Kuba:Restaurant-Blick auf Guantánamo

Touristen kommen in Scharen auf eine Anhöhe im Osten Kubas, um einen Blick auf das Gefangenenlager Guantánamo zu werfen. Sie finden es "crazy" oder erschreckend. Es herrscht ein Grenztourismus wie einst an der Berliner Mauer.

In dem militärischen Sperrgebiet im Osten der Insel gedeihen zwar nur Gestrüpp, Agaven und Kakteen. Umgeben von 28 Kilometer Stacheldraht und 44 Wachtürmen, hat sich hier seit 1903 vertraglich abgesichert der "Klassenfeind" USA breit gemacht.

Blick auf Guantanamo; dpa

Mit dem Taxi zu dem Punkt, von dem aus man Guantánamo sehen kann.

(Foto: Foto: dpa)

Der Taxifahrer, der ebenso wie seine ausländischen Gäste eine Genehmigung der Militärbehörde braucht, tritt hart auf die Bremse.

Kubanische Soldaten in Kampfmontur springen gerade aus dem Gebüsch, stutzen, grüßen und verschwinden im Gestrüpp. Später staunen die Fahrgäste über ein Übungsgelände mit Schießstand und exerzierenden Soldaten. Dann ist die Anhöhe "Mirador de Malones" erreicht.

Das dort ganz hinten

Von dem Freiluft-Restaurant aus ist gut die Grenze zu erkennen. Auf dem Stützpunkt selbst fallen einige Gebäude ins Auge. Wer das Lager mit den Taliban-Gefangenen ohne Sehhilfe entdecken will, muss dagegen scharfe Augen oder Fantasie haben.

Das Personal der Gaststätte, die zur staatlich-militärischen "Gaviota"-Kette gehört, hilft bei der Fernrohreinstellung. "Da ganz hinten die Gebäude, die gehören zum Gefängnis", sagt Mitarbeiter Frank Bosch Gainza.

Touristen besuchen Guantánamo meist als Teil einer Busrundreise oder eines Besuchs von Santiago de Cuba. Besonders US-Touristen finden es "crazy", dass sie vom Fidel Castro-Land aus mit einem Fernrohr "made in USA" ihre Landsleute in Uniform beobachten können.

Restaurant-Blick auf Guantánamo

Für manchen bleibt nach der "Mirador"-Visite allerdings auch ein bitterer Beigeschmack. "Ich knabbere am dicken Hühnerschenkel im Restaurant, und da unten leiden Gefangene, von denen etliche vielleicht unschuldig sind", sagt zum Beispiel eine Französin.

Kubaner dürfen nicht

Für Reiseveranstalter und ihre Partner in Kuba ist das alles Business: "Wir verdienen damit Geld, das wir für unser Land dringend brauchen", sagt Gustavo Prieto Valier, Vize-Chef des "Hotel Guantánamo".

Das liegt am Rande der gleichnamigen Stadt, die 40 Kilometer vom Sperrgebiet entfernt ist. Vom Hotel werden rasch die Taxis und Sperrgebiet-Genehmigungen für Einzelreisende beschafft. Wer gut handelt, ist mit 35 US-Dollar (knapp 29 Euro) dabei. Etwa 5000 Ausländer kommen im Jahr, schätzt das Personal im "Mirador de Malones". Kubaner erhalten keine Erlaubnis für diesen Ausflug.

Das US-Gelände ist kleiner als die Stadt Bonn. Pro Jahr zahlen die USA dafür 4085 Dollar Pacht. "Aus elementarer Würde" löst Kubas Regierung die Schecks seit der Revolution 1959 aber nicht mehr ein.

Daran allerdings denkt kaum jemand, wenn er bei Guantánamo die sanfte Brise, den Blick auf das Meer und die unter blauem Himmel schwebende Raubvögel genießt - und dazu ein Rum-Mixgetränk namens Cuba libre.

Informationen: Kubanisches Fremdenverkehrsamt, Kaiserstraße 8, 60311 Frankfurt (Tel.: 069/28 83 22, Internet: www.cubainfo.de).

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