Kroatien und seine Inseln:Abgelegen, steinig oder sozialistisch

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Kroatien hat für jeden Geschmack einen besonderen Flecken zu bieten. 1200 Inseln reihen sich vor der 1800 Kilometer langen Küste. Bewohnt sind davon nur etwa 70, darunter die für Urlauber interessantesten.

Ein Überblick von Marc Hoch

Pelješac - Die Abgelegene

Der Weg ans Licht führt durch die Dunkelheit. Er ist 400 Meter lang und sehr eng, aber Fanni ist ja vorausgefahren, und was kann da schon passieren? Fanni Skaramuca: Was für ein Name! In Pelješac kennt den jeder, und auch in interessierten Kreisen bekommen die Leute einen Kennerblick bei diesem lautmalerischen Viersilber, der in sich selbst schon die phonetische Verheißung auf Genuss enthält: Ska-ra-mut-scha. In schnellem Tempo fährt die Frau durch den Tunnel, den die Kroaten in den Siebzigerjahren in den Stein gehauen haben, um ihre Weinberge auf der dem Meer zugewandten Seite zu bestellen. Dann geht es in gefährlichen Spitzkehren nach oben, und nun steht sie 300 Meter hoch über dem Meer, macht eine ausholende Bewegung und sagt filmreif: "Das alles gehört uns!"

Skaramuca: 25 Hektar bewirtschaftet die Familie an der berühmtesten Steillage Kroatiens. Weinstöcke, so weit das Auge reicht, ein Farbmeer in grün-weiß-blau-braun, und ganz vorne am Wasser, als hätte sie ein Künstler hingemalt, steht eine einsame Villa. Der Wein, den Fanni hier mit ihrem Mann keltert, ist Kroatiens bekanntester Rotwein: Dingac, benannt nach der Region, die im Herzen Pelješacs liegt.

Dingac ist nicht irgendein billiger Fusel; die Zeiten, in denen kroatische Erzeugnisse ganz unten im Supermarkt standen, sind vorbei. Die Preise zwischen 15 und 30 Euro zeigen an, dass die Winzer hier große Ansprüche haben. Plavac Mali heißt die Traube, die an den Steinhängen wächst, was übersetzt soviel bedeutet wie "kleines Blau" - eine glatte Untertreibung angesichts der purpurrot-violetten Farbe und des kräftigen Geschmacks, der an die weitaus bekannteren Zinfandel-Weine aus Kalifornien erinnert.

Doch so unbekannt wie die kroatische Traube ist die ganze Halbinsel Pelješac im äußersten Süden Kroatiens. Ihre Lage ist der Grund, warum nur wenige Touristen den Weg hierher finden. Denn Pelješac liegt so ungünstig, dass man schon ein fanatischer Kroatienfan sein muss, um die Halbinsel zu besuchen. Wer über Dubrovnik anreist, braucht zwei bis drei Stunden mit dem Bus; die Nordroute ist noch länger, denn hier gilt es, die neue EU-Außengrenze, die bosnische Enklave Neum, zu passieren. Vor Jahren wollte die Regierung mit einer Brücke die quälende Prozedur abkürzen. Die Pläne waren fertig, die Brückenpfeiler schon errichtet, doch dann stoppte Zagreb das Projekt, und so liegt Pelješac weiter im langen touristischen Schatten von Dubrovnik.

Dabei gibt es an der mit Schönheiten nun wahrlich reichen Küste kaum eine Region, die so beeindruckend ist wie diese Kulturlandschaft. Durch grüne Täler fährt man hindurch auf dem Weg nach Orebic, dem einzig größeren Ort mit Hotellerie und Restaurants. Orebic kann ein gutes Basislager für Erkundungen der Region sein. Für Besichtigungen der Weingüter des 90-jährigen Miljenko Grgic etwa, der erst in den USA zu einer Legende wurde, ehe er sich auch hier Anfang der Neunzigerjahre engagierte. Oder für einen Ausflug zum schön gelegenen Weingut Korta Katarina, das ein reicher Texaner vor Jahren ins Leben rief und das einen hervorragenden (allerdings sehr teuren) Plavac Mali produziert. Aber auch die südlichen Inseln können von Orebic aus leicht erreicht werden oder der weiter östlich gelegene Ort Ston, in dem seit fast hundert Jahren Austern gezüchtet werden.

Pelješac bietet viel. Was es aber von anderen Regionen unterscheidet, ist die Ruhe. Ernst Jünger, der 1932 hier einen Sommer verbrachte, sprach von einem "vergessenen Gestade des Mittelalters". Was angesichts der Abgeschiedenheit nicht einmal übertrieben ist.

Wer Sonne braucht, ist in der steinernen Wüste von Pag am besten aufgehoben. Die Insel in Mitteldalmatien, die bequem über eine Brücke zu erreichen ist, wirkt von Weitem wie eine menschenleere Mondlandschaft - nirgends grün, kein Schatten, nur Sonne, Hitze und das blitzblaue Wasser.

Auch der Hauptort Pag ist Glut. In den engen Gassen suchen die Touristen nichts anderes als die Schatten, die sich die Häuser selber spenden. Wer dieser Hitzehölle entfliehen will, muss ins Inselinnere fahren, zu Boris Boškinac. Er hat weitab von der Zivilisation ein kleines Hotel eröffnet, dessen Terrasse einen wunderbaren Blick über die Hügel bietet. Pag hat hier einen Hauch von Toskana, aber man muss gar nicht diesen großen Namen anrufen, denn Boškinac (gesprochen Boschkinaz) ist längst selber eine Marke. Seit einigen Jahren macht der Hotelinhaber einen ganz ausgezeichneten Rotwein; einen tief dunklen, alkoholreichen Cuvée, von dem er in seiner Hotelbar große Magnum-Flaschen aufbewahrt. Nirgends schmeckt der besser als in der Abgeschiedenheit seines Hotels, und nirgends ist es auf Pag schöner als hier.

Novalja aber, der im Norden gelegene zweite Ort der Insel, sollte unbedingt gemieden werden: Denn hier trifft sich jedes Wochenende die Klubszene. Empfehlung: unbedingt den Schafskäse Paški sir probieren.

Eine Insel für Tito allein, ein Refugium, auf das sich der jugoslawische Staatschef bis zu seinem Tod 1980 mit den Staatsgästen zurückzog, das aber für die Bevölkerung jahrzehntelang tabu war. Brijuni umweht der Hauch der Geschichte und des Exklusiven. Nur wer eine Führung bucht oder im legendären Hotel Neptun übernachtet, darf die winzige Insel vor der Küste Istriens betreten.

Brijuni ist keine klassische Insel mit Stränden und Restaurants, Brijuni ist ein riesiger Zoo und botanischer Garten. Gleich hinter dem Neptun beginnen die Lorbeer- und Eichenwälder, in denen Hirsche, Pfauen, Feldhasen und Rehe frei leben. Weiter nördlich folgt der Safaripark, den Tito anlegen ließ und für den er von seinen Staatsgästen exotische Geschenke (auch Elefanten!) bekam. Brijuni ist ein künstlich geschaffenes Idyll, und wenn abends die Tagestouristen verschwinden, wird die Ruhe - für den Großstädter beinahe beklemmend - fühlbar.

Auch das Neptun ist ein Idyll, aber ein sozialistisches. Die langen Flure haben den Charme eines Sanatoriums, im Bad hängen die Spülkästen unter der Decke, und die Ober im dunkel-furnierten Restaurant stecken in Anzügen, die aus der Tito-Zeit zu stammen scheinen. Und dennoch: Übernachtungspreis in der Hauptsaison: 112 Euro, pro Person. Deshalb die Empfehlung: Nur eine Tagestour buchen!

Wenn die Jadrolinija-Fähre mit ihren zitronengelben Plastikstühlen auf dem grün gestrichenen Aussichtsdeck von Split nach Hvar ablegt, Delfine aus dem Wasser springen und der Himmel sich weit und blau ausstreckt, kann man verstehen, warum Hvar als "Perle der Adria" beworben wird. Dem Eiland werden seit jeher viele Superlative angedichtet: Insel der schönsten Landschaften, Insel der Reichen, Insel mit den meisten Sonnenstunden. Doch auch im Stimmungsrausch der Überfahrt gilt es nüchtern zu bleiben, denn Hvar hat dieselbe unglückliche Entwicklung eingeschlagen wie Dubrovnik.

Im Sommer schieben sich Tausende Touristen durch das Städtchen, legen Luxus-Jachten im Hafen an, explodieren die Preise in den Boutique-Hotels. Und natürlich die Klubs! Allen voran das Carpe Diem, dem in ganz Kroatien ein Donnerruf nachhallt. Ja, Hvar ist berühmt und Hvar ist schön. Vor der Insel lagern wie hingetupft die Pakleni Otoci (Teufelsinselchen) mit schönen Stränden. Aber nie ist man allein, und das Geld fließt nur so aus dem Portemonnaie.

Es ist nicht nötig, nach Hvar zu gehen, um zu sehen, wie schön Kroatien sein kann. Wer doch geht, sollte das kleine Theater aus dem 17. Jahrhundert besichtigen (wird seit Langem renoviert) und eine Weinprobe im römischen Keller des Winzers Andro Tomic machen.

Krk ist seines unaussprechlichen Namens zum Trotz die beliebteste Insel der Deutschen: 64 Prozent aller Kroatien-Urlauber aus Deutschland fahren entweder nach Istrien oder auf die große Insel im Norden. Das führt dann dazu, dass insbesondere in der Bucht von Baška im Sommer der Kampf um die Sonnenschirme entbrennt. Baška bietet mehr als dreißig Kieselstrände mit Campingplätzen und Hotelanlagen, und mit ein wenig Übertreibung kann man deshalb Krk als Lloret de Mar Kroatiens bezeichnen - nur auf der Insel Brac dürfte im August noch mehr los sein.

Die Attraktivität bei den Landsleuten hat vor allem einen Grund: Krk ist leicht zu erreichen. Auf einer mächtigen Bogenbrücke geht es bequem vom Festland auf das Eiland, wo die Straßen nach Krk-Stadt, Baška und Punat zwar kurvig, aber modern sind (das ist auf Hvar ganz anders). Das Preisniveau entspricht am ehesten der Erwartung nach jugoslawischen Sonderangeboten. Doch Vorsicht! Landschaftlich kann Krk nicht viel bieten; die Insel ist grün, flach und wenig beeindruckend. Auch der Hafen des Hauptorts Krk ist im Vergleich zum Glanz des Hafens von Hvar langweilig, die Restaurants sind rustikal-bodenständig.

Empfehlung: Besser auf die Nachbarinsel Rab fahren, dessen Hauptort Rab mit seinen vier Glockentürmen spektakulär auf einem Fels am Meer gebaut ist.

Südlicher geht es nicht: Wer nach Mljet reist, muss die gesamte kroatische Küste bis fast nach Dubrovnik runter. Es gehört schon viel Entdeckerfreude dazu, um das Eiland zu besuchen, das keine Urlaubsinsel im klassischen Sinne ist. Mljet ist die grünste Insel Kroatiens, waldüberwuchert und pflanzenbeherrscht, ein Landschaftstraum mit Kiefern, Oliven und Pinienbäumen, ein Farbrausch in Grün und Blau. Nicht einmal 1200 Einwohner leben hier, das heißt, es gibt keine nennenswerten Ortschaften oder Supermärkte, selbst Hotels und Restaurant sind Mangelware.

Paddeltour und Plitvicer Seen
:Durchs wilde Kroatien

Einst paddelten hier Winnetou und Old Shatterhand, nun dürfen die Urlauber selbst das Ruder übernehmen - im idyllischen Binnenland Kroatiens.

Eine Bilderreise von Susanne Popp

Die meisten Touristen sind Tagesauflügler, die von der Halbinsel Pelješac kommen oder einen Trip von Dubrovnik aus gebucht haben. Daneben gibt es Camper - wahrscheinlich die beste Form, hier ein paar Tage zu überdauern. Die wichtigste Attraktion ist der Nationalpark im Nordwesten mit zwei Salzseen, die mit dem Meer verbunden sind. Wer je im Sommer die Jahrmarktsatmosphäre bei den Plitvicer Seen oder den Krka-Wasserfällen erlebt hat, wird die Ruhe hier genießen. Ein Bad in dem salzhaltigen Wasser soll der Gesundheit gut tun.

Empfehlung: Mit dem Wassertaxi auf dem Veliko Jezero (Großer See) übersetzen zu den Resten eines Benediktiner-Klosters und beim Kiosk ein Bier trinken. Warnung: Abends wird es sehr sehr einsam.

Der Grundriss von Korcula-Stadt sieht aus wie das Skelett eines abgegessenen Fisches - mit einer Hauptachse von Nord nach Süd und einem symmetrisch in ostwestlicher Richtung angelegten Gassensystem. In der frühen Neuzeit, als die Stadt erbaut wurde, entstand so die erste natürliche Klimaanlage Kroatiens: Eine milde Brise streicht vom Meer durch die Gassen und sorgt so für Kühlung. Nicht nur diese Architektur macht Korcula besonders. Ohne Übertreibung kann der Hauptort der Insel mit seinem Kopfsteinpflaster, seinen Bauten im Renaissance-Stil und den Stadttoren als Dubrovnik im Westentaschenformat bezeichnet werden. Und doch ist der Zustrom an Touristen lange nicht so groß.

Korcula hat im Inselinnern eine ähnliche grüne Landschaft wie Mljet, ist aber dichter besiedelt. In der Gegend um den Ort Smokvica ("Feigchen") beherrscht Weinbau die Landschaft. Hier wird einer der besten Weißweine Kroatiens angebaut: der Pošip - alkoholreich, aber mit wenig Säure und einem schönem Bouquet. Korcula bietet viele Hotels, einige Tage lassen sich hier gut verbringen.

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Die großen Reise-Portale haben ihre Tipps für das Jahr 2013 abgegeben und sind sich bei vielen Zielen einig. Unter anderem empfehlen sie zahlreiche Ziele in Asien, Outdoor-Ziele und einige Städte, in denen in diesem Jahr gefeiert wird.

Von Carolin Gasteiger

Allerdings sollte man sich nicht auf die Spuren von Marco Polo machen. Denn dass der berühmte Seefahrer hier geboren wurde, wie auf der Insel behauptet wird, ist eine Legende. Das Geld für die Besichtigung seines "Geburtshauses" kann man sich sparen.

© SZ vom 20.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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