteil, der mit Cafés und kleinen Läden am Straßenrand europäisches Ambiente bieten soll. Die meisten Einwohner sind hier EPs - Employment Pass-Besitzer, also Ausländer, die hier eine Arbeitserlaubnis brauchen.

Das MOM - "Ministry of Manpower" oder Arbeitsministerium, das diese Pässe ausstellt, ist übrigens der Traum aller Behördengänger: ein ausgeklügeltes System mit Nummern, die eingangs gezogen werden, sorgt für minutenschnelle Abfertigung. ZZ eben, zack-zack.

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